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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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Labyrinth.«
Es war Gor, der am Kopf verwundet war. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sagte: »Gehen Sie nur durch die breiten Tunnel. Achten Sie auf die Zeichen an den Wänden. Lebt wohl. Wenn ihr auf die Erde zurückkommt, erzählt dort von uns. Vielleicht werdet ihr glücklicher sein auf der Erde. Uns bleiben nur die eisigen Wüsten, der Tod, die Sehnsucht…. Ach, wir haben die Stunde versäumt…. Wir hätten das Leben ingrimmig und mit aller Macht, gebieterisch lieben müssen….«
Von oben her erscholl Lärm. Gussew rannte hinunter. Losj wollte Gor mit sich ziehen, aber der Marsianer preßte die Zähne zusammen und klammerte sich an das Geländer.
»Gehen Sie. Ich will sterben.«
Losj holte Gussew ein. Sie ließen die letzte ringförmige Plattform hinter sich. Von ihr führte die schmale Treppe steil abwärts auf den Boden des Schachtes. Hier erblickten sie eine große Steinplatte mit einem darin eingelassenen Ring.
Mit Mühe konnten sie sie hochheben: aus der dunklen Öffnung wehte ein trockener Wind.
Gussew ließ sich als erster hindurchgleiten. Als Losj die Platte hinter sich fallen ließ, sah er auf der oberen Plattform zwei im roten Dämmerschein kaum erkennbare Soldaten auftauchen.
Sie liefen über die Wendeltreppe abwärts. Gor streckte ihnen die Hände entgegen und fiel unter ihren Schlägen.

Das Labyrinth der Königin Magr
    Vorsichtig bewegten sich Losj und Gussew in der moderigen und schwülen Dunkelheit vorwärts.
    »Wir biegen um eine Ecke, Mstislaw Sergejewitsch….« »Wird es eng?«
»Nein, breit – die Hände reichen nicht von einer Wand
    zur anderen.«
»Da sind wieder Säulen. Halt! Wo sind wir denn….« Nicht weniger als drei Stunden waren vergangen, seit sie
    in das Labyrinth eingestiegen waren. Die Streichhölzer waren aufgebraucht. Die Taschenlampe hatte Gussew schon während der Rauferei verloren. Sie wanderten in undurchdringlicher Dunkelheit.
    Die Tunnel zweigten ohne Ende ab, kreuzten sich oder gingen in die Tiefe. Manchmal hörten sie das deutliche und eintönige Aufschlagen von fallenden Tropfen. Die weit geöffneten Augen unterschieden graue, unklare Umrisse, doch diese schwankenden Flecken waren nur Halluzinationen des Dunkels.
    »Halt!«
»Was ist?«
»Der Boden ist weg.«
Ein angenehmer trockener Windhauch schlug ihnen ins
    Gesicht. Ganz aus der Ferne, wie aus der Tiefe herauf, hallten seufzerähnliche Laute – ein Ein- und Ausatmen. Mit unklarer Besorgnis spürten sie, daß vor ihnen ein Abgrund gähnte. Gussew scharrte mit den Füßen nach einem Stein und stieß ihn in die dunkle Tiefe. Einige Sekunden später drang der schwache Ton des Aufschlags zu ihnen herauf.
    »Eine Versenkung.«
»Aber was atmet da?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie kehrten um und trafen auf eine Wand. Sie tasteten
    nach rechts, nach links – die Hände glitten über abbrökkelnde Risse, über vorragende Gewölbepfeiler. Der Rand des unsichtbaren Abgrunds war ganz nahe bei der Wand: bald rechts, bald links, dann wieder rechts. Sie merkten, daß sie sich im Kreise drehten und den Gang nicht finden konnten, durch den sie auf dieses schmale Gesims eines Schachtes geraten waren.
    Sie lehnten sich nebeneinander, Schulter an Schulter, gegen die unebene Wand. So standen sie und horchten auf die einschläfernden Seufzer aus der Tiefe.
    »Das Ende, Alexej Iwanowitsch?«
»Ja, Mstislaw Sergejewitsch, offenbar das Ende.«
    Nach einer Weile des Schweigens fragte Losj mit seltsamer Stimme, nicht laut: »Jetzt eben – sehen Sie nichts?«
»Nein.«
»Links, ganz weit.«
»Nein, nein.«
Losj flüsterte etwas vor sich hin, trat von einem Fuß auf den anderen.
»Ingrimmig und gebieterisch das Leben lieben…. Nur so….«
»Von wem reden Sie?«
    »Von denen. Aber auch von uns.«
    Gussew wechselte ebenfalls die Lage der Füße, seufzte dann auf. »Da ist er, hören Sie, er atmet.«
»Wer – der Tod?«
»Der Teufel soll es wissen, wer«, Gussew begann zu sprechen, wie verloren in seine Gedanken. »Ich habe lange an ihn gedacht, Mstislaw Sergejewitsch. Man liegt mit dem Gewehr auf dem Feld, es ist dunkel und regnet. An was man auch denken mag – immer wieder kommt man auf den Tod zurück. Und du siehst dich selber: Du liegst irgendwo am Straßenrand, die Zähne gefletscht, erstarrt, wie ein Lastpferd. Ich weiß nicht, was nach dem Tode sein wird – das weiß ich nicht. Aber hier, solange ich lebe, hier will ich wissen: Bin ich ein Mensch oder bin ich ein Pferdekadaver? Oder ist das alles egal? Wenn ich

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