Adelshochzeit 2
reizendes Lächeln und bemerkte, wie sehr sie sich freue, ihn dann bei Lady Gerrard zu sehen.
Als er sich kurze Zeit später verabschiedet hatte, rief Mrs. Beaumont entzückt: „Denk nur! Fiona Gerrards Soiree! Augusta Bond mag ja eine seltsame Alte sein, aber bedeutende Freunde hat sie, scheint’s.“
„Vor ein paar Tagen hast du sie noch nach Bath zurückgewünscht“, meinte Emily.
„Ja, und meinetwegen hätte die alte Kratzbürste sich unterwegs den Hals brechen können. Aber nun hoffe ich, dass die liebe Mrs. Bond noch recht lange in London bleibt. Wer weiß, vielleicht dürfen wir dann noch öfter Lady Gerrards Gastfreundschaft genießen? Es könnte für dich recht glücklich ausgehen.“
„Was erhoffst du dir denn für mich?“
„Das weiß du recht gut, junge Dame. Auf Lady Gerrards Gästeliste stehen stets diverse heiratswillige Gentlemen. Möglicherweise wirft einer ein Auge auf dich.“
„Und was ist mit Stephen?“, fragte Emily trocken. „Soll ich ihn nun nicht mehr ermutigen?“
„Um Himmels willen!“ Mrs. Beaumont keuchte entsetzt auf. „Ein netter Herr in Reserve kann nicht schaden. Spätestens im Herbst musst du vergeben sein! Du kannst nicht noch ein Jahr … ah, da kommt endlich dein Vater.“ Sie eilte in die Halle, um ihm die Neuigkeit mitzuteilen, doch ihr Gatte nickte nur abwesend und wollte an ihr vorbei in sein Arbeitszimmer.
„Also, wirklich! Du könntest angesichts dieser glänzenden Chance für deine Tochter ein wenig mehr Enthusiasmus zeigen. Deine einzige Tochter, die noch dazu ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag betrüblich nahe ist!“
Mr. Beaumont wandte sich seufzend um. „Es tut mir leid, meine Liebe, wenn ich ein wenig abgelenkt bin, aber ich mache mir ernste Gedanken um Tarquin. Trotz aller Mühe habe ich nichts herausbekommen, niemand hat ihn in letzter Zeit gesehen.“
Emily, die ihrer Mutter in die Diele gefolgt war, hörte die Worte, sah die tiefen Linien, die die Sorge dem Gesicht ihres Vaters eingeprägt hatten, und begann vor Zorn über Tarquin zu kochen.
Beinahe hätte sie alles, was sie wusste, ausgeplaudert; doch dann dachte sie daran, dass es ihm nur noch mehr Kummer bereiten musste und ihre Mutter vor Angst vergehen würde.
„Er wird schon noch auftauchen, Papa“, sagte sie deshalb beruhigend. „Ich weiß, dass auch Mark Hunter sich nach ihm umschaut.“
„Unser Ältester ist doch der egoistischste Mensch auf Erden!“, platzte es unversehens aus Mrs. Beaumont heraus. „Immer dreht sich alles nur um ihn … allein um ihn! Doch ich werde es nicht zulassen, dass seine ewigen Scherereien uns den Abend bei Lady Gerrard verderben. Wir werden gehen, und wir werden uns vergnügen!“ Kriegerisch schaute sie zwischen Ehegespons und Tochter hin und her. „Ich verbiete euch, Tarquin in den nächsten Tagen überhaupt zu erwähnen!“
Schon eine ganze Weile hatte Viscount Devlin in seiner feschen Kutsche gewartet. Endlich sah er den Mann kommen, stieg aus und warf sich den Fahrmantel mit den vielen Schulterkragen über. Mit angewiderter Miene suchte er sich einen Weg zwischen Schmutz und Abfällen, mit denen die Gasse übersät war, und steuerte eine Kaschemme an, aus deren Tür verschwommenes Licht auf das schmierige Pflaster davor fiel. Raues Gegröle schlug ihm entgegen.
„Riley!“
Riley wirbelte herum und starrte Devlin misstrauisch an. „Abend, Sir“, sagt er und fuhr sich über die Lippen. „Woll’n Se ’n Geschäftchen mit mir machen?“
„Was sonst?“, schnarrte Nicholas.
Riley nickte verstehend, blieb jedoch auf der Hut. Immerhin hatte der feine Pinkel ihn in der Whiting Street gesehen und war vermutlich auf Informationen anstatt Vergnügen aus.
„Hab da ’n neues Mädchen, das könnt Ihn’n gefallen. Jung und frisch, noch unerfahren.“
„Nein, ich will Jenny.
Lauernd musterte Riley ihn. „Heute nich’; sie is krank …“
„Na gut. Aber dann möchte ich ein anderes Geschäft ansprechen. Gehen wir irgendwohin, wo man reden kann.“
Zwar bekam Mickey immer ganz große Ohren, wenn das Wort Geschäft fiel, doch diesen Mann hier fürchtete er und hätte fast lieber mit dem Teufel verhandelt.
Als Nicholas sein Zögern merkte, flüsterte er lockend: „Es hängt ein schönes Stück Geld dran, wenn es läuft, wie ich möchte.“
Mehr brauchte es für Riley nicht. Er wies auf ein rostiges Tor und ging dem Viscount voran in einen Hinterhof und durch eine Brettertür in einen düsteren Raum. Drinnen standen ein paar
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