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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sollte, was sehr unwahrscheinlich ist, so können wir innerhalb von zwei Minuten zurück in der Schleuse sein.«
    Farley überprüfte die Dichtungen von Patricias Anzug und drückte einen roten Knopf auf einer Schalttafel neben der Leiter. Leise wurde die Luft aus der Kabine gepumpt, bis Patricia nur noch das eigene Atmen hörte. Farley schaltete den Helmfunk an.
    »Die Leiter hoch«, sagte sie.
    »Ist das erste Mal im Raumanzug für mich«, bemerkte Patricia, die Farley auf den Sprossen folgte.
    »Gemäß der OTV-Besatzung bist du nicht raumkrank geworden.«
    »Schwerelosigkeit ist lustig.«
    »Hm, ich hab’ drei Tage gebraucht, um mich daran zu gewöhnen.«
    Farley drehte das Rad an der Luke und stieß dagegen. Sie klappte langsam auf und blieb dann stehen, bis Farley eine Sprosse höherstieg und wieder drückte. Nun öffnete sich die Luke vollends. Batterien von Flutlichtlampen waren im Bohrloch installiert, obwohl die Öffnung zur siebten Kammer nur wenige Meter entfernt lag und das milchtrübe Licht der inneren Plasmaröhre leicht hindurchschimmerte.
    Patricia blickte nach Süden. Die Wände des Bohrlochs – rauh und unregelmäßig gefurcht – verschwanden in der Dunkelheit. Am Ende dieser Schwärze lag ein Lichtkreis, klein wie die Mündung eines Luftgewehrs in Armeslänge. Patricia sah genauer hin und bemerkte großflächiges dunkles Intrusivgestein im Asteroidmetall.
    »Die Plasmaröhre beginnt in jeder Kammer neu«, sagte Farley. »Sie liegt an den Kappen an und wird gehalten von einer recht schwachen Flasche, die zugleich die Atmosphäre abdichtet. Andernfalls wäre die ganze Luft durch die Bohrlöcher geronnen. Ausgelaufen, meine ich. Ausgeronnen?«
    »Ausgelaufen ist fein«, sagte Patricia. »Würde die Luft nicht aufgrund der Rotation in den Kammern bleiben?«
    »Die Höhenstaffelung spielt eine Rolle. Ohne die Flaschen wäre der atmosphärische Druck an den Bohrlöchern noch zirka hundertachtzig Millimeter Quecksilbersäule.«
    »Hm.«
    »Wir glauben, es befinden sich im Röhrenumfang geladene Platten, die ins Material der Kappe eingelassen sind, aber das wurde noch nicht untersucht. Und die Korridorröhre unterscheidet sich beträchtlich von den andern Röhren. Wir haben noch weniger Ahnung, wie die funktioniert!«
    Sie bewegten sich entlang der Bohrlochwand mittels der allgegenwärtigen Führungsseile und Sprossen. Beim Rand des Lochs stand ein etwa fünfzig Meter hohes Gerüst. Dieses Gerüst war von unten bis oben mit einer Leiter innerhalb eines langgezogenen, zylindrischen Käfigs versehen.
    »Du zuerst«, sagte Farley. Patricia trat in den Käfig und zog sich mit den Händen Sprosse für Sprosse empor, wobei die Beine ungenutzt nachschlenkerten; so hatte sie es an Farley in der Luftschleuse beobachtet. »Wenn du über dem Käfig bist, dann hake die Sicherungsleine an deinem Anzugring ein. Falls du’s fertigbringst und davonfliegst, dann fange ich dich mit einem Seil wieder ein.«
    Oben auf dem Gerüst, das direkt an der Achse des Steins anlag, schnappte sich Patricia die Sicherungsleine und wich zur Seite, um Farley Platz zu machen. Ein zweiter zylindrischer Käfig reichte fünf, sechs Meter über den Rand hinaus. Farley gab ein Zeichen, und sie kletterten über die Steilhänge der Kappe hinaus.
    »Das Plasma ist aus diesem Blickwinkel ziemlich klar, wie du sehen kannst«, stellte Farley fest. Sie hatten einen unbeschreiblichen Ausblick auf den Korridor. Ohne die offensichtlichen Anhaltspunkte für die verzerrte Perspektive stellte sich die Landschaft dar, als wäre sie auf eine große Schale aufgemalt. Die Details wirkten etwas trüb durch die Plasmaröhre, die sich im Zentrum der gegenüberliegenden Kappe zu einem hellen Lichtkreis konzentrierte.
    »Die Russen dürfen nicht bis hierher. Allerdings sind sie in den andern Bohrlöchern zugange.«
    Was Patricia am Ende des zweiten Käfigs sah, das gab ihr einen Stich. Farley bedeutete ihr, näherzutreten.
    »Das ist’s«, sagte sie. »Hier gerät alles durcheinander im Korridor.«
    Es glich einem Rohr aus Quecksilber, war einen halben Meter dick, verlor sich im eigenen Fluchtpunkt, aber weder in einer Geraden noch in einer Kurve, bewegte sich nicht und stand nicht still. Falls man von einer Reflexion sprechen konnte, so verhielt es sich jedoch nicht wie ein Spiegel, sondern gab kaum erkennbare Bilder der Umgebung wider.
    Patricia näherte sich der Singularität, wobei sie darauf achtete, das Ding nicht direkt anzusehen. Hier waren die Gesetze

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