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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Willenskraft zwingen, auf Kurs zu bleiben. Es trifft einen Fernsehreporter direkt zwischen die Augen, und Malcolm und ich stöhnen harmonisch auf.

    Mein nächster Schuss landet harmlos auf der Treppe vor dem Gebäude. Malcolm fragt, ob er das Ziel ändern kann. Er will noch mal den Fernsehreporter treffen.
    »Schade, dass wir keine Wasserbomben haben«, sagt er und stützt das Kinn auf ein Knie.
    »Wenn du auf irgendwen auf der Welt eine Wasserbombe werfen könntest, wer wäre das?«
    »Meine Eltern.«
    »Warum?«
    »Ich will nicht noch mal Chemo kriegen. Mir reicht’s.« Er führt das nicht weiter aus, und das ist auch nicht nötig. Es gibt nicht viele Behandlungen mit schlimmeren Nebenwirkungen als Chemotherapie. Das Erbrechen, die Übelkeit, die Verstopfung, die Anämie und die schier überwältigende Erschöpfung können unerträglich sein.
    »Was sagt dein Onkologe?«
    »Er sagt, der Tumor schrumpft.«
    »Das ist gut.«
    Er lacht bitter. »Das haben sie beim letzten Mal auch gesagt. In Wahrheit jagen sie dem Krebs bloß durch meinen ganzen Körper hinterher. Er geht nicht weg. Er findet bloß ein Versteck. Sie sprechen auch nie von Heilung, sie sprechen von Remission. Manchmal reden sie auch gar nicht mit mir, sondern flüstern bloß mit meinen Eltern.« Er beißt sich auf die Unterlippe, und ein rotes Mal entsteht, wo das Blut in die Kerbe fließt.
    »Mom und Dad denken, dass ich Angst vorm Sterben hätte, aber ich habe keine Angst. Sie sollten ein paar von den anderen Kindern hier sehen. Ich hatte wenigstens ein Leben. Noch fünfzig Jahre mehr wären nett, aber ich habe wie gesagt keine Angst.«
    »Wie viele Chemozyklen sind es noch?«
    »Sechs. Und dann warten wir ab und sehen weiter. Ich hab nichts dagegen, dass mir die Haare ausfallen. Eine Menge Fußballer
rasieren sich den Kopf kahl. David Beckham zum Beispiel; er ist ein Wichser, aber ein verdammt guter Spieler. Keine Augenbrauen zu haben ist allerdings ziemlich bitter.«
    »Ich habe gehört, Beckham lässt sich seine zupfen.«
    »Von Posh?«
    »Ja.«
    Das entlockt ihm beinahe ein Lächeln. In der nachfolgenden Stille höre ich Malcolms Zähne klappern.
    »Wenn die Chemo nicht wirkt, werden meine Eltern den Ärzten sagen, sie sollen es weiter versuchen. Sie werden mich nie gehen lassen.«
    »Du bist alt genug, selbst zu entscheiden.«
    »Versuchen Sie mal, denen das zu erklären.«
    »Das mache ich, wenn du es willst.«
    Er schüttelt den Kopf, und ich sehe die Tränen, die ihm in die Augen schießen. Er versucht, sie zu unterdrücken, doch sie quellen in dicken Tropfen unter seinen langen Wimpern hervor, die er mit dem Unterarm wegwischt.
    »Gibt es jemanden, mit dem du reden kannst?«
    »Ich mag eine der Krankenschwestern. Sie war echt nett zu mir.«
    »Ist sie deine Freundin?«
    Er wird rot. Bei seiner Blässe sieht es aus, als würde sein Kopf voll Blut laufen.
    »Warum kommst du nicht mit rein und wir reden drinnen weiter? Ich kann keine Spucke mehr sammeln, wenn ich nicht einen Schluck zu trinken kriege.«
    Er antwortet nicht, aber ich sehe, dass seine Schultern sacken. Er lauscht wieder seinem inneren Dialog.
    »Ich habe eine achtjährige Tochter, die Charlie heißt«, sage ich, um ihn zu halten. »Ich weiß noch, wie wir, als sie vier war, zusammen im Park waren, und auf dem Spielplatz habe ich sie auf der Schaukel angeschubst. Und sie hat zu mir gesagt: ›Daddy, weißt du, wenn man die Augen ganz fest zumacht, bis man
weiße Sterne sieht, und dann hinterher wieder auf, ist die Welt ganz neu.‹ Netter Gedanke, findest du nicht?«
    »Aber es ist nicht wahr.«
    »Es kann wahr sein.«
    »Nur, wenn man so tut als ob.«
    »Warum nicht? Was hält dich davon ab? Die Leute finden es leicht, zynisch und pessimistisch zu sein, dabei ist das unglaublich harte Arbeit. Es ist viel leichter, optimistisch zu sein.«
    »Ich habe einen inoperablen Hirntumor«, sagt er ungläubig.
    »Ja, ich weiß.«
    Ich frage mich, ob meine Worte in Malcolms Ohren genauso hohl klingen wie in meinen. Früher habe ich diesen Kram geglaubt. In zehn Tagen kann sich viel ändern.
    Malcolm unterbricht meine Gedanken. »Sind Sie Arzt?«
    »Psychologe.«
    »Sagen Sie mir noch mal, warum ich herunterkommen soll?«
    »Weil es hier oben kalt ist und gefährlich und ich gesehen habe, wie Menschen aussehen, nachdem sie von hohen Gebäuden gestürzt sind. Komm rein. Zum Aufwärmen.«
    Er blickt auf den Rummel aus Krankenwagen, Feuerwehrautos, Streifenwagen und Fernseh-Übertragungswagen

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