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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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erwürgt hätte, bevor ihn die anderen unschädlich machen konnten.
    Der Soldat hatte das Medaillon mit seinem Bajonett aufgebrochen und blöde der Haarlocke nachgestarrt, die herausgefallen war und durch die offene Tür davonwehte.
    Aber das Medaillon war aus Gold, das schien ihn zufriedenzustellen. Zum Glück ahnte er nicht, was es für Bolitho bedeutete: Es war ein Geschenk Cheyneys, seiner verstorbenen ersten Frau, das sie ihm zusammen mit einer Locke ihres Haars bei ihrem letzten Abschied gegeben hatte.
    Da er weder eine Uhr noch Gefährten besaß, verlor er bald jedes Zeitgefühl, jedes Empfinden für die Vorgänge jenseits der Zellenmauern. Als er auf den Hof geführt wurde und die Kutsche warten sah, war er dankbar. Das neue Gefängnis mochte schlimmer sein, ihn vielleicht sogar mit einem Exekutionskommando empfangen – aber wenigstens war die Zeit des Wartens endlich vorbei.
    In der verhängten Kutsche stieß er auf seine Gefährten von der
Styx
.
Das war für alle eine bewegende Überraschung. Als die Kutsche anrollte und die Eskorte sich hinter ihr formierte, schüttelten sie einander die Hände, musterten wortlos die Gesichter der anderen in dem spärlichen Licht, das durch die Blenden fiel.
    Schließlich sagte Bolitho: »Daß Sie hier sind, ist meine Schuld. Hätte ich den Franzosen mein Ehrenwort gegeben, wären Sie vielleicht in die Heimat entlassen worden. Aber nun«, er zuckte die Achseln, »sind Sie genauso Kriegsgefangene wie ich.«
    Allday schien sich darüber zu freuen; oder war es Erleichterung, Bolitho noch am Leben zu finden?
    »Bei Gott, Sir«, explodierte er, »ich bin froh, daß wir das Gesindel los sind!« Er hob die großen Fäuste und schüttelte sie dr ohend. »Noch ein paar Tage bei diesen Laffen, und ich hätte ihnen eine gelangt!«
    Neale, der zwischen Browne und Allday lehnte, von ihnen ge-. stützt, ergriff Bolithos Hand. Er trug einen dicken Kopfverband, und sein Gesicht war totenblaß. »Wieder beisammen«, flüsterte er. »Jetzt werden wir’s ihnen zeigen.«
    Leise sagte Allday: »Er gibt sein Bestes, Sir.« Traurig wiegte er den Kopf.
    Browne berichtete: »Ich wurde von zwei französischen Offizieren vernommen, Sir. Sie fragten mich nach Ihnen aus. Später hörte ich sie über Sie sprechen und merkte, daß sie sich Ihretwegen Sorgen machten.«
    Bolitho nickte. »Sie gaben aber nicht zu erkennen, daß Sie gut französisch sprechen?«
    Browne lächelte nur, und Bolitho erinnerte sich wieder an die anderweitigen Qualitäten seines Adjutanten. Immerhin ein Punkt zu ihren Gunsten.
    Die Kutsche wurde schneller, so daß Browne sich an einem Gurt festhalten mußte. »Es war die Rede davon, daß noch mehr Landungsfahrzeuge nach Lorient und Brest abgestellt werden sollen. Offenbar handelt es sich um zwei verschiedene Bootstypen. Einmal sprachen sie von einer
chaloup
e
d
e
cannonie
re
,
ein andermal von einem kleineren Boot, einer
peniche
.
Wie es sich anhörte, bauen sie Hunderte davon.«
    Bolitho entdeckte, daß er diese Informationen mit kühlem Kopf in seine Überlegungen einbeziehen konnte. Die lange Einzelhaft hatte möglicherweise eine n Haß in ihm geweckt, der ihm jetzt half, eiskalt einen Gegenschlag zu planen.
    Er sah Neale haltlos in Alldays stützendem Arm hin und her schwanken. Sein Hemd stand bis zum Gürtel offen und enthüllte Kratzspuren auf der Brust, wo ihm offenbar jemand das Medaillon heruntergerissen hatte, das Neale immer getragen hatte: mit einem Bild seiner Mutter. Der Ärmste war nur noch ein Schatten seiner selbst. Womit beschäftigte sich sein verwirrter Geist? Mit seiner geliebten
Styx
,
mit zu Hause oder mit dem Schicksal seines Ersten Offiziers, des schweigsamen Mr. Pickthorn, der ihm gedient hatte wie ein verlängerter Arm?
    Wenn ich mich anders entschieden hätte, läge Neale jetzt gut versorgt im Hospital, dachte Bolitho.
    Sie verbrachten die Fahrt vor sich hin dösend, schreckten aber immer wieder auf, um sich zu vergewissern, daß sie wirklich wi eder alle vereint waren und das Wiedersehen nicht nur geträumt hatten. Ohne zu wissen, wohin die Reise ging oder wo sie waren, ertrugen sie die drückende Hitze in der halbdunklen, ungelüfteten Kutsche.
    Mehrmals wurde ein Halt eingelegt, die Pferde wurden getränkt oder gewechselt, auch schob man ihnen Brot und Wein ins Innere, ohne sie auch nur eines Blickes oder eines Wortes zu würdigen. Stets ging es so schnell wie möglich wieder weiter.
    »Wenn man uns abermals trennt, müssen wir versuchen,

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