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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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ein bisschen enger machen, meint sie. Nach meiner Kleidung fragt sie nicht.
    »Warum hast du uns nicht gesagt, dass du kommst?«, fragt sie. »Wir waren ganz krank vor Sorge, vor allem nach diesen
grauslichen Geschichten in der Zeitung.« Sie klingt ähnlich begeistert über die Boulevardpresse wie über einen nassen Fellklumpen auf einem guten Teppich.
    »Aber das ist ja nun zumindest vorbei«, sagt sie streng, als wäre sie entschlossen, einen Schlussstrich unter die ganze Episode zu ziehen. »Natürlich muss ich eine Zeit lang den Bridge-Club meiden, aber ich wage zu behaupten, dass das Ganze schon bald vergessen sein wird. Gwyneth Evals wird sich unerträglich selbstgefällig aufführen, weil sie denkt, dass sie jetzt von der Angel ist. Ihr ältester Sohn Owen ist mit dem Kindermädchen durchgebrannt und hat seine arme Frau mit zwei kleinen Jungen sitzen lassen. Jetzt haben die Damen etwas Neues, worüber sie sich unterhalten können.«
    Mein Vater scheint gar nicht zuzuhören. Er liest ein Buch und hält seine Nase so dicht über die Seiten, als wollte er die Buchstaben inhalieren.
    »Komm, ich will dir den Garten zeigen. Er sieht wundervoll aus. Aber du musst mir versprechen, dass du im Frühling wieder kommst, wenn alles blüht. Wir haben unser eigenes Gewächshaus und ein neues Ziegeldach auf dem Stall. Die ganze Feuchtigkeit ist weg. Erinnerst du dich an den Geruch? Hinter den Wänden haben Ratten genistet. Schrecklich!«
    Sie holt zwei Paar Gummistiefel. »Ich weiß deine Größe nicht mehr.«
    »Die werden schon passen.«
    Sie schickt mich, Dads Regenjacke zu holen, und geht dann die Treppe hinter dem Haus hinunter voran über den Pfad. Der Teich ist zugefroren und hat eine Farbe wie wässrige Suppe, die Landschaft ist perlengrau. Sie weist auf die trockene Steinmauer, die im Laufe meiner Kindheit verfallen war, jetzt aber wieder fest und solide dasteht, zusammengesetzt wie ein dreidimensionales Puzzle. Ein neues Gewächshaus mit Glasscheiben und Rahmen aus frischem Kiefernholz schließt direkt an die Mauer an. Auf Tapeziertischen stehen Pflanzschalen, und
moosbedeckte Keimtöpfe hängen von der Decke. Sie betätigt einen Schalter, und ein feiner feuchter Dunst erfüllt die Luft.
    »Die alten Ställe musst du dir angucken. Wir haben den ganzen Müll wegschaffen lassen. Wir könnten eine Einliegerwohnung daraus machen. Ich zeig es dir.«
    Wir folgen dem Pfad zwischen Gemüsebeet und Obsthain. Mum redet immer noch, aber ich höre nur mit halbem Ohr zu. Ich sehe ihre Kopfhaut unter dem Scheitel ihres grauen Haares.
    »Wie war deine Protestveranstaltung?«, frage ich.
    »Gut. Wir waren mehr als fünfzig Leute.«
    »Worum ging es denn?«
    »Wir wollen diesen scheußlichen Windradpark verhindern. Sie wollen ihn gleich auf der Kuppe da drüben errichten«, sagt sie und deutet in die allgemeine Richtung. »Hast du je eine Windturbine gehört? Der Lärm ist grauenhaft. Rotorblätter kreisen und die Luft schreit vor Schmerz.«
    Sie stellt sich auf Zehenspitzen und tastet über der Stalltür nach dem Schlüssel.
    Meine Brust zieht sich wieder zusammen. »Was hast du gesagt? «
    »Wann?«
    »Gerade eben… ›die Luft schreit vor Schmerz‹.«
    Sie hält den Schlüssel in der Hand, er ist an ein kleines geschnitztes Stück Holz gebunden. Unwillkürlich packe ich ihr Handgelenk, wende ihre Hand und zwinge sie, sie zu öffnen.
    »Von wem hast du das?« Meine Stimme zittert.
    »Joe, du tust mir weh.« Sie betrachtet den Schlüsselring. »Den hat Bobby mir geschenkt, der junge Mann, von dem ich dir erzählt habe. Er hat die Steinmauer ausgebessert und die Scheune mit neuen Ziegeln gedeckt. Er hat das Gewächshaus gebaut und alles gepflanzt. Ein wirklich fleißiger Arbeiter. Er ist mit mir zu der Windkraftanlage gefahren …«
    Einen Moment lang habe ich das Gefühl zu fallen, aber nichts passiert. Es ist, als hätte jemand die Landschaft zur Seite
gekippt und ich würde mich, eine Hand fest am Türrahmen, dagegenlehnen.
    »Wann?«
    »Er hat im Sommer drei Monate bei uns gewohnt – «
    »Wie sah er aus?«
    »Wie soll ich das höflich ausdrücken? Er ist sehr groß, vielleicht ein wenig übergewichtig. Grobschlächtig, aber ungemein reizend. Er wollte nur Unterkunft und Verpflegung.«
    Die Wahrheit ist kein blendendes Licht oder ein Eimer eiskaltes Wasser, den man ins Gesicht geschüttet bekommt. Sie sickert in mein Bewusstsein wie ein Rotweinfleck, der sich auf einem hellen Teppich ausbreitet, oder ein dunkler Schatten

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