Adelshochzeit 2
schaffen würde, das zu ertragen.
„Du bist nicht sicher, dass du das so stoisch hinnehmen könntest wie alles andere?“, schlug er freundlich vor.
Helen nickte und wich seinem Blick aus.
„Wenn ich erkennen sollte, dass ich mich verliebt habe, Helen, wirst du die Erste sein, die es erfährt. Desgleichen, sollte ich mich entschließen zu heiraten.“
„Danke“, flüsterte sie.
„Da du der Ansicht bist, dass ich deiner irgendwann einmal müde sein werde, nehme ich an, du hast für diesen Fall einen Plan?“
Innerlich zuckte Helen unter seinem spöttischen Ton zusammen, äußerlich nickte sie nur. Sie hob das Kinn und sah ihm unverwandt in die Augen. „In dem Fall werde ich dich um eine Abfindung bitten. Ich glaube, das ist nicht ungewöhnlich oder zu habgierig von mir“, erklärte sie ruhig.
„Da wir ohnehin dabei sind, die Dinge ehrlich und offen beim Namen zu nennen – wollen wir diese Angelegenheit gleich besprechen?“
Die Frage klang freundlich, fast sanft, aber Helen glaubte, Belustigung in seinen Augen zu erkennen, und presste die Handflächen zusammen. Sie wandte den Blick ab und sah zu den Bäumen hinüber. „Bei Beendigung unserer Beziehung hätte ich gern die Besitzurkunde von Westlea House und eine Summe, die ich frei investieren kann. Sagen wir, einhundert Pfund pro Jahr und für drei Jahre?“ Sie wandte sich ihm wieder zu und musterte ihn fragend. „Wäre das fair?“
„Wenn du damit zufrieden bist, war ich in der Vergangenheit anscheinend viel zu großzügig.“
„Es reicht. Es ist alles, was ich brauche“, betonte Helen hastig.
Auf einmal wünschte sie, zu Hause zu sein, weit entfernt von Jasons kaum verhohlenem Spott. „Ich muss jetzt wirklich gehen. Charlotte ist schon so lange allein, und sie fühlt sich nicht gut.“
„Du wolltest mir noch die Gründe nennen für deinen Entschluss, mich anzusprechen“, erinnerte Jason sie. „Aber das kann bis morgen warten. Ich soll also die nötigen Schritte veranlassen?“
Helen nickte, ohne ihn anzusehen.
Jason nahm die Zügel auf und fuhr fort: „Sag mir nur, ob du dich mir anbietest, damit ich deine Schwester in Ruhe lasse.“
Helen hielt erschrocken den Atem an.
„Sei ehrlich“, beharrte er. „Glaubst du immer noch, dass ich es auf Charlottes Tugend abgesehen habe?“
Er blickte starr geradeaus, und Helen berührte kurz seinen Arm, damit er sie ansah. „Es tut mir sehr leid, dass ich dieser lächerlichen Geschichte auch nur einen Augenblick Glauben geschenkt habe. Sie hat nicht das Geringste mit meinem Angebot zu tun.“ Er wandte ihr das Gesicht zu und heftete einen so eindringlichen Blick auf sie, dass sie ihren Blick auf die Hände in ihrem Schoß senkte. „Du weißt sicher, dass George mir diesen Gedanken eingegeben hat. Ich möchte gern glauben, dass er es nicht wirklich böse gemeint hat, und nehme an, dass er hoffte, ich würde Charlotte dazu überreden, eine reiche Partie zu machen und Philip zu vergessen.“ Sie seufzte. „In gewisser Hinsicht hat George allerdings recht. Charlotte ist in Gefahr, solange sie nicht verheiratet ist. Sie braucht einen Ehemann, der für sie sorgt und ihren Ruf beschützt. George mag ihr Vormund sein, aber er hat keine Bedenken, alle Welt wissen zu lassen, dass sie nicht mit seinem Schutz rechnen kann.“
„Genauso wenig wie du.“
„Genauso wenig wie ich“, gab sie zu und ließ den Blick über den See schweifen, während Jason die Pferde anspornte und der Phaeton sich langsam in Bewegung setzte.
Jason sah Helen nach, wie sie in der sicheren Zuflucht von Westlea House verschwand. Er musste lächeln, als sie ihm noch einen kurzen Blick zuwarf, bevor sie die Tür hastig hinter sich schloss. Gemächlich brachte er seine Braunen in Bewegung, statt sich jedoch zum Grosvenor Square zu begeben, fuhr er wieder zum Hyde Park. Zum dritten Mal an diesem Nachmittag hielt er an derselben Stelle. Die Stunde nahte, zu der sich die beau monde im Park versammelte, um ihre neueste Garderobe zur Schau zu stellen. Inzwischen hatten sich zahlreiche Spaziergänger und Kutschen eingefunden, aber Jason sah auf die Grünanlagen, ohne sich der Anwesenheit anderer Menschen bewusst zu sein.
Tief in Gedanken versunken, grübelte er über Helen Marlowe nach. Da er selbst erst vor kurzer Zeit beschlossen hatte, sich an sie zu wenden und ihr seinen Schutz anzubieten, wusste er nicht, warum ihr erstaunlicher Vorschlag ihn so sehr verstörte. Selbstverständlich begehrte er sie. Nur ein Hauch ihres Dufts
Weitere Kostenlose Bücher