Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
uns über eine japanische Graphic Novel, die wir beide gelesen hatten, mussten aber das Gespräch schon nach einer Minute wieder beenden, weil Scarlett nicht wusste, worüber wir sprachen.
Es war die reinste Qual, und dann trafen auch noch Heidi/Hilda/oder wie auch immer sie hieß und der Rest von Scarletts Freundinnen ein und ließen keinen Zweifel daran, dass sie sich beim Anblick unseres Dreiertrüppchens köstlich amüsierten und wild entschlossen waren, uns möglichst aus nächster Nähe zu beobachten. Das ging mir eindeutig zu weit. Ich riss mich nicht darum, ausgerechnet von der Sorte Leute aus nächster Nähe angeglotzt zu werden, um die ich auf dem Flur normalerweise einen großen Bogen machte.
»Wisst ihr, was, das hier war wirklich sehr nett, aber ich muss jetzt echt noch ein paar Dinge erledigen«, sagte ich, während ich aufstand. Ich verzog mein Gesicht zu einem Lächeln, das sich aber mehr anfühlte wie eine gequälte Fratze. »Danke, dass ich jetzt bei Hollyoaks wieder up to date bin.«
Scarlett reagierte darauf leicht angesäuert, obwohl es sich in meinem Kopf, als ich die Worte geformt hatte, gar nicht so beißend sarkastisch angehört hatte. Ich konnte es jetzt allerdings auch nicht mehr ändern und Barney schien es nicht so tragisch zu nehmen. Er unterhielt sich gerade mit ihrer Freundin Mads, und es wirkte so, als ob es tatsächlich Dinge gäbe, über die sich die beiden unterhalten konnten.
Das ist alles ziemlich seltsam, dachte ich, als ich die Kantine verließ und frontal in Michael Lee rannte. Ich fühlte, dass ich errötete, obwohl ich grundsätzlich, schon aus Prinzip, niemals rot werde. Ich finde, das ist etwas für Leute ohne Rückgrat.
»Oh, hallo«, sagte er überrascht und wurde auch rot. »Wie geht es dir?«
»Mir geht’s gut«, sagte ich, weil diese Barney-ist-tatsächlich-mit-Außerirdischen-befreundet-Sache und der Zusammenstoß mit Michael Lee, der mich natürlich sofort an das Küssen und so erinnerte, auch den letzten kleinen Rest meines Gehirns, der über eine echt schlagfertige Antwort hätte nachdenken können, komplett lahmgelegt hatten. »Eigentlich wollte ich dich ohnehin noch suchen.«
Er wurde ganz steif. Nein, nicht so . Er richtete sich angespannt auf und sah unglücklich und misstrauisch aus, so als ob er denken würde, dass ich es nicht erwarten konnte, wieder und wieder über seinen armen, wehrlosen, unschuldigen Mund herzufallen, was überhaupt nicht der Fall war. »Warum solltest du das tun wollen?«
»Weil ich noch die Krücken in meinem Spind habe, die dein Vater mir geliehen hat.«
Michael seufzte erleichtert. »Ach so, stimmt! Okay! Möchtest du, dass ich sie gleich mitnehme, oder sollen wir bis nach der Schule warten?«
»Wir sollten sie jetzt schnell holen«, entschied ich, denn es waren nur noch zehn Minuten, bis der Nachmittagsunterricht begann, und so würde ich nicht mehr mit ihm rumstehen und mich quälend krampfhaft mit ihm unterhalten müssen. Ich hatte mein Soll an quälend krampfhaften Unterhaltungen für diese Woche erfüllt.
Auf dem Weg zu meinem Spind fiel kein einziges Wort zwischen uns. Michael Lee ging den Flur auf der einen Seite entlang, ich auf der anderen. Dann lehnte er sich lässig an die Wand, während ich meinen Schrank öffnete und mich in Position brachte, um den ganzen Scheiß aufzufangen, der mir immer entgegenfiel. Glücklicherweise war eins von den Dingen, die herausfielen, eine Krücke.
»Eine haben wir, fehlt also jetzt nur noch die zweite«, sagte ich, während er sie aufhob und ich versuchte, die andere Krücke aus dem Spind zu ziehen und gleichzeitig das Herausfallen von Büchern, Tupperdosen und jeder Menge anderem Zeugs zu verhindern.
»Was hast du denn da alles drin?«, fragte Michael und spähte über meine Schulter, um einen Blick zu erhaschen. »Ist das eine ganze Dose Haribo-Mix?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte ich, während ich mit der einen Hand die Krücke herauszerrte und mit der anderen meinen Spind schnell zuknallte. Es war nur noch eine dreiviertelvolle Dose Haribo-Mix. Ich drehte mich um, und Michael stand immer noch dicht hinter mir, sodass wir uns plötzlich ganz dicht gegenüberstanden. Unsere Körper berührten sich fast, zwischen uns war nur ein Paar Krücken, und ich konnte mir plötzlich gar nicht mehr erklären, wie wir uns beim ersten Mal überhaupt hatten küssen können, denn mein Mund war ungefähr auf gleicher Höhe mit der kleinen Vertiefung zwischen seinem obersten Knopf und
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