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Admiral

Admiral

Titel: Admiral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Hund«, aber es war halbherzig, und Admiral ignorierte sie.
    Die kühlen grünen Augen richteten sich wieder auf sie. »Und ich will nicht, dass er seine eigene« – sie suchte nach dem rechten Wort, probierte in Gedanken diverse Euphemismen und gab schließlich auf – »Scheiße frisst.«
    Wieder ein Schulterzucken.
    »Ich meine es ernst. Haben Sie mich verstanden?«
    Nisha konnte es sich nicht verkneifen. Dann gab sie eben Widerworte – na und? »Admiral hat das aber immer gemacht«, sagte sie. »Vielleicht wussten Sie das nicht.«
    Gretchen winkte ab. »Aber dieser Admiral«, sagte sie, »wird es nicht tun. Nicht wahr?«
    Im Lauf der nächsten beiden Wochen, während der Sommer eine Reihe wolkenloser, hochgewölbter Tage brachte und Admiral beständig wuchs und das Versprechen seiner Glieder einlöste, war Erhard regelmäßig zu Gast im Haus. Jeden Morgen, wenn Nisha, den Hund an der Leine, durch das Tor trat, wartete er auf sie, strahlend, groß und schön, mit einem Scherz auf den Lippen und immer einem Leckerbissen für Admiral in der einen oder anderen Tasche. Der Hund liebte ihn abgöttisch. War geradezu verrückt nach ihm. Sprang auf und ab, drehte sich im Kreis, wühlte mit der Schnauze in Ärmeln und Taschen, bis er seine Belohnung gefunden hatte, und warf sich dann in einer Geste lustvoller Unterwerfung auf den Rücken. Dann gingen sie in den Hundepark, und anstatt, eingesponnen in sich selbst, dazusitzen, hatte sie Erhard, der sie unterhielt, sich an sie lehnte, so dass sie seine Wärme durch die dünne Baumwolle seines Hemds spürte, der sie küsste und später, nach dem Mittagessen und einer steigenden Flut von Bier, auf dem Diwan im kühlen Schatten des Poolhauses mit ihr schlief. Nachmittags schwammen sie – die fünf Pfund, die sie zugenommen hatte, störten ihn gar nicht; im Gegenteil: Er machte ihr Komplimente darüber –, und manchmal gesellte sich Frankie zu ihnen, zog ihre Dienstmädchentracht aus und einen weißen Bikini an, schwamm auf dem Rücken wild rudernd ein paar Bahnen und wurde mit einer Flasche Bier belohnt, denn auch sie gehörte zur Familie: Mama, Papa und Tante Frankie, allesamt nur dazu da, dem kleinen Admiral unter den Augen der gütig strahlenden Sonne die bestmögliche Pflege angedeihen zu lassen.
    Nisha war nicht dumm. Sie wusste, dass eine Hand die andere wusch und dass Erhard ein Ziel verfolgte, aber sie hatte es nicht eilig, sie hatte in nichts eingewilligt, und wenn sie auf dem Diwan lag und mit den Händen über seinen Rücken strich, ihn schmeckte, ihn trank, ihn in sich aufnahm, verspürte sie zum erstenmal, seit sie nach Hause zurückgekehrt war, Hoffnung, echte Hoffnung. Schließlich war es soweit, dass sie sich auf jeden Tag freute, selbst morgens, obwohl ihr früher alles gerade morgens besonders schwer geworden war, wenn ihr Vater zur Arbeit trottete und sie ihrer geisterhaften Mutter das Tablett hinaufbringen musste und das ganze Haus wie ein ausgehobenes Grab war, denn jetzt hatte sie Admiral, jetzt hatte sie Erhard, jetzt konnte sie alles mit einem Schulterzucken ertragen. Ja. Genau. So war es. Bis zu dem Tag, an dem er die Karten auf den Tisch legte.
    Wolkenloser Himmel, strahlende Sonne, alles in voller Blüte. Sie ging zur festgesetzten Zeit mit Admiral an der Leine zum Tor, öffnete es, und da war er – aber diesmal war er nicht allein. Neben ihm zerrte ein schlaksiger Afghanenwelpe an der Leine, der Admirals Zwilling hätte sein können, und obgleich sie von Anfang an gewusst hatte, was kam, war sie wie vom Donner gerührt. »Du lieber Himmel«, sagte sie, während Admiral losrannte und die beiden Hunde in einem Durcheinander aus Beinen und Leinen um sie herumwirbelten, »wie hast du das..? Ich meine, er ist genau, er ist absolut –«
    »Das ist ja der Sinn der Sache, oder?«
    »Aber wo hast du ihn aufgetrieben?«
    Erhard sah sie taxierend an und dann an ihr vorbei die Straße hinunter. »Lass uns reingehen, ja? Ich will nicht, dass man uns hier sieht – nicht direkt vor dem Haus.«
    Er hatte sie noch nicht überredet, noch nicht, eigentlich nicht, doch jetzt, da es soweit war, gab sie einfach den Code ein und hielt ihm das Tor auf. Was er vorhatte, was er, mit ihrem stillschweigenden Einverständnis, tun wollte, war, die Hunde zu vertauschen – nur für einen, höchstens zwei Tage, als Experiment. Er war überzeugt, dass die Strikers es nicht merken würden, dass sie arrogante Vertreter einer dekadenten Bourgeoisie waren, die so weit gingen,

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