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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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auszureden. Seine plötzliche und unerwartete Gleichgültigkeit trifft mich schmerzlich. Trifft mich bis ins Innerste. Überwältigt von Selbstmitleid, schlafe ich endlich ein.
    Ich schlief vierundzwanzig Stunden lang und fühlte mich, trotz dummer Träume von Giraffen, die in meinem Park herumtollten, beim Aufwachen einigermaßen wiederhergestellt.
    Nach einem herzhaften Frühstück aus Haferbrei, Speckund Hefebrötchen, heruntergespült mit Bier, sammelte ich die Seiten von Louises Brief zusammen, ging damit in die Bibliothek und schrieb Folgendes:
    Meine liebe Louise,
    ach, welch ein elender Schuft bin ich nur! Doch um wie viel elender fühlt sich dieser elende Schuft nach Euren harten Worten!
    Mögt Ihr mir nicht doch verzeihen?
    Ich bitte Euch, hört, was ich zu berichten habe. Den ganzen Winter und Frühling hindurch befand sich mein Leben in der bittersten Konfusion wegen der ernsten Krankheit meiner Tochter Margaret, die ich durch viele qualvolle Wochen begleitete, bis sie endlich gesund ins Leben zurückkehrte. Alles, was ich zu der Zeit tun konnte, war, den Tag ohne Verzweiflung zu überstehen, um dann kaum Schlaf in kurzen Nächten voller Schmerz und Schrecken zu finden. Ich hatte weder Zeit noch Raum …
    Bis dahin war ich, beschwingt von der Vorstellung, dass dieser Brief Louises Herz vollständig umstimmen würde, gekommen, als mein Lakai die Ankunft eines Dienstboten von Bathurst Hall meldete, der mich dringend zu sehen wünschte.
    Ich sagte, er solle ihn in die Bibliothek führen. An der düsteren Miene des Dienstboten sah ich, dass er schlechte Nachrichten für mich hatte, und er platzte auch gleich damit heraus: Lady Bathurst liege im Bett, »niedergestreckt von Schmerzen in ihrem Leib und entsetzlichem Erbrechen, und alles, was sie sagen kann, ist, Ihr sollt sofort kommen«.
    Widerstrebend legte ich meinen Brief beiseite. Und dabei fragte ich mich, ob die Welt sich womöglich, in unterschiedlichster Gestalt, gegen mich verschworen hatte und mit allen Mitteln ein Wiedersehen mit Louise verhindern wollte. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu Violet zu begeben.
    Ich suchte meine medizinischen Instrumente zusammen, packte auch den Rest Opium ein, der nach meinem Laudanum-Exzess noch übrig war, folgte Violets Dienstboten zu seiner Kutsche und bat den Kutscher, er möge im Dorf Bidnold vor Mrs. McKinleys Haus halten, damit wir sie mitnehmen könnten.
    Dankbar für meinen langen Schlaf, der mir einen klaren Kopf beschert hatte, versuchte ich jetzt aus den mageren Hinweisen abzuleiten, was wohl mit Violet geschehen war. Ich wusste von meinen Studien, dass ein Krebs, der aus einem Teil des Körpers herausgeschnitten wurde, manchmal auf rätselhafte Weise an einer anderen Stelle wiederkommt und dass diese Geschwulst verheerender sein kann als die erste. Als Mrs. McKinley in die Kutsche stieg, sagte ich zu ihr: »Wir müssen darum beten, dass es sich nur um eine leichte Infektion handelt und nicht um die Rückkehr eines Tumors.«
    Zu meiner Bestürzung erklärte Mrs. McKinley: »Wenn Ihr mich fragt, Sir Rabbit, ist es wahrscheinlich eine Rückkehr oder vielmehr eine Ausbreitung, denn offen gestanden hat Lady Bathurst sich nie wieder richtig erholt, nachdem wir ihr den Tumor aus der Brust herausgeholt haben.«
    Und da dachte ich bei mir: »Es ist nicht nur Louise, die ich vernachlässigt habe; ich war dermaßen mit Margarets Weggang an den Hof beschäftigt und dann mit dem Verlust meines Bären, dass ich alles andere und auch alle anderen Menschen vernachlässigt habe. Ich hätte Violet viel häufiger besuchen müssen, aber ich tat es nicht.« Und ich dachte auch, dass alles, was der Mensch vernachlässigt, sehr bald kränkelt und dahinschwindet, und ich sagte zu Mrs. McKinley: »Ich begreife jetzt, was dies für Zeiten sind – es sind Zeiten des Abschieds.«
    »Betet, dass es nicht so ist«, sagte die freundliche Irin. »Betet zur heiligen Jungfrau, Sir Rabbit.«
    Sobald ich Violet sah, wusste ich, dass sie im Sterben lag.
    Ihre Augen, einst so strahlend schön, schienen sich in ihren Schädel zurückgezogen zu haben, als versuchten sie, dem, was vor ihnen lag, zu entkommen. Ihre Wangen waren eingesunken, und ihre Wangenknochen warfen bläuliche Schatten darüber. Ihre mageren Hände krallten sich in die Laken.
    »Gnädiger Gott«, flüsterte Mrs. McKinley, als wir das Zimmer betraten. »Ihr hattet Recht, Sir. Seht nur, wie sie krallt …«
    Ich trat ans Bett und setzte mich. Die graue Katze

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