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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mußte er lächeln; wahrscheinlich glaubte sie ihm kein Wort.
    Dann merkte er, daß Bolitho ihn über den Tisch hinweg ansah.
    »Sind Sie bereit, Mr. Stirling?« fragte der Konteradmiral.
    Der Junge schluckte krampfhaft und hob sein Weinglas, das plötzlich schwer wie Blei schien. Aller Augen wandten sich ihm zu, und er konnte es gerade noch verhindern, daß er sich auf die Lippen biß. Aber dann fielen ihm Alldays Worte über Bolitho ein: ›Er ist auch nur ein Mensch.‹ Hell und klar erklang seine Stimme: »Meine Herren, trinken wir auf unseren Sieg! Tod den Franzosen!«
    Der Rest ging unter in Beifall und Hochrufen, und es klang, als juble das ganze Schiff.

Zum Schweigen gebracht
    »Der Kommandant kommt an Deck, Sir.«
    Pascoe ließ das Teleskop sinken und nickte dem Steuermann zu.
    »Danke.«
    Er hatte das Geschütz- und Segelexerzieren drüben auf
Odi
n
beobachtet; die Stückpfortenluken hoben und senkten sich so exakt wie von einer Riesenfaust an Marionettenfäden gezogen, und die Segel füllten sich oder verschwanden mit gleicher Präzision.
    Da hörte er Emes’ Schritte auf den Decksplanken und wandte sich ihm zu. Nie wußte er, welche Stimmung sich hinter Emes’ ausdrucksloser Miene verbarg, was er in der Abgeschlossenheit seiner Kajüte wirklich dachte oder plante.
    Grüßend griff Pascoe zum Hut. »Kurs Südost zu Süd, Sir. Wind hat etwas geschralt, kommt jetzt aus Nord zu Ost«, meldete er.
    Emes trat an die Querreling und umklammerte den Handlauf, während er über sein Schiff hinweg nach vorn starrte und das Treiben an Bord beobachtete. Dann schweifte sein Blick zu
Odi
n
hinüber, die an Steuerbord mit etwa vier Kabellängen Abstand zielstrebig durch die Seen pflügte.
    »Hm. Schlechte Sicht.« Emes schob die Unterlippe vor, das einzige Zeichen für seine Besorgnis, das er sich jemals gestattete.
    »Es wird früh dunkel werden.« Er zog seine Taschenuhr und ließ den Deckel aufspringen. »Ihr Onkel scheint Kapitän Inch ein Sonderexerzieren verordnet zu haben.« Er lächelte, aber fast unmerklich. »Eben ein echtes Flaggschiff.«
    Dann ging er nach achtern und warf einen Blick auf den Kompaß und die Schiefertafel darüber.
    Pascoe entging es nicht, daß Steuermann und Rudergänger sich in Emes’ Gegenwart versteiften, als rechnten sie mit einem Anpfiff von ihm.
    Das konnte er nicht begreifen. Sie fürchteten sich buchstäblich vor dem Kommandanten, obwohl Emes bisher wenig oder gar nichts getan hatte, was diese Furcht gerechtfertigt hätte. In Fragen der Disziplin war er eisern, aber nicht so ungerecht wie manche Kommandanten, die drakonische Prügelstrafen verhängten. Auch hatte er nicht viel Geduld mit seinen Untergebenen, schmähte sie aber nie in Gegenwart anderer. Woran lag es also? fragte sich Pascoe. Emes war ein eiskalter, verschlossener Charakter, der von seinem Standpunkt kein Jota abgewichen war, auch nicht vor seinem Admiral und dem drohenden Schatten des Kriegsgerichts.
    Jetzt schritt der Kommandant quer über das Deck und starrte auf die See und die Nebelschwaden hinaus. Es nieselte, und von Stagen, Wanten und Segeln fielen Tropfen.
    »Hat Mr. Kincade heute alle Karronaden inspiziert, Mr. Pascoe?«
    Kincade war Artillerieoffizier der
Phalarope
,
ein wortkarger, verbitterter Mann, der seinen gedrungenen Kanonen mehr Zuneigung entgegenzubringen schien als den Menschen.
    »Aye, Sir. Sie werden ein kräftiges Wort mitzureden haben.«
    »Tatsächlich?« Emes musterte ihn kalt. »Sie können es wohl kaum erwarten, wie?«
    Pascoe errötete. »Alles besser als diese Untätigkeit, Sir.« Zögernd rief der Midshipman der Wache:
»Rapi
d
kommt luvwärts in Sicht, Sir.«
    »Ich gehe unter Deck«, blaffte Emes. »Rufen Sie mich, ehe Sie Segel wegnehmen lassen, und achten Sie auf korrekten Abstand zum Flaggschiff.« Ohne auch nur einen Blick auf die verschwommene Silhouette von
Rapi
d
zu werfen, schritt er zum Niedergang.
    Pascoe entspannte sich. War auch das nur Schauspielerei, fragte er sich, daß Emes nicht einmal einen Blick für die der Küste zustrebende
Rapi
d
übrig hatte? Oder daß er es stur abgelehnt hatte, an den Karronaden exerzieren zu lassen, obwohl er sah, daß auf dem Flaggschiff den ganzen Tag lang geübt wurde?
    Der Master, ein hagerer, melancholischer Mann, der sich von Emes absichtlich ferngehalten hatte, kam jetzt aufs Achterdeck gestiegen und warf einen Blick auf den Steckkompaß.
    »Was halten Sie vom Wetter, Mr. Bellis?« erkundigte sich Pascoe.
    Bellis verzog das

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