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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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zuließen. Halb betäubt sah er, daß sich das Orlopdeck mit Rauch und Lärm füllte.
    Der Rumpf erbebte in allen Verbänden, als oben Stengen und Spieren zu Bruch gingen und aufs Deck krachten. Dann ein dumpfer Schlag, als sei eine Kanone umgestürzt. Stimmen überbrüllten das Getöse, verwandelten sich aber in jämmerliche Schmerzensschreie, als eine zweite Breitseite – nur wenige Minuten nach der ersten – in den Rumpf krachte.
    Im Rauch nur schlecht auszumachen, rutschten und hangelten sich Gestalten den Niedergang herunter; andere wurden rücksichtslos in den Lichtkreis der Laternen gezerrt. Die Arzthelfer erwachten zu fieberhafter Tätigkeit, als hätte der Blutgeruch sie aus ihre Trance gerissen.
    Wieder legte sich das Deck ruckartig über: Die Franzosen erwiderten das Feuer. Noch einmal schlugen Kugeln ein, diesmal tiefer im Rumpf, und bald daraufhörte Bolitho das Quietschen der ersten Lenzpumpe.
    Über dem Operationstisch hob und senkte sich ruckartig der Schatten des Chirurgen, das Lampenlicht reflektierte kurz von einer Messerschneide, dann von einem Sägeblatt. Unter seinen Händen wand sich eine nackte Gestalt, wurde aber von den Arzthelfern mit Aufbietung aller Kräfte niedergehalten.
    Dann stürzte ein Mann aus dem Kreis um den Tisch und warf den amputierten Arm in einen abseits stehenden Eimer, als sei er ein Stück Abfall.
    Wieder wurden schluchzende, schreiende Männer mit Gewalt ins Lazarett gezerrt oder getragen. Bolitho verlor jedes Zeitgefühl, selbst das frühe Morgenlicht verblaßte im Rauch und Dampf der Schlacht.
    Die Kanonen schossen jetzt weniger systematisch, die Detonationen wirkten jedoch noch lauter; Bolitho folgerte daraus, daß der Gegner sehr nahe gekommen war und das Krachen zwischen den beiden Bordwänden widerhallte. Das Gefecht hatte eskaliert; bald mußte das Ende kommen.
    Gebannt, mit schreckgeweiteten Augen, starrte Browne zu dem wie wahnsinnig arbeitenden Arzt hinüber. Er war kein junger Mann mehr, bewegte sich aber mit unglaublicher Energie. Er schnitt, sägte, nähte und winkte nach dem nächsten Verwundeten mit solcher Hast, daß ihn nicht einmal der Einschlag feindlicher Kanonenkugeln ablenken konnte. Seine Unterarme und die Schürze glänzten grellrot. Es war ein Bild des Grauens.
    Gepreßt sagte Browne: »Allmächtiger Vater, gib, daß ich an Deck sterbe, wenn es soweit ist, und nicht in diesem Schlachthaus!«
    Ein Chor warnender Schreie, dann atemberaubende Stille – und schließlich ein scheinbar endloser Donnerschlag: Ein ganzer Mast kam von oben und stürzte aufs Deck. Das Schiff bockte, als wolle es die tote Last abschütteln; Bolitho hörte Äxte auf das Gewirr der Wanten, Stage und Spieren einbauen, dann das schärfere Knattern von Gewehrfeuer und das Kläffen der Drehbassen.
    »Nahkampf!« stieß er hervor. »Sie müssen gleich kommen.« Wieder schrillten Schreie durch das Inferno, weitere Wrackteile polterten oben aufs Hauptdeck, und Bolitho wurde vom Scheuern und Klappern der gebrochenen Takelage an die letzten Augenblicke der
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erinnert.
    Wild um sich schlagend, fuhr Neale auf seiner Koje hoch und schrie: »Her zu mir, Leute! Haltet euch tapfer!« Blindlings holte er nach dem herbeieilenden Allday aus, aber der Schlag war so schwach wie der eines Kindes.
    Allday knurrte: »Ich bringe Sie jetzt hier raus, Käpt’n. Also seien Sie ein artiger Junge.«
    Im Zwielicht beugte er sich über zwei verwundete Seeleute, die von den Arztgehilfen bisher übersehen worden waren, und rollte den einen auf den Rücken. Aus der Kehle des Franzosen ragte ein Holzsplitter, so groß wie ein Seitengewehr, und der Mann starrte in qualvoller, stummer Agonie zu Allday empor. Mit rasselndem Atem sah er zu, als dieser ihm das Entermesser unter dem Gürtel hervorzog und es an sich nahm. Sein Kamerad war schon tot und außerdem unbewaffnet. Allday wandte sich von ihm ab und kehrte zu Bolitho zurück; er begann, mit der Spitze des Entermessers das Holz zu bearbeiten, in dem die Ringbolzen von Bolithos Fesseln saßen.
    Begleitet von verwirrten und erschreckten Rufen, kamen weitere Verwundete herunter, aber diesmal wurden sie vorsichtiger behandelt. Bolitho erkannte einen abgewinkelten Arm, einen größer werdenden, dunkel glänzenden Fleck auf der Brust eines Mannes, dem ein schweres Kaliber zwischen die Rippen gefahren war, und er sah auch die Goldepauletten des Kommandanten funkeln.
    Hinter ihm kletterten zwei Soldaten die Leiter herunter; Bolitho identifizierte ihre

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