Adieu, Sir Merivel
zu beteiligen versuchte. Sie konnten mich jedoch nicht daran hindern, anschließend hierher zurückzueilen und mir zu notieren, was ich gesehen hatte. Und so begann ich zu lernen …«
Während Louise sprach, fuhr sie mit den Händen zärtlichund doch rastlos über die Tische, prüfte Tiegel und Destillierkolben, Kräuter, die in Körben trockneten, und ein Glasgefäß, in dem es von Schnecken wimmelte. Ich beobachtete sie sehr aufmerksam und dachte, dass mir gewiss noch nie eine Frau wie sie, mit einer solch reizenden Mischung aus Geist und Ernsthaftigkeit, begegnet war. Und ich merkte, wie sehr mich jeder Augenblick, den ich in ihrer Gesellschaft verbrachte, fesselte.
»Nun denn«, sagte sie und blieb am Ende von einem der Tische stehen, wo eine Reihe identischer Gläser zu einer kleinen Pyramide arrangiert war. »Lassen Sie mich Ihnen meinen einzigen kleinen Erfolg demonstrieren.«
Sie entkorkte eines der Gläser und reichte es mir. Ich hielt es mir unter die Nase, und der Geruch erinnerte mich sofort an jene verworrene Zeit in meinem früheren Leben, als ich mich noch als Künstler versucht hatte, ehe ich es verzweifelt aufgab.
»Eine Salbe gegen Wunden«, sagte Louise. »Wirksam auch bei Verbrennungen. Als mein Küchenmeister sich die Hand verbrannte, heilte sie mit meiner Salbe binnen zweier Tage!«
»Sehr gut«, sagte ich. »Ich hoffe, etwas davon mit nach England nehmen zu dürfen, für meinen Koch Cattlebury, der dermaßen mit Brandwunden übersät ist, als wäre er gerade noch dem Bratspieß entkommen.«
Louise lächelte und fuhr fort: »Lange Zeit hatte ich einige Schwierigkeiten mit dem Mengenverhältnis der Ingredienzien, doch jetzt stimmt es. Schaftalg, Bienenwachs, Terpentinöl und Spitzwegerichblätter, eine Stunde lang über einem niedrigen Kohlenfeuer gekocht, bis die gewünschte Reduktion entsteht. Das Wachs wird sehr langsam geschmolzen, und Reduktion und Öl werden bei sehr niedriger Hitze hineingerührt. Schwierig war es, eine Salbe zu erhalten, die auch nach dem Abkühlen weich genug zum Verstreichen war. Aber jetzt ist sie weich. Stecken Sie Ihren Finger hinein.«
Ich nahm eine Kostprobe und verrieb sie auf meinem Handrücken.
»Und? Was denken Sie?«, fragte Louise. »Sie als Arzt wissen, dass viele Salben ranzig riechen, diese aber nicht, oder?«
»Nein. Sie riecht sehr frisch. Das Terpentin …«
»Ja. Ich habe es eher als eine Art Parfüm hinzugefügt. Das Heilende liegt im Wachs und dem Spitzwegerich, aber für mich ist der Duft einer Sache auch wichtig. Lassen Sie mich Ihnen dieses Glas zum Geschenk machen.«
Mit Worten des Danks blickte ich zu Louise hoch, und meine große Bewunderung für sie muss in meinem Gesicht gestanden haben, denn sie hielt meinem Blick nur kurz stand und blickte dann rasch weg. Eine Frau wie Louise de Flamanville, dachte ich, wirkt gewiss wie Salbe im Leben eines Mannes. Das Leben schlägt ihm nach und nach seine Wunden, und sie heilt diese.
Nun zeigte Louise mir andere Mittel, an denen sie arbeitete. Darunter war eine Lotion »zur Überdeckung oder Reduzierung des Gestanks der Achselhöhle«.
»Oh«, sagte ich, »die wird in Versailles sehr dringend benötigt.«
»Wohl wahr, Sir Robert. Wissen Sie übrigens, dass Madame de Montespan furchtbar gestunken hat?«
»Nein.«
»Vielleicht hätte meine Lotion verhindert, dass sie in Ungnade fiel. Ich habe eine Idee. Aber sie ist noch nicht zu Ende gedacht. Ich nehme Weißwein, Rosenwasser und wilde Rauke. Anfangs kochte ich alles in einem Destillierkolben, um durch das Glas zu beobachten, wie klar oder trüb die Mischung ist, doch mein Feuer war zu heiß, der Kolben explodierte, und die glühenden Glassplitter verletzten mich im Gesicht!«
»Oh, mon dieu!«, sagte ich, »Sie hätten blind werden können.«
»Gewiss. Doch das geschah zum Glück nicht. Und seltsamerweise hatte ich auch keinerlei Schmerzen. Ich war sogar recht heiter. Denn mir kam plötzlich der Gedanke, dass echte Chemiker eben solche Erfahrungen machen, solche Schocks und Rückschläge erleben und dass ich mich nun zu ihnen zählen durfte.« Sie reichte mir ein Fläschchen, das alles enthielt, was sie von diesem Präparat schon hergestellt hatte, und ich schnüffelte so bedächtig daran wie Weinkenner an ihrer geliebten Flüssigkeit.
»Was meinen Sie dazu?«, fragte sie. »Es muss stark sein, aber nicht so stark, dass die Lotion stärker riecht als das schwitzende, schmutzige Fleisch. Raukesamen dämpfen die Transpiration, das ist
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