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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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doch das Schweigen ist nicht willkürlich. Es fühlt sich vielmehr so an, als ob jemand den Minutenzeiger der Uhr angehalten hätte.
    »Warum hast du das gesagt?«
    »Was?«
    »›Tod durch tausend Stiche‹?«
    Ein unbewusstes, schiefes Lächeln huscht über sein Gesicht. »Ich will, dass sie so stirbt. Langsam. Schmerzhaft. Von eigener Hand.«
    »Du willst, dass sie sich selbst umbringt?«
    Er antwortet nicht.
    »Stellst du dir manchmal vor, wie sie stirbt?«
    »Ich träume davon.«
    »Was träumst du?«
    »Dass ich dabei bin.«
    Er starrt mich an, seine blassen Augen sind wie bodenlose Tümpel.
    Tod durch tausend Stiche. Die alten Chinesen kannten eine noch wörtlichere Übersetzung: »Eintausend Messer und zehntausend Stücke.«
    Die Frau, die Bobby aus dem Taxi gezerrt hatte, war ungefähr so alt und trug ähnliche Kleidung wie seine Mutter. Außerdem zeigte sie die gleiche Kälte gegenüber ihrem Sohn. Reicht das aus, um seine Handlungen zu erklären? Ich komme der Sache näher. Der Wunsch, Gewalt zu verstehen, ist in sich ebenfalls gewalttätig. Nicht an den weißen Bären denken.
     
    Draußen wartet eine weitere Patientin. Bobby steht langsam auf und geht zur Tür.
    »Wir sehen uns am Montag «, sage ich, den Wochentag betonend. Ich will, dass er es nicht vergisst. Ich will, dass er weiter zu mir kommt.
    Er nickt und streckt die Hand aus, um meine zu schütteln. Das hat er vorher noch nie getan.

    »Mr. Barrett hat gesagt, dass Sie mir helfen wollen.«
    »Ich werde ein psychologisches Gutachten vorbereiten.«
    Er nickt. »Ich bin nicht verrückt, wissen Sie.«
    »Ich weiß.«
    Er tippt sich an den Kopf. »Es war bloß ein dummer Fehler.«
    Dann ist er verschwunden. Meine nächste Patientin, Mrs. Aylmer, nimmt bereits Platz und erzählt mir, wie oft sie die Schlösser kontrolliert, bevor sie ins Bett geht. Ich höre ihr nicht zu. Ich stehe am Fenster und beobachte, wie Bobby auf die Straße tritt und Richtung U-Bahnhof geht. Immer wieder kontrolliert er seine Schritte, um nicht auf die Ritzen zwischen den Gehsteigplatten zu treten.
    Als er eine junge Frau entdeckt, die ihm entgegenkommt, bleibt er stehen. Während sie an ihm vorbeigeht, wendet er den ganzen Körper, um ihr weiter nachzusehen. Einen Moment lang scheint es, als würde er überlegen, ob er ihr folgen soll. Er blickt erst in die eine, dann in die andere Richtung, als stünde er an einer Stoppstraße, bevor er über eine Furche hüpft und weitergeht.
     
    Ich sitze wieder in Jocks Praxis und höre ihm zu, während er meine Testergebnisse herunterleiert, die ich nicht verstehe. Er will, dass ich so bald wie möglich anfange, Medikamente zu nehmen.
    Für Parkinson gibt es keinen definitiven Test. Stattdessen gibt es einen Haufen Spiele und Übungen, anhand derer man den Fortschritt der Krankheit einschätzen kann. Jock drückt auf eine Stoppuhr, während ich auf einem Streifen Klebeband auf dem Fußboden hin und her gehen muss. Anschließend soll ich mit geschlossenen Augen auf einem Bein stehen.
    Als er die bunten Bauklötze auspackt, stöhne ich auf. Ich komme mir so kindisch vor – einen Klotz auf den anderen zu stapeln. Erst benutze ich die rechte, anschließend die linke Hand. Meine linke Hand zittert, als ich anfangen will, doch nachdem ich einen Klotz gepackt habe, ist alles okay.

    Punkte in ein Gittermuster zu setzen, ist schon schwieriger. Ich ziele auf die Mitte der Quadrate, doch der Stift scheint einen eigenen Willen zu haben. Außerdem ist es sowieso ein blöder Test .
    Anschließend erklärt Jock mir, dass die Prognose bei Patienten, die wie ich zunächst einen Tremor haben, deutlich günstiger ist. Jede Menge neue Medikamente zur Linderung der Symptome kommen auf den Markt.
    »Du darfst dich auf ein langes erfülltes Leben freuen«, sagt er, als würde er aus einem Textbuch ablesen. Als er meinen ungläubigen Gesichtsausdruck sieht, versucht er die Aussage zu präzisieren. »Nun ja, vielleicht verlierst du ein paar Jahre.«
    Über die Qualität meines Lebens sagt er nichts.
    »Die Stammzellenforschung wird den Durchbruch bringen«, fügt er optimistisch hinzu. »In fünf bis zehn Jahren gibt es eine Therapie.«
    »Und was mache ich bis dahin?«
    »Nimm die Medikamente. Schlaf mit deiner hinreißenden Frau. Sieh zu, wie Charlie groß wird.«
    Er verschreibt mit Selegilin. »Irgendwann musst du Levodopa nehmen«, erklärt er, »aber das können wir hoffentlich noch ein Jahr oder länger hinauszögern.«
    »Gibt es irgendwelche

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