Adieu, Sir Merivel
einer privaten Zeremonie, bei der niemand außer dem Priester anwesend ist; damit würde es eine Angelegenheit zwischen mir und Gott und dem Geist meiner Mutter bleiben. Nur weiß ich nicht, wie ich, der ich Tag und Nacht von Ärzten umgeben bin, einen katholischen Priester in meine Gemächer schmuggeln könnte. Würdest du deine Gedanken daran wenden, wie sich ein Weg finden ließe?«
»Das werde ich, Sire.«
»Ich wünschte, du wärst ein Priester, Merivel, und wir könnten es hier und jetzt in der Kutsche tun, ohne irgendwelche Zeugen.«
»Ach je«, sagte ich, »was wäre ich für ein Priester! Ich hätte gar keine Zeit für meine Herde, weil ich so sehr mit der Beichte meiner Sünden und dem Buße-Tun beschäftigt wäre.«
Der König lachte und zwickte mich in die Nase; und als er bemerkte, dass wir schon bei der Stelle waren, wo die Flamingos sich versammelt hatten, befahl er dem Kutscher zu halten.
»Sieh sie dir an«, sagte er. »Gab es jemals einen erstaunlicheren Vogel?«
Wir betrachteten die rosafarbenen Beine, die geschwungenen Hälse und den zarten Korallenton, in dem ihre Spiegelbilder im Wasser schimmerten. Ich registrierte auch die feine Anmut, mit der sie sich bewegten.
»Es gibt auf der Welt«, erklärte ich, »eine große Anzahl von Wundern, die ich nie gesehen habe und nie sehen werde.«
»Fürwahr. Ich bin der König von England, aber auch ich werde sie nicht sehen. Und deshalb habe ich Krokodile und Kasuare hierher nach St. James’ bringen lassen. Ist deine Madame de Flamanville denn ebenfalls von Vögeln und Säugetieren fasziniert?«
»Oh …«, sagte ich, irritiert durch die unangekündigte Einführung von Louise ins Gespräch, »ich glaube schon. Das Schicksal von Clarendon hat sie sehr bewegt.«
Ich sah weiter hinaus zu den Flamingos, spürte aber sehr deutlich den Blick des Königs. Endlich sagte er: »Und was ist mit ihr, Merivel? Hast du sie ihrem Schweizer Gardisten zurückgegeben?«
»Nein. Oberst de Flamanville ist tot. Er wurde in einem Duell getötet.«
»Einem Duell? Wir hatten gedacht, die seien gänzlich aus der Mode gekommen. Doch wie vorteilhaft. Da kannst du sie nun heiraten, wenn du es wünschst. Ist es denn dein Wunsch?«
In diesem Augenblick erschreckte irgendetwas die Flamingos, sie erhoben sich und flogen wie eine flatternde Wolke rosiger Magnolienblätter rund um den See, um am gegenüberliegenden Ufer wieder zu landen. Ich wandte mich zum König um und sagte: »Ein anderes Verlöbnis beschäftigt mich seit meiner Rückkehr, Sire, und das ist das Verlöbnis meiner Tochter mit Julius Royston.«
»Ach, wirklich«, sagte der König. »Und was sagst du dazu? Fubbs ist völlig begeistert. Sie ist ganz vernarrt in deine Tochter und in Julius Royston. Wirst du deine Zustimmung geben?«
»Was wisst Ihr über Royston, Sire?«
»Nun …«, und jetzt beugte sich der König zu mir herüber und flüsterte in mein Ohr.
»Sag es niemandem, Merivel, nicht einmal Margaret, denn ich habe größte Achtung vor Lord Delavigne und möchte weder ihm noch seiner Familie Ungemach oder Kummer bereiten. Aber ich habe immer geglaubt, dass Julius Royston mein Sohn ist.«
»Euer Sohn?«
»Hortensia Delavigne und ich … nun, es war eine Angelegenheit von einer Nacht, so wie auch jene mit Lady Bathurst …, doch neun Monate später erfolgt die Geburt vonJulius, und er ähnelt nicht Delavigne, der eher rötlich und sommersprossig ist; er ähnelt mir.«
Ich starrte den König an. Die Vorstellung, meine Tochter würde ein Kind des Königs heiraten – selbst wenn keiner der beiden es wusste –, erschien mir absolut ungeheuerlich.
»Natürlicherweise empfinde ich eine väterliche Zuneigung zu Julius. Und Margaret ist die vollkommene Ergänzung für ihn, zumindest erscheint es mir so. Ihre Natur ist von ähnlich liebenswürdiger und zärtlicher Art, und Margaret wird ihn bei seiner Arbeit der Landschaftsgestaltung unterstützen. Ich werde ihm einen kleinen Auftrag für einen neuen See mit einem kleinen Gehölz in Newmarket erteilen. Falls ich noch bis zum Sommer lebe.«
Ich wusste, dass ich Louise schreiben und es nicht wieder aufschieben sollte, so wie ich es schon einmal getan hatte, was ihr großen Kummer bereitete.
Und während ich an sie und ihr ungeniertes Verlangen nach Jouissance dachte, spürte ich eine leichte sexuelle Erregung in mir, und ich überlegte, ob ich mich nicht am Nachmittag zur London Bridge begeben und meine liebe Dirne, Rosie Pierpoint, besuchen könnte. Und
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