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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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bitten. Er sagte zu ihnen: »Keiner von euch wird lebend von dort zurückkehren. Daran müßt ihr denken. Geht.«
Die fünftausend Marsianer schrien einmütig aus vollem Halse: »Aja-jai«, spannten riesige mit Aufschriften versehene Schirme auf und setzten sich in Gang, um zu sterben; sie sangen dabei mit trostlos heulenden Stimmen ein altes verbotenes Lied:
    »Unter den gläsernen Dächern,
Unter den eisernen Arkaden
Raucht die Chawra
Im steinernen Topf.
Wir sind lustig, lustig.
Gebt doch in unsere Hände den steinernen Topf! Aja-jai! Wir kehren nicht zurück
In die Schächte, in die Steinbrüche,
Wir kehren nicht zurück
In die schrecklichen, toten Korridore,
Zu den Maschinen, zu den Maschinen.
Wir wollen leben. Aja-jai! Leben!
Gebt doch in unsere Hände den steinernen Topf!«
    Unter Geheul drehten sie die riesigen Sonnenschirme und verschwanden in den engen Straßen.
    Das Arsenal, ein niedriges, viereckiges Gebäude im alten Teil der Stadt, wurde von einer kleinen Truppenabteilung bewacht. Die Soldaten standen im Halbkreis vor den mit Bronzeplatten beschlagenen Toren; sie deckten zwei seltsame, aus Drahtspiralen, Scheiben und Kugeln bestehende Maschinen. (Gussew hatte solch ein Ding bereits in dem verlassenen Haus gesehen.) Die Angreifer rückten durch eine Menge kleiner, krummer Gäßchen vor und umgaben das Arsenal; seine Mauern waren steil und sehr fest.
    Gussew, der hinter den Ecken hervorlugte und, Deckung suchend, von einem Baum zum anderen lief, erkundete die Stellung: Es war klar – das Arsenal mußte im frontalen Angriff genommen werden, durch das Tor. Gussew befahl, in einem der Hauseingänge die Bronzetür auszuheben und sie mit Stricken zu umwickeln. Die Angreifer erhielten den Befehl, geschlossen im Sturm vorzugehen und dabei möglichst laut und schreckenerregend »Aja-jai!« zu schreien.
    Die Soldaten, die das Tor bewachten, blickten ruhig auf die Geschäftigkeit in den Nebengassen; sie hatten nur die Maschinen vorgerückt, über deren Spirale nun knisternd ein violettes Licht lief. Die Marsianer zeigten darauf, kniffen die Augen zusammen und pfiffen leise: »Fürchte sie, Sohn des Himmels.«
    Es war keine Zeit zu verlieren.
Gussew stellte sich breitbeinig hin, ergriff die Stricke und hob die Bronzetür hoch; sie war schwer, aber das machte nichts – sie ließ sich tragen. So schritt er, von einer Hauswand gedeckt, bis an den Rand des Platzes vor, von dort aus war es nicht mehr weit bis zum Tor des Arsenals. Im Flüsterton befahl er den Seinen: »Haltet euch bereit!« Mit dem Ärmel wischte er sich über die Stirn und dachte bei sich: ›Hehe, jetzt sollte man so recht in Zorn geraten.‹ Damit hob er die Tür hoch und ging unter ihrer Deckung weiter.
    »Gebt uns das Arsenal!… Wollt ihr wohl das Arsenal hergeben, ihr verdammtes Gesindel!« brüllte er mit sich überschlagender Stimme und rannte schwerfällig über den Platz auf die Soldaten zu.
    Einige Schüsse knallten, explodierende Aufschläge trafen die Tür. Gussew wankte. Da packte ihn ernstlich der Zorn und er lief schneller, in unflätigen Worten schimpfend. Und um ihn herum heulten und kreischten bereits die Marsianer, von allen Ecken und Enden, aus den Haustüren, hinter den Bäumen hervor kamen sie gerannt. In der Luft platzte mit Donnerknall eine Kugel. Aber die vorstürzenden Ströme der Angreifer überrannten die Soldaten und die schrecklichen Maschinen.
    Gussew erreichte fluchend das Tor und schlug mit einer Ecke der Bronzetür gegen das Schloß. Das Tor gab krachend nach und öffnete seine Flügel. Gussew lief hinein und fand sich in einem viereckigen Hof, wo in Reihen geflügelte Luftschiffe standen.
    Das Arsenal war genommen. Vierzigtausend Marsianer erhielten Waffen. Gussew verband sich über das Spiegeltelefon mit dem Hause des Höchsten Rates der Ingenieure und forderte die Auslieferung Tuskubs.
    Als Antwort sandte die Regierung ein Luftgeschwader zu einem Angriff auf das Arsenal aus… Gussew flog ihm mit der ganzen Flotte entgegen. Die Flugzeuge der Regierung flohen. Sie wurden eingeholt, umzingelt und über den Trümmern der alten Stadt Soazera vernichtet. Die Luftschiffe fielen vom Himmel, zu Füßen der gigantischen Statue des mit geschlossenen Augen lächelnden Magazitl. Der Abglanz des Sonnenunterganges schimmerte auf seinem geschuppten Helm.
    Der Himmel war in der Gewalt der Aufständischen. Die Regierung zog im Hause des Rates Polizeitruppen zusammen. Auf dem Dach wurden Maschinen aufgestellt, die feurige Geschosse,

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