Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
Nebenwirkungen?«
»Leichte Übelkeit möglicherweise, und vielleicht hast du Einschlafschwierigkeiten.«
»Na toll!«
Jock beachtet mich gar nicht. »Die Medikamente halten das Fortschreiten der Krankheit nicht auf. Sie maskieren lediglich die Symptome.«
»Damit ich es noch länger geheim halten kann.«
Er lächelt wehmütig. »Früher oder später wirst du dich der Sache stellen müssen.«
»Wenn ich weiter hierher komme, sterbe ich vielleicht vorher an Passivrauchen.«
»Was für ein Abgang.« Er zündet sich eine Zigarre an und holt eine Flasche Scotch aus der untersten Schublade.
»Es ist erst drei Uhr.«
»Ich arbeite nach britischer Sommerzeit.« Er fragt nicht, sondern schenkt mir einfach ein Glas ein. »Ich hatte letzte Woche Besuch von Julianne.«
Ich spüre, dass ich heftig blinzele. »Was wollte sie?«
»Sie wollte sich über deinen Zustand erkundigen. Das konnte ich ihr nicht sagen. Von wegen ärztlicher Schweigepflicht und dem ganzen Mist.« Nach einer Pause fügt er hinzu: »Außerdem wollte sie wissen, ob ich denke, dass du eine Affäre hast.«
»Warum sollte sie dich so etwas fragen?«
»Sie glaubt, dass du sie belogen hast.«
Ich nippe an dem Scotch und spüre, wie er in meiner Speiseröhre brennt. Jock betrachtet mich inmitten einer Rauchwolke und wartet auf meine Antwort. Anstatt mich wütend oder schuldig zu fühlen, empfinde ich eine absurde Enttäuschung. Wie konnte Julianne Jock eine derartige Frage stellen? Warum hat sie mich nicht direkt gefragt?
Jock wartet immer noch auf eine Antwort. Er erkennt mein Unbehagen, fängt an zu lachen und schüttelt den Kopf wie ein nasser Hund.
»Guck mich nicht so an«, will ich sagen, »du bist zweimal geschieden und jagst immer noch Frauen hinterher, die halb so alt sind wie du.«
»Es geht mich zwar nichts an«, sagt er hämisch. »Aber wenn sie dich verlässt, werde ich da sein, um sie zu trösten.«
Das meint er ernst. Er würde in null Komma nichts um Julianne herumscharwenzeln.
Eilig wechsele ich das Thema. »Wie viel weißt du über Bobby Moran?«
Jock wiegt sein Whiskyglas hin und her. »Nicht mehr als du.«
»In seiner Krankenakte wurde keine vorherige psychiatrische Behandlung erwähnt.«
»Was lässt dich vermuten, dass es eine gegeben hat?«
»Er hat eine Frage aus dem Test zur Untersuchung des Geisteszustands zitiert. Ich glaube, dass er schon einmal begutachtet worden ist.«
»Hast du ihn gefragt?«
»Er wollte nicht darüber reden.«
Jocks Miene erstarrt unvermittelt zu einer Maske stiller Nachdenklichkeit, die aussieht, als hätte er sie vor dem Spiegel einstudiert. Als ich gerade denke, dass er vielleicht doch noch etwas Konstruktives hinzufügt, zuckt er die Achseln und meint: »Er ist ein verdammt schräger Vogel, so viel ist sicher.«
»Ist das eine professionelle Meinung?«
Er grunzt. »Die meisten meiner Patienten sind bewusstlos, wenn ich Zeit mit ihnen verbringe, und das ist mir auch lieber so.«
12
Vor dem Haus steht der Kleintransporter eines Klempners. Die Seitenschiebetür steht offen, und im Inneren des Wagens stapeln sich Schubladen mit silbernen und messingfarbenen Muffen, Winkeln, Krümmern und Verbindungsstücken aus Plastik.
Der Name der Firma steht auf Magnettafeln an den Seiten des Fahrzeugs – D.J. Morgan, Gas- und Wasserinstallationen. Ich treffe den Klempner in der Küche an, wo er eine Tasse Tee trinkt und in den V-Ausschnitt von Juliannes Top schielt. Sein Lehrling ist im Garten und zeigt Charlie, wie man mit Knien und Füßen einen Fußball jongliert.
»Das ist D.J., unser Klempner«, sagt Julianne.
Er erhebt sich träge und nickt mir zu, ohne die Hände aus den Taschen zu nehmen. Er ist Mitte dreißig, sonnengebräunt und sportlich mit dunklem, nass aussehendem Haar, das er aus
der Stirn nach hinten gekämmt hat. Er sieht aus wie einer von diesen Handwerkern, die man in Lifestyle-Sendungen Häuser renovieren oder verschönern lässt. Ich sehe, dass er sich fragt, was eine Frau wie Julianne von jemandem wie mir will.
»Warum zeigen Sie Joe nicht, was Sie mir eben gezeigt haben? «
Der Klempner reagiert mit einem angedeuteten Kopfnicken. Ich folge ihm zu der verriegelten Kellertür. Eine schmale Holztreppe führt hinunter zu dem Betonfundament, an der Wand ist eine funzelige Glühbirne montiert. Dunkle Balken und Backsteine schlucken das Licht.
Ich lebe seit vier Jahren in diesem Haus, aber der Klempner kennt sich schon besser im Keller aus als ich. Offen und leutselig weist er
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