Adieu, Sir Merivel
Louise zu heiraten.«
Ich erhebe mich und gehe mit unsicheren Schritten zu der Rotweinkaraffe und gieße alles, was noch darin ist, in unsere zwei Gläser. Ich zittere, als ich sage: »Eure Großzügigkeit bewegt mich unendlich, Baron, aber ich kann das Angebot nicht annehmen. Man kann mir weder das Leben noch eine Zukunft kaufen.«
»Ich begreife nicht, wieso nicht.«
Eigentlich möchte ich sagen, weil mir dies schon einmal widerfahren ist , vor langer Zeit,und weil ich mir seitdem geschworen habe, niemals wieder in einer solchen Schuld zu stehen. Und die Tatsache, dass ich erneut vor eine so entsetzliche Wahl gestellt werde, lässt mich fast ohnmächtig werden. Es ist, als würde mein ganzes Leben und alles, was ich durch eigenes Bemühen zwischen jenem ersten Pakt mit dem König und diesem neuen mit dem Baron erreicht habe, vollkommen ausgelöscht.
Ich stürze den Wein hinunter und sage: »Es macht mich zu klein, setzt mich zu sehr herab.«
»Das verstehe ich. Aber Ihr müsst es nicht in dieser Weise betrachten.«
»Wenn Ihr in meiner Lage wärt, würdet Ihr denn annehmen?«
»Das ist eine vernünftige Frage. Ich glaube, es würde davon abhängen, ob ich Louise liebe oder nicht – aber bitte, antwortet nicht darauf. Lasst mich Euch nur daran erinnern, dass Ihr als Louises Gemahl das Château und seine Ländereien erben würdet. Ihr würdet Eure Tage in Wohlstandbeenden. Und unterschätzt das nicht. Wenn Ihr mein Alter erreicht habt, werdet Ihr die Bedeutung großen Reichtums begreifen.«
Wir schweigen beide. Das Ticken der Standuhr ist das einzige Geräusch im Zimmer. Dann wimmert Constanza im Traum.
Ich habe so gut wie gar nicht geschlafen, zumindest meinem Gefühl nach, als ich von einem Dienstboten geweckt werde, der mir mitteilt, ein Capitaine Beck würde mich sprechen wollen.
»Nein!«, rufe ich. »Das Duell ist Freitag!«
»Duell, Monsieur? Was für ein Duell? Möchtet Ihr Euch ankleiden, Monsieur? Oder soll ich ihn hier heraufführen?«
»Ich muss mich ankleiden. Ich kann nicht im Nachthemd in den Tod gehen!«
Der Diener geht. Ich schaffe meinen Körper aus dem Bett, wo er so gerne liegen bliebe. Draußen ist es noch dunkel. Mir ist übel, und mein Mund ist trocken von dem vielen Rotwein, den ich mit dem Baron trank.
Ich wasche mir das Gesicht, bürste meine Perücke und suche nach einem sauberen Hemd.
Als ich, gepeinigt vom Gedanken an den Morgen, der mich erwartet, gerade in meine Kniehosen steigen will, klopft es an meine Tür.
Es ist Beck. Er schließt die Tür leise hinter sich. Verschwunden ist sein Mann-fürchtet-Reptil-Blick; mit höflicher Beflissenheit sagt er: »Ich bedaure, Euch so früh wecken zu müssen, Sir Robert. Doch ich bin beauftragt worden, mit Euch und nur mit Euch über eine schwerwiegende Angelegenheit zu sprechen.«
»Schwerwiegend?«, seufze ich und knöpfe meine Hose so rasch ich kann zu. »Nun, dies ist in der Tat eine ernste Angelegenheit, Beck. Ich gestehe Euch gern, dass ich tatsächlich nicht zu sterben wünsche.«
»Verständlich. Und deshalb wurde ich auch geschickt. Um Euch zu sagen, dass Ihr nicht sterben müsst.«
Ich lasse mich auf das Bett sinken. Ich registriere, dass es draußen hinter meinem Fenster noch dunkel ist. Beck kommt näher und bleibt stehen, eine Hand auf dem Bettpfosten.
»Wollt Ihr damit sagen, das Duell sei abgesagt?«
»Nein. Es ist nicht abgesagt. Doch nicht Ihr seid es, der getötet werden wird; es ist der Oberst.«
»Capitaine«, sage ich, »wollt Ihr Euch nicht setzen? Dann könnt Ihr mich beruhigen, indem Ihr mir erklärt, was Ihr gesagt habt.«
Beck wählt einen mit Gobelin bezogenen Sessel, lässt sich aber nicht zwanglos nach hinten sinken, sondern beugt sich, die Ellbogen auf den Knien, nach vorne. »Können wir in diesem Zimmer gehört werden?«, fragt er.
»Nein, das glaube ich nicht. Die Wände sind aus Stein.«
»Sehr gut. Dann werde ich Euch berichten. Weil der Oberst wusste, dass Ihr zusammen mit seiner Gemahlin im Château wohnt, reiste er her, um ein Duell herauszufordern . Was er will, ist ein Duell. Ein Duell bietet die Möglichkeit zu einem ehrenhaften Tod. Und das ist es, was er sucht.«
Ich starre Beck entgeistert an. Ihm scheint heiß zu sein in seiner Uniform, obwohl es ein kühler Morgen ist, und er beginnt, die Hände zu ringen. Er sieht aus, als könnte er gleich in Tränen ausbrechen.
»Ich kann Euch nicht ganz folgen, Capitaine«, sage ich.
»Lasst mich ganz offen sein«, entgegnet er. »Der
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