Admiral Bolithos Erbe
Gesicht. »Wird sich verschlechtern, Sir. Das spüre ich in den Knochen.« Dann legte er den Kopf schräg. »Hören Sie sich bloß die Musik an.«
Pascoes auf dem Rücken verschränkte Hände verkrampften sich. Er hatte das Geräusch der Pumpen schon gehört, sie arbeiteten jetzt während jeder Wache. Vielleicht stimmte es ja, was über das alte Schiff gesagt wurde. Jedenfalls war die Biskaya Gift für ihre schlecht kalfaterten Plankenstöße.
Für den Master war das Wasser auf seine Mühle. »Sie hat eben zu lange im Hafen gelegen, Sir, es ist ein Kreuz mit ihr. Und im Hafen hätte sie bleiben sollen. Ich halte jede Wette, daß sie am Kiel so morsch ist wie ‘ne überreife Birne – ganz egal, was die Werft behauptet hat.«
Pascoe wandte sich ab. »Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen, Mr. Bellis.«
Der Master grinste. »Jederzeit zu Ihren Diensten, Sir.«
Durchs Fernrohr sah Pascoe der kleinen Brigg nach, die im grauen Seenebel fast schon verschwunden war. Er hatte die Kopie ihrer Einsatzbefehle gelesen und konnte sich gut vorstellen, wie Browne sich auf das Bevorstehende vorbereitete. Pascoe schauderte es. In dieser Nacht… Sein größter Wunsch war, an Brownes Seite zu sein. Aber dann rief er sich ärgerlich zur Ordnung. Wurde auch er jetzt der alten Fregatte untreu wie Bellis und manche der dienstälteren Leute an Bord?
Phalarop
e
war einst ein stolzes Schiff gewesen. Genau hier, auf ihrem Achterdeck, hatte schon sein Onkel gestanden. Trotzdem – ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, er wußte nicht, warum.
Doch, er wußte es. Hier mußte Bolitho auch die Annäherung der anderen Fregatte beobachtet haben: der
Andiron
,
die unter britischer Flagge fuhr, in Wirklichkeit aber ein den Briten weggenommener Freibeuter der Amerikaner war.
Unter dem Befehl meines Vaters, dachte Pascoe.
Er blickte übers Batteriedeck nach vorn. Herrick, Allday und der arme Neale waren hier auf und ab gegangen, auch Bolithos alter Steward Ferguson, der beim Kampf auf dem Vorschiff einen Arm verloren hatte.
Und jetzt stand er selber da. Als hätte er den Platz von seinem Onkel geerbt. Pascoe lächelte verlegen, aber ihm war etwas leichter zumute.
Leutnant Browne umklammerte jetzt schon so lange das Dollbord des kleinen Beiboots, daß sich seine Hand wie abgestorben anfühlte. Seit sie vom schützenden Rumpf der Brigg abgelegt hatten, war er von Zweifeln und Augenblicken nackter Angst gequält worden.
Die dick umwickelten Riemen hoben und senkten sich weiter gleichmäßig, ein Steuermannsmaat duckte sich neben dem Bootsführer mit dem beleuchteten Kompaß, den eine Persenning abdeckte.
Leutnant Searle ergriff das Wort. »Wenn meine Berechnungen stimmen, sollten wir jetzt nahe dran sein. Aber nach dem, was ich sehe, könnten wir genausogut auf China zuhalten.«
Immer wieder spähte Browne mit salzgeröteten Augen von links nach rechts. Einmal spürte er, wie das Boot in einer unvermuteten Querströmung versetzt wurde und gierte, und hörte den Maat neue Anweisungen für den Bootsführer murmeln.
Lange konnte es nicht mehr dauern. An Steuerbord ragte plötzlich aus der schwarzen Nacht eine noch schwärzere Felsnadel auf und blieb achteraus zurück; nur das veränderte Brandungsgeräusch hatte sie angekündigt.
Am Himmel zeigte sich kein Lichtschimmer.
Neben ihm erstarrte Searle plötzlich, und Browne fürchtete einen entsetzlichen Moment lang, er hätte ein französisches Wachboot entdeckt.
Aber Searle rief gedämpft: »Seht mal da! An Backbord voraus!« Aufgeregt packte er Brownes Arm. »Erstklassige Arbeit, Oliver!«
Browne wollte schlucken, aber sein Mund war wie ausgetrocknet. Er spähte scharf in die Finsternis, bis er glaubte, die Augen müßten ihm aus den Höhlen fallen.
Aber es stimmte. Vor ihnen lag der halbmondförmige Strand, erkenntlich an der langen hellen Brandungskurve.
Ruhig bleiben, sagte er sich. Es konnte immer noch ein Irrtum sein. Der Felsen, an den er sich so gut zu erinnern glaubte, mochte aus diesem Blickwinkel ganz anders aussehen.
»Langsam jetzt! Riemen an!«
Die Restfahrt schob das Boot weiter, bis es mit einem Poltern und Knirschen auf den Strand auflief, das in ihren Ohren unerträglich laut klang. Browne fiel fast um, als einige Seeleute ins seichte Wasser sprangen, um das Boot höher auf den Sand zu ziehen. Searle paßte auf, daß die kleine Gruppe von sechs Männern wohlbehalten den Strand erreichte. »Haltet das Pulver trocken«, mahnte er heiser. »Nicholl, du läufst als
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