Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
Krücken nahm und vorsichtig auf die Straße trat.
»Mensch, Jeane, kannst du nicht einmal im Leben vernünftig sein? Ich habe dich vom Rad geschmissen und meinen Eltern versprochen, dass ich dich zur Schule und zurück fahre, und das werde ich auch tun.«
»Mensch, Michael, das mit dem Vernünftigsein, das kannst du vollkommen vergessen. Es passt nicht zu mir, und was du deinen Eltern versprochen hast, ist nicht mein Problem. Geh morgenseinfach etwas früher aus dem Haus und komm dann eben nicht hierher, um mich aufzusammeln. Es wird unser kleines Geheimnis bleiben.«
Es hatte keinen Sinn, sich mit mir zu streiten. Das hatten schon ganz andere als Michael Lee probiert und waren dabei dramatisch gescheitert. »Also gut«, seufzte er. »Also gut. Und ich hoffe, dass du keinen Sitzplatz im Bus bekommst, denn das würde dir recht geschehen dafür, dass du so eine dickköpfige, streitsüchtige, dumme Kuh bist.«
»Wie du meinst«, sagte ich gedehnt und wünschte mir, einfach so davonrauschen zu können, aber ich war nur in der Lage, mich zwar hochnäsig, aber mühsam humpelnd auf den Krücken davonzuschleppen – was irgendwie nur halb so viel Stil hatte.
10
Ich könnte einfach behaupten, mein Leben sei wieder zur Normalität zurückgekehrt, nachdem Scarlett und ich uns getrennt hatten, aber das zu behaupten, wäre gelogen. Mein Leben war nicht normal. Es war alles total durcheinander.
Fürs Erste wussten alle, dass ich sitzen gelassen worden war – auch wenn nicht jeder die schmerzlichen und demütigenden Umstände kannte.
Es war auch allen klar, dass Barney und Scarlett zusammen waren, denn sie hielten bei jeder sich bietenden Gelegenheit Händchen. Es war also kein Wunder, dass ich überall von einem lauten Flüstern verfolgt wurde.
Ich machte es mir zur Aufgabe, immer »Hallo« zu Barney und Scarlett zu sagen, um zu demonstrieren, dass ich ihnen nichts übel nahm und mit der neuen Situation gut leben konnte. Aber mein Ego war doch angeschlagen, und den größten Teil des Tages verbrachte ich mit einem Grummeln im Magen und dem Gefühl, das ich jetzt irgendwie weniger war als zuvor. Ich war außerdem richtig gereizt.
Meine extreme Reizbarkeit hatte nicht viel mit Barney und Scarlett, dafür aber sehr viel mit Jeane Smith zu tun, denn sie war mir so unter die Haut gegangen wie ein stechender Hitzeschlag.Es tröstete mich ein bisschen zu wissen, dass ich nicht als Einziger auf der Welt sitzen gelassen worden war, und immerhin hatte ich meine Freunde, die mir kumpelhaft auf den Rücken schlugen und sagten: »Es gibt noch viele andere Fische im Meer, Kumpel« und »Ist ihr Pech, Mikey«, und ich bekam Unmengen von SMS von Mädchen, inklusive Heidi, die mir anboten, für mich da zu sein, wenn ich reden wollte.
Aber Jeane … Jeane hatte niemanden, und sie tat mir leid, auch wenn sie gar keine Sympathie verdient hatte, besonders weil sie bei meinem Anblick jedes Mal diese tollpatschige Hundertachtziggraddrehung auf ihren Krücken machte; aber ich konnte einfach sehen, dass sie angeschlagen war.
Erstens trug sie keine Neonmuster mehr – am Mittwoch hatte sie sogar Khaki und Pflaume angehabt (Für mich sah es aus wie Lila, aber im Internet bestand sie auf Pflaume. Nicht, dass ich täglich ihren Blog checken würde, ich kam an diesem Morgen eher zufällig darauf.), was in Jeanes Welt in etwa dem Tragen von Schwarz entsprach. Irgendwie hielt sie sich sogar im Internet ein bisschen zurück.
Statt mit Kuchen beschäftigten sich ihre Tweets jetzt mit den verschiedensten Ungerechtigkeiten gegenüber Mädchen auf der ganzen Welt. Mir war nie klar gewesen, dass Mädchen es so schwer hatten, aber sie wurden gesteinigt und man schüttete ihnen Säure ins Gesicht, bloß weil sie versuchten, eine ordentliche Ausbildung zu machen, und Apotheker in amerikanischen Kleinstädten weigerten sich, ihnen die »Pille danach« zu geben, und als Jeane dann durcheinanderkam und Fotos von ihrem prächtig verfärbten Knöchel in Technicolor-Qualität postete, wirkte das wie eine willkommene Erleichterung.
Dann, am Freitag, fühlte ich mich besser, als ich mich die ganze vergangene Woche gefühlt hatte. Samstagnacht fand eine große Party statt, und ich hatte eine flirtige SMS von der schönen Lucy bekommen, die aufs Mädchengymnasium ging, weil:
Ich will mal double-checken, ob du zu Jimmy K’s Party gehst & U & Scar r over? Ihr Pech, mein Glück!
Die schöne Lucy war heiß, offen, trug keine seltsamen Klamotten, und sie war genau
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