Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
Vom Netzwerk:
konnte man durch die schwankenden, durchsichtigen Glutwellen hindurch eine kanariengelbe Ebene sehen, große Wasserflächen glänzten auf. Der Marsianer streckte die Hand gegen die wundersame, neblige Ferne aus und sagte mit einem Lächeln: »Azora.«
    Das Luftschiff stieg ein wenig höher. Eine feuchte, süße Luft schlug ihnen ins Gesicht, rauschte in den Ohren. Azora breitete sich als eine leuchtende weite Ebene vor ihnen aus. Sie war durchzogen von wasserreichen Kanälen und bedeckt von orangefarbenen buschartigen Gewächsen, von lustigen kanariengelben Wiesen; Azora – was Freude hieß – ähnelte jenen bunten Frühlingswiesen der weit zurückliegenden Kindheit, an die man sich im Traum erinnert.
    Breite Barken aus Metall schwammen auf den Kanälen. An deren Ufern verstreut, standen weiße Häuschen in Gärten mit gewundenen Wegen. Überall krochen die kleinen Gestalten der Marsianer umher. Manche stiegen von den flachen Dächern gleich Fledermäusen auf und flogen über das Wasser oder hinter einen Hain. Zwischen den Wiesen blitzten Wasserlachen, glitzerten Bäche. Azora war ein herrliches Land.
    Am Ende der Ebene kräuselte sich, von der Sonne beschienen, eine ungeheure Wasserfläche, auf die die gewundenen Linien sämtlicher Kanäle zuliefen. Das Schiff flog in diese Richtung, und Losj erblickte endlich einen großen schnurgeraden Kanal. Sein anderes Ufer versank im feuchten Dunst. Seine trüben, gelblichen Wassermassen flogen langsam an der steinernen Böschung entlang.
    Sie flogen lange. Und nun begann sich am Ende des Kanals aus dem Wasser der gleichmäßige Rand einer Mauer zu erheben, die sich bis weit hinter den Horizont erstreckte. Die Mauer wuchs. Jetzt waren bereits ihre ungeheuren Quadern zu sehen, in deren Spalten sich Sträucher und Bäume angesiedelt hatten. Sie näherten sich einem gigantischen zirkusähnlichen Bau. Er war angefüllt mit Wasser. An seiner Oberfläche stiegen an vielen Stellen schäumende Fontänen auf.
    »Ro«, sagte der Marsianer und hob würdevoll den Zeigefinger.
Losj zog sein Notizbuch aus der Tasche, suchte und fand die gestern eilig hingeworfene Skizze der Linien und Punkte auf der Marsscheibe. Er hielt die Zeichnung seinem Nachbar hin und wies hinunter auf die Zisterne. Mit gerunzelter Stirn betrachtete der Marsianer aufmerksam die Skizze, begriff schließlich und nickte freudig; mit dem Nagel seines kleinen Fingers merkte er einen der Punkte auf der Zeichnung an.
Losj beugte sich über Bord und sah, daß von der Zisterne zwei gerade und eine gebogene Linie ausgingen: das waren mit Wasser gefüllte Kanäle. So war also das Geheimnis geklärt; die runden Flecke auf der Marsscheibe waren Zisternen – Wasserbehälter, die Linien der Dreiecke und Halbkreise Kanäle. Aber was für Wesen konnten diese zyklopischen Mauern gebaut haben? Losj sah sich nach seinem Gefährten um. Der Marsianer streckte die Unterlippe vor und hob die ausgebreiteten Arme gen Himmel: »Tao chazcha ro chamagazitl.«
Das Luftschiff überquerte jetzt eine ausgebrannte Ebene, von der sich als rosenroter, überaus breiter, blühender Streifen das wasserlose Bett eines vierten Kanals abhob. Er war in regelmäßigen Reihen von einer offenbar ausgesäten Vegetation bedeckt. Wahrscheinlich war das eine der Linien des zweiten, sich weniger deutlich abzeichnenden Kanalnetzes auf der Scheibe des Mars.
Die flache Ebene ging in leicht geschwungene, nicht sehr hohe Hügel über. Dahinter traten jetzt die bläulichen Umrisse von Türmen mit gitterartigen Mauern hervor. Auf dem mittleren Mast des Schiffes hoben sich wieder die Drahtenden und sandten knisternd Funken aus. Immer neue Konturen von gitterartig durchbrochenen Türmen und abgestuften Gebäuden erhoben sich hinter den Hügeln am Horizont. Aus dem Sonnenglast traten die silbrigen Schatten einer ungeheuren Stadt hervor.
Der Marsianer sagte: »Soazera.«

Soazera
    Die sich hinter den Hügeln erhebenden bläulichen Umrisse von Soazera, die Vorsprünge seiner flachen Dächer, die von Grün bedeckten gitterartigen Mauern, die spiegelglatten ovalen Teiche, die durchsichtigen Türme nahmen einen immer größer werdenden Raum ein und tauchten unter hinter dem dunstigen Horizont. Eine Unmenge schwarzer Punkte flog über die Stadt dem Luftschiff entgegen.
    Der blühende Kanal wich gen Norden zurück, östlich von der Stadt erstreckte sich ein ödes, von Schutthaufen bedecktes, zerwühltes Feld. Am Rande dieser Wüstenei erhob sich, einen scharfen langen Schatten

Weitere Kostenlose Bücher