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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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Hand stießen sie das Schwert in die Leiber der Betrunkenen und Wahnsinnigen.
    Die blutige Orgie wurde von einem furchtbaren unterirdischen Stoß unterbrochen. Tubais Statue stürzte nieder, die Mauern barsten, die Pfeiler des Aquädukts fielen in sich zusammen, aus tiefen Erdrissen brachen Flammen hervor, Asche verdunkelte den Himmel.
    Die blutrote, trübe Scheibe der Sonne beleuchtete am nächsten Morgen Trümmer, brennende Gärten, Scharen von wahnsinnigen und von den Ausschweifungen und der Unmäßigkeit ermatteten Menschen, Haufen von Leichen. Die Magazitlen eilten zu den Flugapparaten, die die Form eines Eies hatten, und schickten sich an, die Erde zu verlassen. Sie flogen davon in den Sternenraum, in die Heimat der abstrakten Vernunft.
    Viele tausend Apparate waren bereits abgeflogen, da krachte ein vierter, noch stärkerer Erdstoß. Von Norden her erhoben sich aus dem aschgrauen Nebel die Wogen des Ozeans und überfluteten die Erde, alles Lebende vernichtend.
    Ein Sturm brach los, Blitze gingen nieder auf die Erde, auf die Wohnstätten. Der Regen fiel in Strömen, und durch die Luft flogen die Splitter von vulkanischen Steinen.
    Im Schütze der Mauern der riesigen Stadt, von der Spitze der stufenförmigen, mit Gold belegten Pyramide aber flogen noch immer die Magazitlen davon, durch den Ozean herabstürzenden Wassers, aus Asche und Rauch hinauf in den Sternenraum. Drei aufeinanderfolgende Erdstöße zerrissen das Atlantische Land. Die Stadt der Hundert Goldenen Tore versank in den strudelnden Wellen.«

Gussew beobachtet die Stadt
    Icha hatte völlig den Kopf verloren. Sie tat unverzüglich alles, was Gussew von ihr wollte, und blickte auf ihn mit verschleierten Augen. Es war zum Lachen, aber sie war auch zu bedauern. Gussew behandelte sie streng, doch gerecht. Wenn der Überschwang der Gefühle Ichoschka ganz und gar zu übermannen drohte, nahm er sie auf den Schoß, streichelte ihren Kopf, kraulte sie hinter dem Ohr und erzählte ihr allerhand spaßige Geschichten. Sie hörte ihm in völliger Geistesabwesenheit zu.
    Der Plan, in die Stadt zu entwischen, saß wie ein Keil in Gussews Kopf. Hier kam er sich vor wie in einer Mausefalle: weder konnte man sich verteidigen, wenn es soweit kommen sollte, noch davonlaufen. Und ihnen drohte eine ernste Gefahr, daran hegte Gussew keinen Zweifel. Seine Gespräche mit Losj hatten zu nichts geführt. Losj hatte nur das Gesicht verzogen, der sah ja die ganze Welt nicht mehr hinter dem Rock von Tuskubs Töchterlein.
    »Was sind Sie für ein unruhiger Mensch, Alexej Iwanowitsch«, hatte er gesagt. »Na, wenn sie uns schon totschlagen – wir zwei fürchten uns doch nicht vor dem Tod. Wir hätten ja auch in Petrograd sitzenbleiben können; was könnte ungefährlicher sein?«
    Gussew befahl Ichoschka, ihm die Schlüssel zu dem Schuppen zu bringen, wo die geflügelten Boote standen. Er schlich sich mit einer Laterne dorthin und war eine ganze Nacht damit beschäftigt, ein kleines, offenbar schnellfliegendes, zweiflügeliges Boot zu untersuchen. Der Mechanismus war sehr einfach. Der winzige Motor wurde von Körnchen eines weißen Metalls gespeist, das unter der Einwirkung von elektrischen Funken mit einer ungeheuerlichen Kraft zerfiel. Die elektrische Energie erhielt der Apparat während des Fluges aus der Luft, da der Mars von Hochspannungsstrom überzogen war, den die Kraftstationen an den Polen aussandten. (Aëlita hatte davon erzählt.)
    Gussew zog das Boot bis dicht an das Tor des Schuppens. Den Schlüssel gab er Icha zurück. Im Notfalle war es nicht schwer, das Schloß mit der Hand abzureißen.
    Danach beschloß er, die Stadt Soazera unter Kontrolle zu nehmen. Icha hatte ihm gelehrt, wie der matte Spiegel einzuschalten sei. Dieser sprechende Spiegel in Tuskubs Haus konnte einseitig eingeschaltet werden, das heißt so, daß man selber unsichtbar und unhörbar blieb.
    Gussew durchforschte die ganze Stadt: die Plätze, die Geschäftsstraßen, die Fabriken, die Arbeitersiedlungen. Ein seltsames Leben offenbarte sich ihm und glitt auf der matten Scheibe des Spiegels an ihm vorbei.
    Niedrige Fabriksäle mit Ziegelwänden, trübes Licht durch staubige Fenster. Niedergeschlagene, runzlige Arbeitergesichter mit tief in den Höhlen liegenden leeren Augen. Ewig und ewig sich drehende Werkbänke und Maschinen, gebeugte Gestalten, präzise Arbeitsbewegungen – ein trostloses Ameisendasein ohne jede Hoffnung. Es tauchten die geraden, gleich orangen Straßen der Arbeiterwohnviertel

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