Adelshochzeit 2
kaum verbergen, war aber zu höflich, um zu widersprechen, obwohl ihn gerade zum zweiten Mal an diesem Abend eine Dame gegen seinen Willen zu ihrem Kavalier erkor. Nur ungern ließ er sich von ihr zur Tür steuern – diese Sache kam ihm sowieso seltsam vor, vor allem, da Mrs. Emerson unmittelbar vor der halb offenen Tür ganz grundlos in schrilles Lachen ausbrach.
Barbara allerdings machte diesen Lärm mit Bedacht. Sie wollte ihren treulosen Liebsten auf ihre Anwesenheit hinweisen und gleichzeitig vermeiden, dass jemand außer ihr merkte, wie er einer anderen seine glühende Aufmerksamkeit schenkte. Besonders nicht dieser Bursche hier! Falls Mr. Bond zu Eifersucht neigte, mochte es sonst nämlich zu einem Aufruhr kommen, und dann würde ihre Demütigung allgemein bekannt werden.
Ihre schrillen Töne hatten den gewünschten Effekt. Einen Fluch verschluckend löste Mark sich sanft von Emily, legte ihre Hand sehr förmlich auf seinen Unterarm und führte sie zurück zum Haus. Ehe sie völlig in den Lichtkreis traten, überschritten Stephen und Barbara die Schwelle.
„Emily, da bist du ja! Geht es dir nicht gut?“, fragte Stephen besorgt und eilte ohne Rücksicht auf seine Begleiterin auf seine Angebetete zu.
„Ich … mir war so schrecklich heiß“, erklärte Emily mit schwacher Stimme, „aber es ist schon etwas besser.“
„Wie gut“, sagte Barbara mit honigtriefender Stimme. „Benötigen Sie Riechsalz? Darf ich Ihnen mein Fläschchen borgen?“
Abwehrend schüttelte Emily den Kopf und murmelte ein Dankeschön.
„Wenn Sie erhitzt sind, sollten Sie besser hineingehen, Miss Beaumont, sonst erkälten Sie sich noch“, riet Mrs. Emerson maliziös.
Emily, die sich an Stephens Seite begab, wich Marks Blicken bewusst aus. Sie war ihm mit dem festen Vorsatz ins Freie gefolgt, nicht wieder seinen raffinierten Annäherungsversuchen zu erliegen. Trotzdem war es ihm ein Leichtes gewesen, ihre Prinzipien und ihre Hemmungen zu untergraben.
Vorhin noch hatte sie Tarquin getadelt, weil er den Ruf der Familie aufs Spiel setzte: Hatte sie nun den Anstand nicht ebenso wenig beachtet? Schließlich war ihr bekannt, dass Mark Hunter gebunden war, sie hatte gewusst, dass seine Geliebte ebenfalls hier zu Gast war; beides hatte sie nicht davon abgehalten, sich von ihm küssen zu lassen.
Und wie fest er gebunden war! Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Mrs. Emerson sich mit vertraulicher Geste im Bewusstsein ihrer Rechte bei Mark einhängte.
„Mr. Hunter, ich schulde Ihnen Dank, dass Sie so gütig waren, mich hinauszubegleiten“, sagte Emily förmlich, doch von Schuldgefühlen zerfressen.
„Es war mir eine angenehme Pflicht, Miss Beaumont“, entgegnete er leichthin, während er Stephen so durchdringend musterte, dass der junge Mann sich ein wenig unbehaglich fühlte und sichtlich aufatmete, als Emily ihn nachdrücklich am Ärmel zupfte, um ihn daran zu erinnern, dass er sie ins Haus führen möge.
Spöttisch lächelnd schaute Mark ihm nach.
„Ah, Miss Beaumont, wo hatten Sie sich versteckt? Ihnen ist ein Ohrenschmaus entgangen.“ Mrs. Bond hob ihr Lorgnon und musterte Emily wissend.
„Sie brauchte frische Luft, Großmama, und Mr. Hunter begleitete sie auf die Terrasse“, erklärte Stephen nach einer kurzen Pause, da er sah, dass Emily wie benommen dastand.
„Aha …“, murmelte Mrs. Bond, während sie scharfäugig das Paar musterte, das eben in den Musiksalon kam. Mrs. Emerson schmiegte sich eng an Mr. Hunters Seite, doch an ihrer Miene las die alte Dame ihre Furcht ab, denn sie wusste, wie eine Frau aussah, die fürchtete, ausgebootet zu werden. Außerdem wirkte der Herr an ihrem Arm sehr abwesend und hatte nur Augen für Miss Beaumont.
„Verzeihung, Mrs. Bond, Sie sagten, das Konzert war bisher ein Genuss?“, plapperte Emily planlos, denn sie spürte Marks Blicke wie feurige Pfeile auf ihrem Rücken.
„Ja …“, sie schenkte Emily ein hintergründiges Lächeln. „Stephen, geh, besorg uns Champagner. Miss Beaumont und ich werden uns nun zu einem Schwätzchen zurückziehen. Ich muss doch den neusten Klatsch erfahren, bevor ich heimfahre.“
„Werden Sie bald nach Bath zurückkehren, Madam?“, fragte Emily, verzweifelt um Höflichkeit bemüht, während sie angestrengt versuchte, nicht an das zu denken, was sie auf der Terrasse mit dem imposanten Gentleman getan hatte, an dem sie eben vorbeigingen.
„Ich weiß es noch nicht“, erwiderte Mrs. Bond. „Vorher möchte ich meinen Enkel gern glücklich
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