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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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vortrefflichen Prideaux-Familie verbringen, bevor ich abreise? Mit einem Nachtmahl und Federball? Kannst du sie für Donnerstag einladen?«
    »Ja …«
    »Und vielleicht ist Margaret dieses Mal kräftig genug, um am Spiel teilzunehmen?«
    »Ich bin nicht sicher, Sire.«
    »Ich glaube schon. Sie kann in meiner Mannschaft spielen. So, Merivel, und nun erzähl mir. Wie geht es Lady Bathurst?«
    Wir ließen uns beide nieder. Ich hatte das dringende Bedürfnis, Margaret zu sehen, war jedoch gezwungen, dem König in der Bibliothek Gesellschaft zu leisten und von Violets Operation zu berichten.
    Er hörte sehr ernst zu. Er sagte, er halte Violet Bathurst für »eine außergewöhnliche Frau mit einem erstaunlich starken Verlangen«. Er fragte mich, ob sie das Herausschneiden des Krebses wohl überleben werde.
    »Diese Operation kann sie durchaus überleben, Sire«, sagte ich. »Aber der Krebs kann wiederkommen. Für den Augenblick habe ich jedoch alles getan, was in meiner Macht steht.«
    In dem Moment fiel mir die Schatulle mit der Locke vom Haupt des heiligen Petrus wieder ein. Ich holte sie hervor, überreichte sie dem König und erklärte, es sei ein Geschenk von Violet für die Königin.
    Er nahm die Locke heraus und roch daran. Dann wickelte er sie um seinen langen Zeigefinger und betrachtete sie prüfend.
    »Die Bedeutung von Aberglauben und Täuschung im menschlichen Leben hat mich schon immer außerordentlich interessiert«, sagte er. »Über diese Dinge lässt sich gewiss bequem spotten, aber ich nehme sie ernst. Ich habe selbst erlebt, wie die Reliquien, welche die Königin zusammengetragen hat, sie zu trösten vermögen. Sie küsst sie mit einer solchen Leidenschaft! In ihren Augen sind sie Manifestierungen des liebenden Gottes. Es spielt keine Rolle, ob es sich um einen alten Fingerknöchel von einem Armenfriedhof in Kent handelt oder um einen Stofffetzen von einem Basar in Ägypten. Was zählt, ist das, was diese Dinge ihr bedeuten .«
    »Da stimme ich Euch zu, Sire. Montaigne sagt, das Ende der Täuschung kann das Ende der Freude sein.«
    Und da fühlte ich mich bewogen, dem König zu erzählen, wie mir vor langer Zeit eine indische Nachtigall in einem vergoldeten Käfig geschenkt worden war. Der Vogel hatte mich sehr gerührt und fasziniert, und ich versuchte immer wieder, ihn zum Singen zu bewegen, indem ich ihm mit der Oboe vorspielte.
    »Doch irgendwann«, sagte ich, »kommt mein Freund Pearce, der Quäker, und sagt zu mir: ›Merivel, du bist ein Dummkopf. Das ist keine indische Nachtigall. Das ist eine ganz gewöhnliche Amsel mit ein paar bunt gemalten Federn!‹ Und ich erkannte, dass Pearce Recht hatte und meine geliebte indische Nachtigall nichts dergleichen war – und dass es womöglich auf dieser Erde gar keine indische Nachtigall gibt. Und dennoch war ich in meinem Zustand der Täuschung glücklich gewesen, und dessen Ende verursachte mir großen Kummer.«
    »Ach ja«, sagte der König. »Natürlich. Du hieltest ein Wunder in Händen, und dann verlorst du es.«
    Beide versanken wir in einer ansteckenden stummen Düsternis. Nach einer Weile legte der König die Locke vom Haupt des heiligen Petrus wieder in ihr blaues Samtbett, schloss die Schatulle und sagte: »Der Königin wird sie gefallen. Ich werde ihr erzählen, dass ein Priester in Norwich – in welche Stadt der heilige Petrus vor langer Zeit reiste und Freundschaft mit einem Barbier schloss – die Schatulle mit der Locke in meine Hände legte.«
    Darüber mussten wir beide lachen, und der König sagte:»Es kommt alles auf die Geschichte an, Merivel. Kein Gegenstand kommt zu seiner vollen Bedeutung ohne die dazugehörige Geschichte.«
    Am Donnerstag, dem 23. Mai, kam abends die Prideaux-Familie, und wir alle kleideten uns in unsere feinsten Gewänder, und einer meiner französisch herausgeputzten Satinröcke mit seiner Kaskade von Schulterbändern wurde ebenso sehr bespöttelt wie bewundert.
    Ich hatte vorher ausführlich mit Cattlebury gesprochen. Er schien nach seinem Kirschenverzehr ein wenig einsichtiger und bereit, sein ganzes Können in das Bankett für den letzten Abend des Königs zu legen. Es waren reichlich Forellen bestellt worden, dazu Kapaune und Haselnüsse und eine Lammschulter und noch andere Delikatessen, denen der König, wie ich wusste, sehr zugetan war; außerdem wurden einige gute Weine aus dem Keller geholt.
    Das Essen war exquisit und ein großer Erfolg. Auf meinen Wunsch hin waren hundert Kerzen entzündet worden, so

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