Aelita
der Seite die Figur eines Soldaten. Gussew, der ihm über die Schulter zusah, erklärte: »Er schlägt vor, um den Apparat herum ein Zelt zu errichten und einen Wachposten aufzustellen; aber, Mstislaw Sergejewitsch, wenn sie uns nur nicht die Sachen wegschleppen, die Luken sind ja nicht verschließbar.«
»Hören Sie doch endlich auf, dummes Zeug zu reden, Alexej Iwanowitsch.«
»Aber dort befinden sich doch die Instrumente, die Kleider…. Ich hab mir den einen dieser Soldaten ein bißchen angesehen: er hat eine höchst unzuverlässige Visage.«
Der Marsianer hörte dieses Gespräch aufmerksam und respektvoll mit an. Losj bedeutete ihm durch Zeichen, daß er damit einverstanden sei, den Apparat unter Bewachung zu stellen. Der Marsianer hob eine Pfeife an seinen großen Mund. Vom Schiff antwortete man ihm mit einem ebensolchen durchdringenden Pfiff. Da fing der Marsianer an, irgendwelche Signale zu pfeifen. An der Spitze des mittleren, höheren Mastes erhoben sich, wie sich sträubende Haare, feine Drahtenden, und man hörte das Knistern von Funken.
Der Marsianer wandte sich Losj und Gussew zu und zeigte auf das Schiff. Die Soldaten traten näher und umringten sie. Gussew sah sie alle an, ging dann mit einem schiefen Lächeln zum Apparat, holte zwei Säcke mit Wäsche und Kleinigkeiten heraus, schraubte die Luke fest zu, wies darauf, schlug mit der Hand auf seine Mauserpistole und drohte den Soldaten mit dem Finger, dabei fürchterliche Grimassen schneidend.
»Nun, Alexej Iwanowitsch, ob wir Gefangene oder Gäste sind – wir können nirgendshin entweichen«, sagte Losj, lachte, ergriff einen der Säcke, und sie gingen zum Schiff.
An seinen Masten begannen sich mit lautem Surren die vertikalen Luftschrauben zu drehen. Die Flügel senkten sich. Die Propeller heulten auf. Die Gäste, vielleicht auch Gefangene, begaben sich auf der zerbrechlichen Leiter an Bord.
Jenseits der gezackten Berge
Das Luftschiff flog in geringer Höhe über dem Mars in nordwestlicher Richtung. Losj und der kahlköpfige Marsianer blieben an Deck. Gussew war mit den Soldaten ins Innere des Schiffes gegangen.
In der hellen, strohfarbenen Deckkabine setzte er sich in einen Korbstuhl und schaute eine ganze Weile auf die spitznasigen, schmächtigen, kleinen Soldaten, die wie Vögel mit ihren rötlichen Augen blinzelten. Dann holte er sein uraltes Zigarettenetui aus Blech hervor – sieben Jahre lang hatte er sich an allen Fronten nicht von ihm getrennt – und klopfte auf den Deckel. »Wollen wir rauchen, Genossen«, sagte er und bot Zigaretten an.
Die Marsianer schüttelten erschrocken die Köpfe. Einer nahm immerhin eine Zigarette, betrachtete und beroch sie, steckte sie sodann in die Tasche seiner weißen Hose. Als Gussew jedoch anrauchte, rückten sie in größter Furcht von ihm weg und flüsterten: »Schocho, tao tawra, schocho-om.«
Ihre rötlichen Gesichter verfolgten mit Entsetzen, wie der »Schocho« den Rauch schluckte. Doch allmählich gewöhnten sie sich an den Geruch und beruhigten sich. Sie setzten sich auch wieder zu dem Menschen.
Gussew, den seine Unkenntnis der marsianischen Sprache wenig genierte, begann seinen neuen Freunden von Rußland zu erzählen, vom Krieg, von der Revolution und von seinen Heldentaten: »Gussew – das ist mein Familienname. Gussew kommt her von Gusj, Gans; es gibt solche mächtigen Vögel auf der Erde, so was habt ihr euer Lebtag nicht gesehen. Und ich heiße Alexej Iwanowitsch. Ich habe nicht nur ein Regiment, sondern auch eine Kavalleriedivision kommandiert. Ich bin ein schrecklicher Held, ein ganz großer. Meine Taktik ist so: mit oder ohne Maschinengewehre – vorwärts mit dem blanken Säbel: ›Wollt ihr die Stellung räumen, ihr Hundesöhne!‹ und dreingeschlagen. Ich selber bin auch ganz zerhauen, darauf pfeife ich. In unserer Kriegsakademie wird sogar eine besondere Vorlesungsreihe gehalten: ›Alexej Gussews Kampfmethode‹. Ihr glaubt es nicht? Ein Armeekorps ist mir angetragen worden.« Gussew schob mit dem Fingernagel die Mütze zur Seite und kratzte sich hinter dem Ohr. »›Nein, entschuldigen Sie, ich hab es satt! Sieben Jahre lang habe ich gekämpft, das hängt schließlich jedem zum Halse heraus.‹ Und da ruft mich gerade Mstislaw Sergejewitsch, er fleht mich an: ›Alexej Iwanowitsch, ohne Sie muß ich womöglich auf den Mars verzichten.‹ Na also, guten Tag.«
Die Marsianer hörten zu und staunten. Einer brachte eine Flasche mit einer dunkelbraunen Flüssigkeit, die nach
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