Adelshochzeit 2
wacklige Möbelstücke, und es roch durchdringend nach Schmutz und Armut. Als er den angeekelten Blick Seiner Lordschaft sah, sagte er: „Besser geht’s nich’ auf die Schnelle, Sir, un’ wenn es nich’ um ’n Unterrock geht … was soll ich denn für Sie tun?“
„Sagen Sie mir, warum Sie Tarquin Beaumonts Schwester treffen wollten.“
Ganz verblüffte Unschuld, fragte Riley: „Wen, Sir?“
„Das wissen Sie genau. Spielen Sie nicht den Dummen.“ Er trat näher an den Zuhälter heran und sah ihm hart in die Augen. „Ich weiß, dass Miss Beaumont nach ihrem Bruder sucht, und wäre ihr gern gefällig. Möglicherweise wäre sie dann im Gegenzug mir sehr gefällig.“
„Ah, ich verstehe …“ Mickey grinste. „Und Sie mein’n, ich könnt’ Ihnen helfen …“
„Ja.“
„Na, Sir, das is’ mal ’ne Idee. Und so was liegt mir auch. Aber es is’ ’n bisschen riskant, wenn’s um ’ne feine Lady geht. Dürfen die Familie nich’ außer Acht lassen.“
Mit einem Griff zog Devlin eine pralle Börse aus der Innentasche seines Mantels und fischte eine Goldmünze heraus, die er Riley unter die Nase hielt, während er die Börse schüttelte, dass es nur so darin klingelte. Als er Mickeys gierigen Blick sah, grinste er schief. „Das Doppelte für Sie, wenn alles nach Wunsch läuft.“
„Bin der Richtige dafür, Sir“, beteuerte Riley unterwürfig.
„Hab auch schon ’n Plan. Wenn die Lady hört, dass ihr Bruder irgendwo todkrank im Bett liegt, kommt se bestimmt sofort mit mir mit.“
„Das denke ich auch“, sagte Devlin seidenweich. „Ich sehe, wir verstehen uns. Haben Sie Miss Beaumont gesagt, wo ihr Bruder steckt?“
Mickey lachte verächtlich. „Hab keine Ahnung, wo das Früchtchen is, aber ich hab ihr gesagt, dass ich ihm auf der Spur bin.“ Auf Devlins fragenden Blick erklärte er: „Hab selbst Geschäfte mit ihm, aber nix, was unsere Abmachung stört.“
„Sehr gut“, sagte Devlin und fuhr mit verhaltener Drohung fort: „Wir haben nie miteinander gesprochen, klar?“
„Ha, Sir, ’n respektabler Herr wie Sie und mit ei’m wie mir reden? Glaubt doch keiner!“ Er lachte rau. „Wie kann ich Sie erreichen, Sir?“
„Überhaupt nicht. Und wagen Sie es niemals! In ein paar Tagen komme ich wieder hierher.“ Mit gerümpfter Nase wandte Devlin sich zur Tür, dann zögerte er. „Dieses neue Mädchen … jung und frisch, sagten Sie?“
„Ja, Sir. Soll ich se holen?“
„Trottel! Doch nicht hierher! Sie soll raus zu meinem Wagen kommen!“ Angewidert schritt Devlin davon.
8. KAPITEL
Hastig trat Mark Hunter tiefer in den Mauerschatten, als er den in einen schwarzen Mantel gehüllten Mann erkannte, der über das holprige Pflaster zu seiner Kutsche stakste und hineinsprang, ohne zu merken, dass er gesehen wurde.
Dass Nicholas Devlin sich in solch einer Umgebung herumtrieb, überraschte Mark Hunter nicht, denn er hatte ihn früher schon in Londons finsteren Gassen mit Huren verhandeln sehen. Doch heute kam ihm der Gedanke, dass Devlin vielleicht aus anderen Gründen hier war, nämlich um ein paar Fragen zu stellen. Suchte er womöglich deshalb nach Riley?
Doch warum sollte ausgerechnet Devlin sich für Tarquins Aufenthaltsort interessieren? Sehr wahrscheinlich war es nur Lüsternheit, die ihn in diese Gegend geführt hatte.
Eben wollte Mark sich aus dem Dunkel lösen, als er leise Schritte hörte. Eine junge Frau trat aus dem Hinterhof und ging an ihm vorbei, sprach ihn jedoch nicht an, sondern zog sich nur den Schal enger um, der halb ihre blonden Locken verdeckte.
Neugierig sah Mark ihr nach, denn ihr Aussehen erstaunte ihn. Sie war beileibe keine von den verlebten, stumpfäugigen Schlampen, die sonst hier zu finden waren. Aber vielleicht hatte sie nur ihren jugendlichen Optimismus noch nicht verloren, denn sie mochte gerade einmal sechzehn sein. An Devlins Kutsche blieb sie stehen, schlug mit der Faust gegen den Schlag und wurde von einer groben Hand ins Wageninnere gezogen, dann wurde die Tür wieder geschlossen. Mark wartete, dass das Gefährt abfuhr, doch die Pferde blieben stehen.
Nach einer kurzen Zeit jedoch schien im Innern etwas vorzugehen, denn die Wagenlampen begannen rhythmisch an ihren Haken zu schwanken.
Angewidert wandte Mark sich ab. Offensichtlich hielt Devlin es nicht einmal für nötig, die Dirne an einen diskreteren Ort zu bringen, um seinen Lüsten zu frönen. Nun, natürlich rechnete er nicht damit, dass jemand seines Standes ihn dabei ertappen
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