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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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»Vielleicht kennt die königliche Hypselotes meine Geschichte…«
    Kleopatra nickte lächelnd. »Daß du vom Himmel gefallen und von einem speienden Stern gejagt und nicht auf dieser Gaea geboren bist.«
    »Und daß ich was mitbrachte?« fragte Patrikia vor aller Welt wie einer von Kleopatras Lehrern. Die Königin störte sich daran nicht; sie lernte gern. Den Großteil ihres Lebens hatte sie in Schulzimmern verbracht, wo sie die Eigenschaften ihres Reiches lernte und deren Sprachen obendrein.
    »Du hast wunderbare Instrumente mitgebracht, für die es auf unserer Welt keine Entsprechungen gibt. Ja doch, all das ist bekannt.«
    »Dann will ich dir nun sagen, was allein mir bekannt ist«, erklärte Patrikia. Sie blickte durch den Audienzsaal und richtete ihren ungewöhnlichen Blick wieder auf die Königin. »In Privataudienz. Ich empfange dich in meinen Gemächern.«
    Der Audienzsaal wurde rasch geräumt, und Kleopatra ließ unkompliziert ihre schweren Roben fallen und raffte ein leichtes Gewand um die Schultern. Einzig in Begleitung von zwei Kriegern und den beiden Söhnen der Sophe begaben sie sich zu den königlichen Gemächern. Platten mit Wachteln und kristallene Karaffen mit Wein aus Kos erwarteten sie, und die Sophe tafelte mit der Königin, was eine sehr seltene Auszeichnung war.
    Nachdem sie satt waren, aßen die Söhne, und Kleopatra und Patrikia ließen sich behaglich in einer Ecke auf weichen Polstern nieder. Damit sie ungestört wären, zogen Diener rundum Vorhänge zu.
    Erst jetzt öffnete Patrikia den Deckel der hölzernen Truhe. Dort lagen auf schwerem Purpur – der Filz stammte aus Pridden, die Farbe aus Ioudeia – ein handtellergroßer silbrig-gläserner Gegenstand, ein zweiter, etwas kleinerer Gegenstand und ein sattelähnliches Gebilde mit zwei abstehenden Griffen.
    Diese Gegenstände waren beinahe so berühmt wie der Schatz des Feldherrn Ptolemaios Söter, besonders in Gelehrten- und Philosophenkreisen. Wenige hatten sie zu Gesicht bekommen, nicht einmal ihre Mutter und ihre Väter.
    Kleopatra betrachtete mit unverhohlener Neugier. »Erklär’s mir, bitte.«
    »Damit«, und Patrikia deutete auf das kleinere flache Ding, »kann ich die Eigenschaften von Raum und Zeit messen. Vor Jahren, als ich nach dem Tod meines Gemahls im Hypateion Zuflucht suchte, machte mir einer der Tekhnai dort neue Batterien, so daß die Geräte wieder gehen.«
    »Ich muß ihnen eine Belobigung aussprechen«, sagte Kleopatra. Patrikia lächelte und winkte ab, als wäre das nicht von Belang.
    »Die Philosophie und Tekhnos deiner Welt sind in mancher Hinsicht nicht so fortgeschritten wie in meiner Welt, obwohl der Abstand gering ist. Dafür habt ihr begnadete Mathematiker und Astronomen. Meine Arbeit ist gediehen.«
    »So?«
    »Und…« Patrikia hob das Ding mit den Griffen aus der Truhe. »Dieses Instrument sagt mir, wenn jemand versucht, einen Zugang zu unsrer Welt, dieser Gaea, zu schaffen. Es spürt ihr Vordringen und meldet es mir.«
    »Hat es denn noch einen andern Zweck?« fragte Kleopatra, die wußte, daß ihr Horizont bereits überschritten war.
    »Nein. Nicht hier, nicht jetzt.«
    Zu ihrem Erstaunen bemerkte die Königin, daß die greise Priesterin Tränen in den Augen hatte. »Ich habe meinen Traum nie aufgegeben«, sagte die Priesterin. »Und auch die Hoffnung nicht. Aber ich werde alt, meine königliche Hypselotes, und meine Sinne lassen nach…« Sie stemmte sich hoch von ihrem Platz und ließ sich mit einem Seufzer wieder nieder. »Dennoch bin ich mir nun sicher. Ich habe von diesem Gerät das Zeichen bekommen.«
    »Zeichen wofür?«
    »Ich weiß zwar nicht, warum oder wo, meine Königin, aber es ist ein Zugang zu unserer Welt geschaffen worden. Dieses Gerät spürt das Vorhandensein ebenso wie ich. Irgendwo auf Gaea, meine Königin. Bevor ich sterbe, möchte ich diesen Zugang finden, um zu sehen, ob ich auf die Erfüllung meines Traums hoffen kann…«
    »Ein Zugang? Was meinst du damit?«
    »Ein Tor zu dem Ort, von dem ich stamme. Sie haben vielleicht mein Tor wieder geöffnet. Oder es hat jemand einen ganz neuen Weg zu den Sternen geschaffen.«
    Kleopatra war mit einemmal betrübt. Die Instinkte von hundertundzwanzig Generationen makedonischer Thronfolge schlummerten nicht untätig in ihrem Blut. »Sind die Bewohner deiner Welt friedlich und verträglich?« wollte sie wissen.
    Der Blick der Priesterin wurde verschleiert. »Ich weiß nicht. Wohl schon. Dennoch bitte ich die Königin, diesen Zugang, dieses

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