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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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ihn nur weg. Endlich sagte er: »Kummer macht müde. Wie wäre es, wenn Ihr Euch ein wenig schlafen legt?«
    Ich erwiderte, dass ich in meinem Herzen gelobt hatte, so lange Wache zu halten, bis der König verschieden war, aber Huddleston sagte: »Er möchte eine Weile allein sein, um darüber nachzusinnen, was er heute getan hat. Deshalb rate ich Euch, jetzt zu schlafen, für den Fall, dass Ihr in der Nacht oder am Morgen gebraucht werdet.«
    Ich tat, was er mir empfohlen hatte, kehrte in mein halb leeres Zimmer zurück und legte mich nieder. Als es Nachmittag wurde, sah ich Schnee fallen. Der Schlaf kam und ging, kam wieder und ging wieder.
    Als ich mich gegen vier Uhr erhob, war Fubbs dabei, den Abtransport ihrer Truhen zu überwachen, und ich sagte zu ihr: »Euer Gnaden, ich bin sehr verärgert, dass meine chirurgischen Instrumente eingepackt wurden, da man fälschlicherweise glaubte, sie gehörten Euch. Können wir die Truhen zurückrufen?«
    »Was für Instrumente?«, kreischte sie. »Was sollte ich denn wohl mit chirurgischen Instrumenten?«
    »Sie waren in meinem Nachtschrank verstaut. Sie sind mein Handwerkszeug und ein Geschenk des Königs und mir sehr kostbar …«
    »Ich habe sie nicht gesehen. Die Truhen sind fort. Alles, was darin ist, gehört mir und niemandem sonst. Ihr müsst Eure Instrumente achtlos auf der Straße verloren haben.«
    Achtlos auf der Straße!
    »Herzogin«, sagte ich, »das ist nicht möglich. Die Instrumente sind seit zwanzig Jahren immer an meiner Seite, ich lasse sie kaum je aus den Augen. Sie waren neben meinem Bett verstaut. Ich habe sie nicht von dort entfernt. Doch jetzt sind sie fort.«
    »Und deshalb werft Ihr mir vor, ich hätte sie zu meinem eigenen Gebrauch gestohlen?«
    »Ich werfe Euch gar nichts vor. Alles, was ich weiß, ist, dass etwas mir sehr Kostbares versehentlich weggenommen wurde. Können wir wohl den Dienstboten sagen, dass sie die Truhen wieder herbringen …«
    »Nein, auf keinen Fall! Mon dieu, quelle histoire pour un petit rien! Die Truhen enthalten meine Habseligkeiten und nichts sonst, und sie müssen jetzt unverzüglich zur Botschaft geschickt werden, sonst wird mir alles genommen werden. Also bitte belästigt mich nicht mit solchen Nichtigkeiten.«
    »Euer Gnaden«, sage ich, »in aller gebotenen Demut, dies sind keine ›Nichtigkeiten‹ …«
    »Oh doch! Ich bin erstaunt, dass Ihr, in solchen Zeiten, nur an Euch selbst denken könnt! Chirurgische Instrumente kann man wieder kaufen, aber wenn mir die Dinge, die mir gehören, genommen werden, habe ich nicht mehr die Mittel, sie zu ersetzen. Die Truhen verlassen jetzt das Haus, also lasst mich bitte nichts mehr davon hören.«
    Im Furor des Packens und in ihrer großen Traurigkeit hatte Fubbsy sich den ganzen Nachmittag hindurch mit hier und da einem kleinen Schlückchen Wein gestärkt, und diese Schlückchen waren so zahlreich geworden, dass sie jetzt ganz unzweideutig betrunken war und nur noch schwankend gehen und nicht mehr klar sehen konnte, und ihr Atem war sehr penetrant.
    Ich begab mich an ihre Seite, nahm ihren Arm, um sie zu stützen, und sagte freundlich: »Ich werde die Truhen begleiten und sie während der Fahrt durchsuchen …«
    Fubbs entriss mir ihren Arm, hauchte mir ihren schlecht riechenden Weinatem ins Gesicht und kreischte: »Was! Unddann stehlt Ihr noch alles Mögliche dazu und nehmt mir die Dinge, die ich liebe, so wie Ihr mir Margaret nehmt!«
    »Ich nehme euch Margaret nicht, Herzogin«, sagte ich. »Margaret möchte nicht von Julius Royston getrennt werden, das ist alles.«
    »Ich habe sie doch nur darum gebeten, mich nach Frankreich zu begleiten und mir beizustehen, wenn ich mich dort niederlasse. Aber nein, sie will nicht. Ich dachte, sie hätte ein gutes Herz, aber jetzt sehe ich, dass sie, wie Ihr, nur an sich selbst denkt!«
    Obgleich ich jetzt wirklich verärgert war, erkannte ich, dass es keinen Sinn hatte, weiter mit der Herzogin zu streiten. Während sie noch einen Schluck Wein nahm, verließ ich den Raum und ging in den Hof hinunter, wo die Truhen gerade auf einen hölzernen Karren geladen wurden. Hier versuchte ich, den Dienstboten, die mit dem Transport zur französischen Botschaft beauftragt waren, den Verlust meiner kostbaren Instrumente zu erklären, doch sie schienen mir nicht zuhören zu wollen.
    Endlich holte ich einen Geldbeutel mit drei Schillingen hervor und legte ihnen mit mathematischer Schärfe dar, dass diese Summe – bei einer Anzahl von zwei

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