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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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dass überall im Raum ein regelrechtes Flammenfeuer tanzte und flackerte, und als ich in all die vom Kerzenschein erleuchteten Gesichter blickte, sah ich nichts als Seligkeit darin. Selbst Will, der – in einer viel zu großen Livree für seinen geschrumpften Körper – auf seinem Posten hinter dem Stuhl des Königs stand, konnte, wie ich bemerkte, ein närrisches Lächeln nicht verbergen, außer in den Momenten, wenn er einen Teller vom Lakaien entgegennahm und vor den König hinstellte, was er jedes Mal mit der grimmigsten Konzentration tat.
    Margaret trug ein türkisfarbenes Gewand und türkisfarbene Bänder in ihrem kastanienbraunen Haar. Sie schien sehr häufig zu erröten, fast wie über ihre eigene Schönheit, und ich staunte, dass ich – mit meiner platten Nase und meinen Igelborsten und dem dicken, fleckigen Bauch – der Vater eines so hübschen Mädchens sein konnte.
    Vom reichlichen Essen und Trinken viel zu träge für eine Partie Federball, begannen wir nach dem Festmahl, in meinem Salon Blindekuh zu spielen, und hatten alle großes Vergnügen daran, die Blinden auf meinem Teppich aus Chengchow umherstolpern zu sehen, während wir anderen rannten und uns hinter Stühlen und Vorhängen versteckten und sie mit frechen Zurufen neckten.
    Als die Reihe nun an den König kam, behauptete er, er werde als Fänger jeden von uns am Geruch erkennen, weil wir uns nicht vor unserem eigenen Parfüm verstecken könnten. Und in der Tat stellte sich heraus, dass er uns schneller fing und erkannte als jeder andere Fänger, und ich dachte, es müsse wohl sein besonderes Talent sein, Menschen an ihrem Duft oder ihrem Gang oder ihrem Atem zu erkennen und manchmal sogar mit unheimlicher Präzision zu wissen, was in ihren Köpfen vor sich ging.
    Als wir genug vom Blindekuhspielen hatten, stellten wir zwei Tische für Rommé auf, und es wurde Met serviert, zusammen mit köstlichen Vanillekeksen, die Cattlebury gebacken hatte. Und wir mussten feststellen, dass Sir James Prideaux ein wahrer Meister des Kartenspiels war; er übertraf uns alle und häufte einen großen Berg halber Pennys, um die wir spielten, vor sich auf.
    »Oh«, sagte Sir James lachend, während er sein Geld an sich nahm, »wie hervorragend! Nun kann ich es mir leisten, euch alle erneut nach Cornwall einzuladen, und dieses Mal, Margaret, wirst du mit uns kommen.«
    »Und die Papageientaucher sehen«, sagte Penelope.
    »Und Kaurischnecken sammeln!«, sagte Mary.
    »Aber keine Garnelen essen!«, sagte Arabella.
    Margaret lächelte errötend, sagte zu meiner Überraschung jedoch nichts. In diesem Augenblick erhob der König sich, ging hinüber zu Margaret, nahm sie bei der Hand, half ihr aus dem Stuhl, verbeugte sich anschließend vor mir und sagte: »Ich habe es dir, aus Furcht, du würdest es mir ausschlagen, bis jetzt noch nicht mitgeteilt, Merivel, aber ich habe zu Margaret gesagt, dass wir für sie eine Stelle bei Hof finden könnten, und sie will gerne kommen – wenn du deinen Segen dazu gibst.«
    Ich saß sehr still und plötzlich innerlich fröstelnd auf meinem Stuhl, während die gesamte Prideaux-Familie diese Ankündigung mit großem Staunen vernahm.
    »Also …«, sagte Sir James und ließ aus Versehen eine ganze Handvoll seiner halben Pennys fallen, »das ist doch wunderbar, Sire. Wunderbar für Margaret … und für Sir Robert …«
    »Die Herzogin von Portsmouth hat mir geschrieben«, fuhr der König fort. »Sie bat mich, eine neue junge Hofdame für sie zu finden. Und so scheint es sich denn aufs Schönste zu fügen. Ich werde morgen nach Whitehall reisen und alles in die Wege leiten, was Unterkunft und Vergütung und so weiter anbetrifft, und dann wird Margaret, wenn ihr Vater einwilligt, zu Anfang des Monats Juni nach London kommen. Darf ich von deinem Einverständnis ausgehen, Merivel?«
    Alle blickten zu mir. Nur die kleine Penelope verstand, glaube ich, was ich empfand, denn sie kam zu mir und nahm mit großem Ernst meine Hand in ihre.
    Immer noch Penelopes Hand haltend, stand ich auf und verbeugte mich vor dem König. »Ich fühle mich geehrt. Dies ist … eine große Ehre«, sagte ich. Doch meine Stimme klang sehr kümmerlich, als hätte ich mich an einer Pastinake verschluckt. »Aber es wird Euch hoffentlich nicht erzürnen, Sire, wenn ich mich verpflichtet fühle, Margaret – vor Eurer Majestät und vor der hier versammelten Gesellschaft – zu fragen, ob es sich um eine Ehre handelt, die sie auch wirklich gerne annehmen

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