Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
der englische Arzt John Snow das Mittel Königin Victoria während der Geburt ihres achten Kindes, Prinz Leopold.
Ein paar Tropfen auf einer Maske oder einem Stück Stoff reichen für gewöhnlich aus, um binnen weniger Minuten eine chirurgische Narkose zu bewirken. Der Patient wacht nach zehn bis fünfzehn Minuten erschöpft, jedoch mit nur leichter Neigung zu Übelkeit und Erbrechen auf. Chloroform ist hoch gefährlich und führt in einem von 3000 Fällen zu tödlicher Herzlähmung …
Ich schlage das Lexikon zu, schiebe den Band zurück ins Regal und schreibe mir eine Notiz. Warum hatte Bobby Moran Chloroform an seiner Kleidung? Welche mögliche Verwendung hatte er für ein industrielles Lösungsmittel oder ein Narkosemittel?
Ich meine mich zu erinnern, dass Chloroform manchmal Hustenmitteln und Cremes gegen Juckreiz beigemischt wird, aber nicht in Dosierungen, die den einzigartigen Geruch verströmen.
Bobby hat gesagt, dass er als Kurier arbeitet. Vielleicht liefert er industrielle Lösungsmittel an. Ich werde ihn bei unserer nächsten Sitzung fragen, wenn Major Tom bis dahin wieder Kontakt mit der Bodenkontrolle hat.
Aus dem Keller höre ich Gehämmer. D.J. und sein Lehrling arbeiten immer noch an dem Kessel. Offenbar ist unsere gesamte Installation von einem Verrückten vorgenommen worden, dessen Fetisch gebogene Rohre waren. Das Innenleben unserer Wände sieht aus wie eine moderne Skulptur. Weiß der Himmel, was das kosten wird.
Nachdem ich mir einen Kaffee eingegossen habe, setze ich mich neben Charlie an den Frühstückstresen in der Küche. Sie lehnt ein Buch aus der Bücherei an die Cornflakes-Packung an. Meine Morgenzeitung ruht aufrecht am Orangensaft.
Charlie spielt ein Spiel – sie äfft alles nach, was ich mache. Wenn ich in einen Toast beiße, tut sie das Gleiche. Wenn ich an meinem Kaffee nippe, trinkt sie einen Schluck Tee. Sie legt sogar den Kopf zur Seite, wie ich es tue, um die Zeilen zu lesen, die jenseits des Knicks der Zeitung verschwinden.
»Bist du mit der Marmelade fertig?«, fragt sie und wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht.
»Ja. Entschuldigung.«
»Du warst ganz weggetreten, im Koboldland.«
»Sie lassen schön grüßen.«
Julianne kommt aus der Waschküche und streicht sich eine Strähne aus der Stirn. Im Hintergrund rumpelt der Trockner. Früher haben wir immer gemeinsam gefrühstückt – Kaffee getrunken und Teile der Zeitung getauscht. Jetzt bleibt sie nicht mehr lange genug im Ruhezustand.
Sie räumt die Geschirrspülmaschine ein und legt mir meine Tablette hin.
»Was ist im Krankenhaus passiert?«
»Einer meiner Patienten ist gestürzt. Es geht ihm gut.«
Sie runzelt die Stirn. »Du wolltest doch weniger Notfälle übernehmen.«
»Ich weiß. Nur das eine Mal.«
Sie beißt ein Viertel von einem Toast ab und fängt an, Charlies Frühstücksdose zu packen. Ich rieche ihr Parfüm und bemerke, dass sie neue Jeans und ihre beste Jacke trägt.
»Wo willst du hin?«
»Ich habe meinen Kurs ›Den Islam verstehen‹. Du hast versprochen, für Charlie um vier zu Hause zu sein.«
»Das geht nicht. Ich habe einen Termin.«
Sie ist sauer. »Irgendjemand muss aber hier sein.«
»Ich kann um fünf zu Hause sein.«
»Okay, hoffentlich bekomme ich noch einen Babysitter.«
Ich rufe Ruiz aus meiner Praxis an. Im Hintergrund höre ich Maschinen und fließendes Wasser. Er ist an einem Fluss.
Als ich meinen Namen nenne, höre ich ein verräterisches Klicken. Ich frage mich, ob er unser Gespräch aufnimmt.
»Ich wollte Sie wegen Catherine McBride etwas fragen.«
»Ja?«
»Wie viele Stichwunden waren es?«
»Einundzwanzig.«
»Hat der Gerichtsmediziner Spuren von Chloroform gefunden? «
»Sie haben den Bericht doch gelesen.«
»Darin wurde nichts dergleichen erwähnt.«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Es ist wahrscheinlich nicht wichtig.«
Er seufzt. »Lassen Sie uns einen Deal machen. Sie hören auf, mich anzurufen und sinnlose Fragen zu stellen, und ich sehe zu, dass Ihr unbezahltes Ticket wegen Falschparkens verschwindet. «
Bevor ich mich für die Umstände entschuldigen kann, die ich ihm bereitet habe, höre ich, wie jemand seinen Namen ruft. Er grunzt ein Danke-für-nichts in den Hörer und legt auf. Der Mann hat das Kommunikationstalent eines Leichenbestatters.
Fenwick lungert in meinem Wartezimmer herum und sieht auf seine goldene Rolex. Wir gehen in seinem Lieblingsrestaurant in Mayfair essen. Es ist einer der Läden, über die in den
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