Äon
Woraus sie bestanden, das war unbekannt; allerdings wies die Materie bis auf die Dichte keinerlei stoffliche Eigenschaften auf. Bei Kilometer 872 befand sich ein zweiter solcher Kreis, und diesem Gebiet galt derzeit eine neue Expedition.
Patricia schloß den Kontakt der Tafel an ihrem Zahn an, griff in ihre Tasche mit ihren persönlichen Dingen und holte ihren Stereozusatz und eine Mozart-Münze heraus. Das Zusatzgerät paßte in den genormten Stecker und spielte die Zauberflöte, während Patricia ungestört las.
Nach eineinhalb Stunden stellte sie die Musik ab und machte Pause.
Trotz Carrolsons Einwand, sie sei nicht ihr Kindermädchen, paßte diese Beschreibung genau auf ihre Rolle, wie Patricia fand. Sie hatte keine unmittelbaren Aufgaben in der siebten Kammer, und ihre Fähigkeiten stellten keineswegs eine Ergänzung zu Patricias Können dar. Dennoch war es nicht unangenehm, die ältere Dame bei sich zu haben. Sie war gelassen, selbstbewußt und umgänglich. Ein guter Ansprechpartner, wenn man Fragen hatte, selbst wenn’s nur darum ging, den Verstand in Schwung zu halten.
Protokoll und Organisation des Steins waren kompliziert. Eine Aufstellung im Memoblock, den Lanier zurückgelassen hatte, gab eine Übersicht. Die Erforschung des Steins, vollzogen unter ISCCOM-Aufsicht, lag in den Händen von NATO-Eurospace – also NASA und Europäischer Weltraumbehörde.
Das gemeinsame Weltraumkommando Joint Space Command hatte in bezug auf die Abwicklung der Erforschung viel zu sagen. Trotz des zivilen Rahmens war es eine hauptsächlich militärische Operation. Judith Hoffman, die nominell die militärischen und zivilen Stellen koordinierte, milderte diese Tatsache ein bißchen ab.
Das Sicherheitsteam auf dem Stein bestand zur einen Hälfte aus etwa 300 Amerikanern, zur anderen aus 150 Briten und 100 Deutschen; die restlichen 50 stammten aus Kanada, Australien und Japan. Frankreich, selbst kein Mitglied von NATO-Eurospace, hatte die Einladung abgelehnt und keine Nationalvertreter auf den Stein entsandt, unter anderem sicher aus Protest gegen den Druck der NATO zur verstärkten Wiederaufrüstung in den ersten beiden Jahren des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Das Sicherheitsteam des Stein unterstand dem Oberbefehl des U.S. Navy Captain Bertram D. Kirchner – zuständig für äußere Sicherheit – und Army Brigadier General Oliver Gerhardt, verantwortlich für innere Sicherheit.
Die 600-Mann-Truppe war auf den gesamten Stein verteilt, um die Zivilisten im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Wer angreifen sollte, diese Frage blieb offen; anscheinend rechnete man mit Angriffen aus der siebten Kammer oder aus verborgenen Stellen in den Städten der zweiten und dritten Kammer.
Lanier fungierte als Sprachrohr von Hoffman auf dem Stein. Er koordinierte Wissenschaft, Technik und Kommunikation. Carrolson leitete das Wissenschaftsteam, Heinemann die Technik im zivilen Bereich und eine Frau namens Roberta Pickney die zivile Kommunikation.
Die Zusammensetzung des wissenschaftlichen Teams war aufschlußreich. Da waren Mathematiker, Archäologen, Physiker, Sozialwissenschaftler (darunter auch Historiker), Informatiker, Mediziner und Biologen. Und es waren darunter außerdem vier Rechtsanwälte.
Die Technik bestand aus der Versorgung – mit einem militärischen Vertreter besetzt – und dem Mechanikerteam. In der Kommunikation arbeitete ebenfalls ein militärischer Vertreter mit, der zuständig für kodierte Übertragungen war. Verantwortlich für interne Kommunikation auf dem Stein und die Erde-Weltraum-Mond-Netze waren Pickney und deren rechte Hand, Sylvia Link.
Patricia glaubte, daß sie sich nicht einmal die wichtigsten Namen merken könnte. Namen waren nicht ihre Stärke, während sie mit Gesichtern besser zurechtkam.
Neben dem Zivilpersonal von Amerika und Eurospace waren Vertreter aus Rußland, Indien, China, Brasilien, Japan und Mexiko zur Mitarbeit im wissenschaftlichen Team eingeladen. Einige Australier und jemand aus Laos sollten demnächst dazustoßen. Carrolson räumte freimütig ein, daß es Probleme mit den Russen gab. Sie waren erst seit einem Jahr auf dem Stein, nachdem sie sich endlich gewissen Beschränkungen unterworfen hatten. Trotz dieser Zustimmung verlangten sie nun (zu Recht, wie Patricia meinte) Zugang zu jeglichen Daten über den Stein, die Bibliotheken eingeschlossen. Auf den ausdrücklichen Befehl von Hoffman und des Präsidenten waren die Bibliotheken, wie Carrolson erklärte, ausnahmslos den
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