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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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äußeren Tür war auf sechs angewachsen. Die Männer blickten schrecklich grimmig, fast wie Menschen, die einer Hinrichtung beiwohnen müssen. Aber einer erkannte mich und ließ mich in das Gemach des Königs eintreten, das schon völlig überfüllt war.
    Ich drängte mich durch die Menge aus Kronräten, Bischöfen, verschiedenen Kammerherren, Dienstboten und Ärzten und erblickte endlich Königin Catherine, die am Bett Seiner Majestät kniete. Es schien, als schwebte sie auf ihren weiten schwarzen Röcken, während der König bereits zu seiner Fahrt auf dem schnell fließenden Styx aufgebrochen zu sein schien – einer protestantischen Verdammnis entgegen, vorder die Königin in ihrer schwachen katholischen Barke ihn zu bewahren versuchte.
    Er lag, der Königin zugewandt, auf der Seite. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, stellte aber zu meiner Bestürzung fest, dass nichts seinen Körper bedeckte, nur sein Nachthemd, das zerknittert und fleckig war. Und an den anderen drei Seiten des Bettes standen Ärzte und praktizierten ihre »Heilkunst« an ihm. Am Arm wurde er zur Ader gelassen. Sein Kopf wurde gerade rasiert. Und genauestens beobachtet von zwei Gebete murmelnden Bischöfen, wurde der königliche Arsch mit Lederschlauch und Schafsblase der Enema-Pumpe traktiert.
    Mitleid mit dem König erstickte mich schier. Ich blieb still stehen und sah zu. Und ich dachte bei mir, wie häufig doch mein Beruf in seiner Unzulänglichkeit unnütz und hilflos war, und ich hätte gewünscht, die Doctores würden gehen und Seine Majestät in Frieden lassen. Doch ich konnte nichts tun.
    Ich blickte mich suchend nach Lord Bruce um, konnte ihn aber nicht in der Menge entdecken. Dann erblickte ich William Chiffinch, den »Hüter des königlichen Kabinetts«, der dem König während seiner gesamten Regentschaft sehr nahe gestanden hatte. Chiffinch war in jener längst vergangenen Septembernacht des Jahres 1666 zusammen mit mir in den königlichen Gemächern gewesen, als das Feuer ausbrach. Als ich zwei Jahre später nach Whitehall zurückkehrte, hatte er mich wiedererkannt, bei der Hand gefasst und nicht ohne Bewegung gesagt, er sei froh, dass ich nicht in den Flammen umgekommen war.
    Jetzt war Chiffinch damit beschäftigt, sieben kläffende Spaniels aus der Hundemeute des Königs an ihren Leinen zu halten. Ich nahm ihm drei Hunde ab, darunter auch Bunting, die mich erkannte, auf und ab sprang und an meinen Strümpfen riss. Ich hob sie hoch und versuchte gleichzeitig, die anderen Hunde zu bändigen, doch nun wollten alle,wie die Kinder, getragen werden, und so setzte ich Bunting wieder ab und rief mit strenger Stimme einen Befehl, und tatsächlich setzten die Hunde sich für einige segensvolle Augenblicke, während Chiffinch mir berichtete, was geschehen war.
    »Er ging gegen acht Uhr in seine Toilettenkammer, Sir Robert, und ich wartete draußen. Aber er blieb sehr lange darin, weshalb ich hineinging und sagte: ›Wie geht es Euch, Sire?‹ Er war aschfahl und schien mir nicht antworten zu können, blies nur seine Wangen ein wenig auf.
    Ich führte ihn in sein Schlafzimmer, wo sein Barbier Follier auf ihn wartete, um ihn zu rasieren. Follier wünschte ihm einen guten Morgen, doch Seine Majestät sagte nichts, und zusammen mit Lord Bruce half ich ihm auf den Stuhl, und Follier begann mit der Rasur, doch kaum hatte er begonnen, kam ein grässlicher Laut aus dem Mund des Königs, so wie ein Schrei oder das Kreischen eines wilden Tiers, und er sank in den Stuhl zurück.
    Wir konnten nur einen schwachen Puls fühlen, und er atmete flach und keuchend. Wir trugen ihn zum Bett und schickten nach den Ärzten und der Königin, und auch nach dem Herzog von York haben wir geschickt, doch der ist noch nicht erschienen, und jemand sagte, er sei gesehen worden, wie er auf dem Fluss ruderte, aber man hat ihn noch nicht gefunden. Alle Männer vom Kronrat sind jedoch herbeigeeilt sowie einige Bischöfe, und ich wünschte, sie wären nicht gekommen, denn sie tun nichts und verstopfen nur das Zimmer und verbrauchen die ganze Luft, die der König atmen sollte.«
    Ich schwieg einen Augenblick. Dann sagte ich: »Ich bin hier ebenfalls überflüssig. Sagt mir, was ich tun kann.«
    »Nun«, sagte Chiffinch, »Ihr könntet die Hunde ausführen, Sir Robert. Ich fürchte, sonst scheißen sie den Boden voll, und wir treten überall hinein. Seine Majestät geht gewöhnlich um diese Tageszeit mit ihnen spazieren.«
    Also machte ich mich mit den sieben Hunden auf

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