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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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Sohn des Himmels entgegen.
    »Keine Bange, keine Bange, Kinder. Macht ein fröhliches Gesicht«, rief ihnen Gussew zu, »solch ein Gesetz gibt es ja gar nicht, daß man bis in alle Ewigkeit unschuldig leiden muß – keine Bange. Wenn wir sie unterkriegen, werden wir nicht schlecht leben.«
    Spät in der Nacht kehrte Gussew in das Haus des Höchsten Rates zurück: er war hungrig und durchgefroren. In dem gewölbten kleinen Saal mit den goldenen Rundbögen schliefen auf dem Fußboden etwa zwei Dutzend mit Waffen behängte Marsianer. Der spiegelglatte Boden war vollgespuckt mit zerkauter Chawra. Mitten im Raum saß Gor auf Patronenkisten und schrieb beim Schein einer kleinen elektrischen Lampe. Auf dem Tisch lagen Feldflaschen und Brotrinden herum.
    Gussew setzte sich an eine Ecke des Tisches und begann gierig zu essen. Dann wischte er sich die Hände an den Hosen ab, nahm einen Schluck aus der Flasche, räusperte sich und sagte mit heiserer Stimme:
    »Wo ist der Gegner? Das ist es, was ich wissen will….« Gor hob seine geröteten Augen und betrachtete den blutigen Fetzen, mit dem Gussews Kopf verbunden war, sein kräftig kauendes breites Gesicht: der Schnurrbart war gesträubt, die Nasenflügel blähten sich.
    »Ich kann nicht herauskriegen, wohin – der Teufel hol sie – die Regierungstruppen geraten sind«, fuhr Gussew fort, »auf dem Platz liegen an die dreihundert von ihren Leuten, aber es waren vorher doch nicht weniger als fünfzehntausend Mann da. Wie in den Boden versunken sind sie. Verstecken konnten sie sich nicht – es handelt sich ja nicht um eine Stecknadel. Wären sie in den Boden versunken, hätte ich es gewußt. Eine schlimme Situation. Jeden Augenblick kann uns der Feind in den Rücken fallen.«
    »Tuskub, die Regierung, die Überreste des Heeres und ein Teil der Bevölkerung haben sich in die Labyrinthe der Königin Magr, die sich unter der Stadt befinden, zurückgezogen«, sagte Gor.
    Gussew sprang vom Tisch auf. »Warum schweigen Sie denn?«
»Weil es nutzlos wäre, Tuskub zu verfolgen. Setzen Sie sich und essen Sie, Sohn des Himmels.« Gor verzog das Gesicht und holte unter seiner Kleidung ein wie roter Pfeffer aussehendes Päckchen Chawra hervor, steckte es sich hinter die Backe und begann es langsam zu kauen. Seine Augen überzogen sich mit Feuchtigkeit und wurden dunkel, die Runzeln glätteten sich. »Vor einigen Jahrtausenden bauten wir noch keine großen Häuser, wir konnten sie nicht heizen – die Elektrizität war uns unbekannt. Während der Winterkälte begab sich die Bevölkerung unter die Oberfläche des Mars, in eine beträchtliche Tiefe. Die riesigen Säle, zu denen die vom Wasser ausgewaschenen Höhlen verwendet und hergerichtet wurden, die Kolonnaden, Tunnel und Korridore wurden von der inneren Hitze des Planeten erwärmt. In den Kratern der Vulkane war die Hitze so groß, daß wir sie zur Herstellung von Dampf benutzten. Auf einigen Inseln arbeiten noch heute solche schwerfällige Dampfmaschinen aus jenen Zeiten. Die Tunnel, welche die Städte unter der Marsoberfläche miteinander verbinden, ziehen sich fast unter dem ganzen Planeten hin. Es ist sinnlos, Tuskub in diesem Labyrinth zu suchen. Er allein kennt die Pläne und die geheimen Schlupfwinkel im Labyrinth der Königin Magr, der Gebieterin zweier Welten, die einstmals den ganzen Mars beherrschte. Von Soazera aus führt ein ganzes Netz von Tunnels zu fünfhundert lebenden und zu mehr als tausend toten, aus gestorbenen Städten. Dort sind überall Waffenlager und Häfen für Luftschiffe. Unsere Kräfte aber sind verstreut, wir sind schlecht bewaffnet. Tuskub hat eine Armee, auf seiner Seite stehen die Besitzer von Landgütern, alle Chawra anbauenden Plantageneigentümer und alle diejenigen, die vor etwa dreißig Jahren nach dem verheerenden Krieg Eigentümer von großen Häusern in der Stadt geworden sind. Tuskub ist klug, und er hält kein Versprechen. Er hat alle diese Ereignisse mit Absicht hervorgerufen, um ein für allemal sämtliche noch vorhandenen Überreste des Widerstandes zu ersticken… Ach, das Goldene Zeitalter…. Goldenes Zeitalter!….«
Gor schüttelte seinen benebelten Kopf. Auf seinen Wangen traten violette Flecke hervor. Die Chawra begann auf ihn zu wirken.
»Tuskub träumt vom Goldenen Zeitalter; er will die letzte Epoche in der Geschichte des Mars – das Goldene Zeitalter –eröffnen. Nur Auserwählte werden dort hineingehen, nur solche, die der Glückseligkeit würdig sind. Die Gleichheit ist

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