Adieu, Sir Merivel
einzelne Person und jedes einzelne Ding darin verbrennen, so wie meine lieben Eltern 1662 verbrannt waren und London selbst vier Jahre später in Flammen aufging. Und die Stimme von Pearce sagte zu mir: »Es stand stets ein drittes Feuer zu erwarten, Merivel. Nur warst du zu blind, es kommen zu sehen.«
Immer wenn diese Albträume mich weckten, versuchte Louise, mich mit Zärtlichkeiten und Küssen zu besänftigen, die, wie sie hoffte, zwischen vier und fünf Uhr morgens dann zu einem weiteren schamlosen Akt führen würden. Manchmal jedoch führten sie nicht dahin, denn ich merkte, wie mich angesichts des immergleichen Verlaufs menschlichen Handelns eine große Müdigkeit erfasste, und dann stand ich auf und zog mich in mein eigenes Bett zurück, als würde es mich nicht kümmern, dass Louise sich vernachlässigt fühlen könnte. Ich wollte nur noch allein sein.
Louise hatte mir eines Nachts in einer flüsternden Unterhaltung sehr unerschrocken erklärt, dass sie mit sechsundvierzig Jahren an einen Punkt in ihrem Leben gelangt sei, wo sie, mit Hilfe meiner Dienste, in sich ein großes und beständiges Verlangen nach Jouissance entdeckt habe, weil ihr von ihrem Gemahl und ihren wenigen und wie sie sagte »unzureichenden« Liebhabern jegliches sexuelle Vergnügen verwehrt worden sei.
Herausfordernd (und in der Hoffnung, mich zu erregen) gestand sie, dieses Verlangen bedränge sie so sehr, dass es sie häufig von ihrer Arbeit ablenke, weshalb sie manchmal nicht ohne Schuldgefühl darauf verfalle, sich selbst ihr Vergnügen zu verschaffen – etwas, was sie, bevor sie mich kennenlernte, nur selten getan habe. Und einem Zyklus von Liedern, den sie gerade auf dem Cembalo komponiere, wolle sie den Titel Lob der Glückseligkeit geben. Die Strophen, die sie für diese Lieder schrieb, ließen mich für sie erröten.
»Wie willst du diese Verse vor deinem Vater singen?«, fragte ich.
»Sie werden ihm gefallen«, sagte sie unbekümmert. »Eswird ihn freuen, dass ich, bevor ich alt werde, noch solche Glut erleben darf. Er möchte, dass ich geliebt werde.«
An einem kalten Januartag erschien Louise am Vormittag in der Bibliothek.
Ich machte mir gerade einige Notizen über die sichtliche Intelligenz bei Orang-Utans, zu der König Louis von Frankreich sich geäußert hatte und die von einiger Bedeutung für meine Beweisführung sein konnte. Ich erlebte gerade jenes rare Hochgefühl, in meinem Bemühen merklich voranzukommen , und wünschte nicht unterbrochen zu werden.
Doch ohne jede Entschuldigung schob Louise meine Bücher beiseite, setzte sich auf meinen Schoß, flüsterte mir ihr drängendes Bedürfnis ins Ohr und führte meine Hand unter ihren Rock, und ich musste sie zu einem schnellen, heftigen Spasmus bringen, wonach sie in meinen Armen beinahe ohnmächtig wurde.
Derart von meiner Arbeit abgebracht, fühlte ich mich plötzlich eingeengt von ihrer Besessenheit und den Forderungen, die sie an mich stellte, und sagte unfreundlich zu ihr: »Louise, solltest du deine Gelüste nicht ein wenig bändigen, bevor sie sich erschöpfen?«
»Das kann ich nicht«, sagte sie. »Warum fragst du mich so etwas? Du bist es doch, der sie in mir geweckt hat, Merivel. Ich war keusch, bevor ich dich kennenlernte. Es ist deine Schuld.«
Ich küsste sie sanft, als Wiedergutmachung für meine Unfreundlichkeit, und dachte, sie würde nun gehen und mich zu meinen Orang-Utans zurückkehren lassen, doch durch meine ruhigen, zärtlichen Küsse schon wieder erregt, begann sie, mich mit leidenschaftlicher Inbrunst zu umschlingen.
Wir fielen vom Bibliotheksstuhl auf den Boden, und ich merkte, dass meine Hose aufgeknöpft wurde. Ich begann zu protestieren, doch Louises Umarmungen erstickten meine Worte, machten sie unhörbar. Sie zog meine Hose herunter,kniete über mir und setzte sich dann rittlings auf mich (eine Position, die Violet Bathurst mit Vorliebe gewählt hatte, manchmal zusätzlich gewürzt mit exquisit ausschweifender Obszönität, indem sie auf meinen Bauch pisste), doch ich hatte weder den Willen noch die Härte für den Akt, und alles, was ich empfand, war ein plötzlicher Anfall von Trauer um Violet. Ich stieß Louise grob von mir weg, und sie kippte auf den Teppich.
In diesem Moment ging die Bibliothekstür auf. Voller Entsetzen, der Baron könnte mich so sehen – mit heruntergelassener Hose und seine Tochter beiseitestoßend, als wäre sie ein bloßes Objekt –, rappelte ich mich hoch und zerrte fieberhaft an der Hose. Meine
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