Adieu, Sir Merivel
Brühe in den Mund und betete, sie möge sie bei sich behalten und nicht wieder erbrechen. Dann betteten wir sie erneut in die Kissen, und ich berührte ihre Wangen und spürte, dass die gute Brühe sie ein wenig wärmte. Weihrauchduft hing schwer im Raum, und ich sehnte mich nach Schlaf.
Bevor ich gegen acht Uhr von Bathurst aufbrach, ging ich hinunter in die riesige Küche, wo in vergangenen Zeiten Mahlzeiten für dreißig oder vierzig Menschen zubereitet worden waren und die Herde Tag und Nacht zu prasseln schienen und der Geruch nach gebratenem Fleisch so stark war, dass ich manchmal fast glaubte, man könne allein davon leben – nur von dem köstlichen Duft.
Jetzt war alles sehr still, die Herdplatten waren kalt und sauber geschrubbt. Violets Koch stand am Fenster und blickte hinaus, als überlege er, was er mit dem angebrochenen Tag machen, wie er ihn verbringen sollte.
»Ein schöner Tag für dich, Chinery«, sagte ich. »Geht es dir gut?«
»So gut, wie die Zeiten es erlauben, Sir.«
»Das ist doch nicht schlecht. Darf ich mir erlauben, dir jetzt einige Anweisungen zu geben. Lady Bathursts Krankenschwester Mrs. McKinley wird so lange hier wohnen, bis ihre Ladyschaft sich so weit erholt hat, dass Agatha sie pflegen kann. Schwester McKinley hat gestern Abend eine sehr wirksame Kartoffelbrühe für Lady Bathurst gekocht, die ihre Verdauung beruhigte; würdest du also bitte für einen reichlichen Vorrat an Kartoffeln sorgen.«
»Es gibt immer Kartoffeln. Die Erde von Norfolk strotzt davon.«
»Schön. Ich möchte auch, dass du kräftige Gerichte für Mrs. McKinley kochst …«
»Sie ist Irin, oder?«
»Ja, ursprünglich kommt sie aus der Grafschaft Donegal.«
Ich musterte den alternden Chinery, diesen großen, gequält wirkenden Mann aus Norfolk, der eine unerklärliche Zuneigung zu dem alten verrückten Grafen gefasst hatte und seit Lord Bathursts Tod keine Freude mehr an seiner Arbeit zeigte.
»Glaub bitte nicht, dass Mrs. McKinley nur mit Kartoffeln glücklich sein wird«, sagte ich. »Lady Bathursts Pflege ist sehr anstrengend. Sie wird Fleisch und Brot und Fisch und Obst und Bier brauchen. Sie muss bei Kräften bleiben.«
Chinery drehte sich wieder um und blickte hinaus auf den Stallhof, als hätte er mich nicht gehört.
»Chinery!«, sagte ich scharf. »Bitte hör mir zu. Ich bin sehr müde. Ich hätte gern ein paar weich gekochte Eier, Brot und Kaffee, bevor ich hier aufbreche. Bitte mach so viel, dass auch genügend für Mrs. McKinley da ist, und schick alles unverzüglich nach oben.«
Ich blieb so lange stehen, bis Chinery sich umdrehte und zustimmend nickte. Dann schritt ich aus der Küche, versuchte dabei, den Kopf sehr gerade zu halten, und war froh, dass ich kein Schwert trug, über das ich hätte stolpern und stürzen können.
Als ich auf Bidnold ankam, wollte ich nur noch schlafen, doch kaum hatte ich das Haus betreten, nahm der König mich beiseite. Er habe, sagte er, eine Angelegenheit von großer Bedeutung mit mir zu besprechen.
Im Nu verschwand meine Erschöpfung, und eine schreckliche Erregung trat an ihre Stelle.
Wir begaben uns in die Bibliothek, wo der König auf und ab zu schreiten begann, bis mir von seinem Hin und Her ganz schwindlig war.
Endlich blieb er stehen und sagte: »Ich habe einen Entschluss gefasst, Merivel. Ich kann nicht länger auf Bidnold bleiben.«
Meine Lippen wurden trocken, und mit schwacher Stimme fragte ich: »Ist während meiner Abwesenheit irgendetwas geschehen , Sire?«
»Nein. Nichts ist geschehen, außer dass meinem Gewissen ein Stich versetzt wurde.«
»Darf ich fragen, wovon, Eure Majestät?«
»Von all dem, was ich derzeit vernachlässige. Ich kann so nicht weitermachen. Der Herzog von York hat Recht: Es würde in der Katastrophe enden. Ich bin der König. Ich muss zurückkehren und regieren.«
»Das kommt sehr plötzlich, Sire …«
»Eigentlich nicht. Seit dem Brief meines Bruders habe ich mich nicht mehr wohlgefühlt. Es gibt so vieles im Land, das aus Mangel an Geld zu zerfallen droht. Ich muss sehen, dass ich auf irgendeine Weise Mittel zusammenbringe.«
»Wie wollt Ihr sie zusammenbringen, Sire …?«
»Durch weitere Darlehen von König Louis vermutlich. Sofern sich nicht aus heiterem Himmel eine andere Möglichkeit ergibt oder du womöglich einen unerschöpflichen Vorrat anHalfcrowns besitzt. Doch hör zu, Merivel, lass uns nicht mehr darüber sprechen. Sollten wir nicht noch einen letzten heiteren gemeinsamen Abend mit der
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