Admiral Bolithos Erbe
Land her mit ihren ersten Strahlen nach ihnen, während Morgennebel und Holzrauch wie tiefhängende Wolken dicht über das Wasser drifteten.
Vor ihnen lagen die verankerten Schiffe der Invasionsflotte. Einen Augenblick glaubte Bolitho, das schwache Frühlicht spiele ihm einen Streich; er wollte seinen Augen nicht trauen. Während er etwa hundert Landungsfahrzeuge erwartet hatte, lagen vor ihm nun mindestens dreimal soviel, jeweils zu zweit oder zu dritt so verankert, daß sie den Knick der Bucht ausfüllten wie eine schwimmende Stadt.
In ihrer Nähe ankerte ein mittelgroßes Kriegsschiff; im Fernrohr erkannte Bolitho, daß es sich um ein verkürztes Linienschiff handelte. Er spähte so angestrengt hinüber, daß das Blut in seinen Augäpfeln zu pochen begann.
Aus der Ferne schienen die dicht an dicht gepackten Fahrzeuge friedlich dazuliegen, aber Bolitho konnte sich die Panik vorstellen, die von der zielstrebig heransegelnden
Odi
n
ausgelöst wurde. Das Unmögliche war eingetreten: Ein feindliches Schiff befand sich mitten unter ihnen!
»
Phalarop
e
ist in Position, Sir«, meldete Inch.
Bolitho schwenkte das Glas, bis er die Fregatte einfing, die ihre Karronaden schon ausgefahren hatte: eine lange schwarze Reihe häßlicher, kurzer, dicker Rohre. Er glaubte, Pascoe auf dem Achterdeck zu erkennen, war sich aber nicht sicher.
»Signal an
Phalarope
:
› Achteraus vom Flaggschiff auf Position gehen!‹«
Ohne sich von den bunten Flaggen ablenken zu lassen, die hastig zur Signalrah aufstiegen, konzentrierte er sich wieder ganz auf den Feind.
Von fern scholl ein klagender Trompetenstoß herüber, und kurz danach rannte das Wachschiff die Kanonen aus, machte aber keinen Versuch, den Anker zu lichten und Segel zu setzen.
Inch vergaß sich vor Erregung und packte Bolithos Arm; er deutete zum Land.
»Da sehen Sie, Sir! Der Turm!«
Bolitho stellte sein Teleskop auf den Turm ein, der wie ein einzelner Wachtposten auf dem Hügelkamm aufragte. Über seiner Mauerkrone fuchtelten wild die Metallarme des Semaphors – ein weithin sichtbarer Hilferuf.
Doch wenn es Browne gelungen war, den anschließenden Telegraphen auf dem Kirchturm zu zerstören, dann würde niemand diese Signale empfangen und an Rémonds Geschwader weiterleiten können. Wenn der Alarm andererseits in die Gegenrichtung weitergegeben wurde, die ganze Strecke entlang bis Lorient, dann war es zu spät, die Invasionsflotte noch zu retten.
Odin
s
Klüverbaum glitt am einen Ende der verankerten Reihen vorbei, die etwa eine halbe Meile voraus eine undurchdringliche Barriere bildeten.
Pulverdampf stieg vom Wachschiff auf, und dann verriet rollender Kanonendonner, daß die Franzosen nun hellwach geworden waren.
Einzelne Kugeln warfen querab von
Odi
n
hohe Gischtfontänen auf, bewirkten aber nichts weiter als Hohn- und Spottgeschrei in den Batteriedecks.
Graham wandte kein Auge von Inch, der seinen Säbel jetzt langsam über den Kopf hob.
»Bei der Aufwärtsbewegung! Zielt genau, Leute!«
Eine Bö griff in die oberen Segel von
Odi
n
und drückte das Schiff noch stärker nach Lee, so daß sein Kupferbeschlag sichtbar wurde. Darauf hatte Inch nur gewartet. Sein Säbel zischte nieder.
Ein Midshipman, der sich in die offene Luke zum unteren Batteriedeck geklemmt hatte, schrie: »Feuer!«
Aber seine schrille Stimme ging unter im betäubenden Aufbrüllen der Achtzehnpfünder des Hauptdecks.
Bolitho beobachtete die Einschläge, die zwischen und hinter den verankerten Landungsbooten lagen. Die Gischtsäulen sanken noch zusammen, da sandten auch die Zweiunddreißigpfünder des unteren Batteriedecks ihr tödliches Eisen donnernd hinüber. Zerrissene Planken und ganze Deckstücke wirbelten durch die Luft, und als sich der Pulverrauch hob, wurde erkennbar, daß einige der kleineren Fahrzeuge schon schwere Schlagseite hatten. Rettungsboote pullten verzweifelt von ihnen weg. Aber auf einigen der näher an Land verankerten Boote hatten die Mannschaften schon die Trossen gekappt und versuchten freizukommen.
»Ausrennen!«
Wieder knarrten und quietschten die Lafetten das ansteigende Deck hinauf und schoben die Rohre durch die Stückpforten ins Freie.
»Klar zum Einzelfeuer!«
Wieder fuhr Inchs Säbel nach unten. »Feuer!«
Diesmal lagen Pausen zwischen den einzelnen Abschüssen, denn jeder Stückmeister faßte erst genau sein Ziel auf, ehe er an der Abzugsleine riß.
Auf dem französischen Wachschiff entfalteten sich die Brams egel, aber es hatte zwei abtreibende
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