Adobe Air (wiwobooks.com Release)
»Kompilieren oder interpretieren?«). Davon wird in diesem Kapitel später noch die Rede sein.
Abstraktion und Wiederverwertbarkeit
Die Einführung weiterer Schichten ist aber nicht nur hinsichtlich der Plattformunabhängigkeit interessant, sondern auch wegen der Wiederverwertbarkeit von Programmcode, denn eine oder mehrere Abstraktionsschichten zwischen Maschinencode und Programmierlogik ermöglichen in der Regel auch eine bessere Abstraktion des Quelltextes. Wird in Maschinencode programmiert, so muss u.a. die Speicherverwaltung, also die Bereitstellung, Nutzung und Bereinigung von Arbeitsspeicher zur Ausführung des Programms, berücksichtigt werden. Bei mehrschichtigen oder mehrphasigen Entwurfsszenarios hingegen werden solche eher einer Hardwareebene zuzuordnenden Aufgaben gerne der Laufzeitumgebung überlassen. Programmteile können so besser abstrahiert, gekapselt und letztlich an anderer Stelle wiederverwendet werden.
Der Haken bei der Sache mit den Laufzeitumgebungen ist: Es wird dem Benutzer zugemutet, sich die passende Laufzeitumgebung im Vorhinein zu installieren, was ziemlich mühsam sein kann: Während beispielsweise die Java-Laufzeitumgebung JRE (Java Runtime Environment, Version 6) mit je nach Plattform zwischen 15 und 21 MB vergleichsweise schlank daherkommt, beläuft sich die Größe der Download-Datei für Microsofts .NET-Laufzeitumgebung (Version 3.5) auf satte 197 MB. Allerdings dürften Sie, wenn Sie Windows-Benutzer sind, es bereits gewohnt sein, dass Microsoft verschwenderisch mit Ihren Ressourcen umgeht.
1.2.6 Webbrowser als Laufzeitumgebung
Dem gegenüber, also auf der anderen Seite des Spektrums der Softwareentwicklung, steht die Webentwicklung. Der Webbrowser steht dem durchschnittlichen Internetbenutzer so selbstverständlich als plattformunabhängiges Mittel zur Verfügung, dass er sich der Frage nach der Plattformunabhängigkeit in der Regel gar nicht bewusst ist.
Webbrowser interpretieren
Dabei ist der Webbrowser interpretierend, nicht übersetzend tätig. Dadurch ist es dem Browser möglich, mithilfe vergleichsweise einfacher Auszeichnungs- und Skriptsprachen den Inhalt »on the fly«, also spontan und dynamisch zu interpretieren: Ein Browser zeigt von sich aus kein Warnfenster an, wenn eine Website mit fehlerhafter HTML-, CSS- oder JavaScript-Syntax daherkommt, sondern versucht dynamisch, die ihm verständlichen Anweisungen umzusetzen.
Eine gewisse Unschärfe in der Umsetzung war dabei bei den Machern des World Wide Web offenbar kalkuliert: Auch heute noch, zu Zeiten des standardkonformen Webdesigns, verfügen die meisten Browser über einen Standardkonformitäts- und einen Kompatibilitätsmodus. In letzterem werden syntaktische Mängel bewusst etwas freier interpretiert – mit durchaus stark unterschiedlichen Auswirkungen. Starten Sie einmal eine Blitzumfrage in Ihrem Bekanntenkreis, und Sie werden überrascht sein, wie wenige Ihrer Bekannten sich der Tatsache bewusst sind, dass Internetinhalte anders aussehen könnten, als sie sie auf ihrem Computer (bzw. in ihrem Browser) sehen. Für einen Webbrowser gelten hinsichtlich seiner Verwendung als Laufzeitumgebung andere Spielregeln als für eine Laufzeitumgebung für Desktopanwendungen.
Plattformunabhängigkeit von Webinhalten
Wir erinnern uns: Eines der wichtigsten Ziele des WWW war es, Mittel für den möglichst effizienten Austausch von Informationen bereitzustellen. Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Buch nicht lesen würden, wenn Sie nicht bereits die Erfahrung gemacht hätten, dass Internetinhalte mit wenig Wissenshintergrund über Programmierung und Programmiersprachen erstellbar sind und der Lernaufwand für die grundlegenden Webtechnologien vergleichsweise gering ist.
Außerdem ist ein Webbrowser derart ubiquitär, dass Sie mit Sicherheit davon ausgehen können, dass auf einem Computer, der in den letzten zehn Jahren gebaut bzw. zusammengesteckt und mit einem Betriebssystem versehen wurde, irgendeine Form eines Webbrowsers vorhanden ist und daher HTML-Inhalte unabhängig von Plattform oder Betriebssystem angezeigt werden können. Daher ist die Verwendung der einfachen Webtechnologien wie HTML gleichermaßen naheliegend wie unkompliziert. Webbrowser erfüllen also das Versprechen des Internets der quasi unbeschränkten Verfügbarkeit von Informationen.
Dabei greifen Erwägungen der Leistungsfähigkeit und der Sicherheit durchaus ineinander: Wissen wir bei Desktopanwendungen in der Regel über den Urheber des
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