Adieu, Sir Merivel
ich dachte, wie mich das trösten und wie ich mich in ihren Armen wie ein verwöhntes Kind aufführen würde, ohne schlechtes Gewissen und ohne Verantwortung.
Unterdessen schrieb ich Folgendes an Louise:
Meine liebe Louise,
ich bin sicher in Whitehall angekommen, wohin ich gerade von einer kleinen Ausfahrt mit Seiner Majestät zurückkehre, nachdem wir die Flamingos im St. James’ Park besichtigten. Daran erkennst Du, dass für seine Gesundheit keine unmittelbare Gefahr zu bestehen scheint, und doch bleibt eine gewisse Angst. Die Wunde an seinem Bein schmerzt ihn viel, und er ist sehr blass. Ich werde ihn wie der nach dem Abendessen sehen, wenn er die Gemächer der Herzogin aufsucht.
Ich denke sehr viel an Dich und hoffe, dass Du wohlauf bist und der Baron ebenfalls und auch Constanza und dass der Winter euch freundlich behandelt. Es ist kalt hier, aber die Sonne scheint.
So, und nun muss ich zu meiner Hauptneuigkeit kommen, Louise, und die lautet wie folgt: Margaret hat sich, mit meinem Einverständnis, mit dem ehrenwerten Julius Royston verlobt, dem jüngsten Sohn von Lord Delavigne. Wir alle hier, der König eingeschlossen, freuen uns über diese Verbindung, denn er ist ein feiner junger Mann, und das Paar ist höchst zufrieden. Und da sie jung und leidenschaftlich sind, wollen sie mit der Hochzeit nicht bis über den Frühling hinaus warten, und darum ist jetzt der Mai als Datum festgesetzt.
Ich werde die Hochzeit auf Bidnold ausrichten und, da es so viel vorzubereiten und zu beaufsichtigen gibt, nicht in der Lage sein, vor Juni in die Schweiz zurückzukehren. Deshalb wird unsere eigene Feier leider aufgeschoben werden müssen.
Ich weiß, das ist für Dich wie für mich ärgerlich. Aber sei versichert, dass ich mich, sobald Margaret Braut geworden ist, unserer eigenen Zukunft zuwenden werde.
Zusammen mit diesem Brief schicke ich – als Zeichen meiner Hochachtung für all Dein wissenschaftliches Bemühen und meiner beständigen Zuneigung zu Dir – einige Salbeiblätter, die all die Winterstürme und Schneetreiben überlebt haben.
Dein bescheidener Kavalier
R. Merivel
Ich las diesen Brief mehrere Male und war entsetzt von seiner Kälte und Unpersönlichkeit. Ich hatte nicht beabsichtigt, ihn so kalt und unpersönlich zu formulieren, doch ich sahdeutlich, dass genau das geschehen war, und ich schämte mich ein wenig, fast wie über eine schlecht gelöste Schulaufgabe. Doch mir fehlte die Geduld, ihn umzuschreiben.
Dann begann mich etwas anderes zu quälen. Als Margarets zukünftige Schwiegermutter müsste Louise de Flamanville von Rechts wegen zur Maihochzeit nach Bidnold eingeladen werden. Und das würde ihr vielleicht durchaus bewusst sein; sie würde in dem Brief nach einer Einladung suchen und, da sie keine fände, sehr traurig sein.
Doch obgleich ich es viele Male versucht hatte, konnte ich mir Louise de Flamanville nicht in der Rolle der Herrin von Bidnold vorstellen. Tief in meinem Herzen bewahrte ich die Erinnerung an jenen Moment, als Louise erklärte, mein illustrierter Almanach für Will Gates sei »viel zu schön« als Geschenk für einen Dienstboten. Und daraus ergab sich mein Eindruck, dass sie nicht verstehen würde, wie mein Haus organisiert war und wie meine Loyalitäten sich darin verteilten – dass sie auch Cattlebury in seinem ganzen verschwitzten Irrsinn galten und dass ich keinen meiner lang gedienten Hausangestellten wegschicken konnte.
Ich versiegelte den Brief und brachte ihn auf den Weg, damit ich mich nicht dazu gezwungen sähe, ein Postskriptum anzufügen, in welchem ich Louise nach England einlud.
Nachdem ich beim Postamt gewesen war, schlug ich die Richtung zur London Bridge ein, denn mein Verlangen nach Rosie war inzwischen sehr stark. Doch kaum war ich losmarschiert, hielt Fubbsys Kutsche neben mir, und Fubbs zog mich in den Wagen und begann, mich nach dem Befinden des Königs zu befragen, und so wurde ich, unter einem Ansturm von Fragen, wieder zurück in ihre Gemächer gefahren, und all meine einer Laune entsprungenen Gelüste verließen mich.
Das Nachtmahl an jenem Abend, zusammen mit Fubbs, Margaret und Julius, war angeregt und fröhlich. Später kamen noch Lord und Lady Delavigne hinzu, die sich mir gegenüber freundlich und höflich verhielten und mir mit großem Stolz einen prächtigen Diamantring zeigten, den Julius dann Margaret auf den Finger schob.
Woraufhin der rötliche Lord Delavigne vor Glück zu schluchzen begann (und sich mir mit dieser
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