Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
überprüfte die angelieferte Ware anhand der Tafel. Die Ladung, die aus dem Kokon geschält und zusammenmontiert war, entsprach den Angaben, die das technische Team vor einem halben Jahr aufgestellt hatte. Eine verrückte Zeit damals: man sollte ein Gerät konstruieren, das lächerliche Eigenschaften aufwies, um zu bewältigen, was keiner der Techniker kapierte. Aber seinerzeit waren grüne Abzeichen eine Rarität gewesen.
    Nun konnte ihm keiner mehr das grüne Abzeichen vorenthalten. Er war der einzige, der das Gerät testen und andere anlernen könnte.
    Es war ein gediegenes Stück Handwerksarbeit: ein hohler Zylinder von zwanzig Metern Länge und sechs Metern Durchmesser, der an eine riesige, vom Innenleben befreite Flugzeugdüse erinnerte. Heinemann warf einen Blick hinein auf die sichelförmigen Metallgreifer, die das geheimnisvolle Etwas, das der Zylinder aufnehmen würde, umklammern sollten. Die Klammern ruhten nun auf Plastikeinlagen, die entfernt würden, wenn der Zylinder in Position wäre.
    Röhrengleiter hieß das Ding. Daneben stand – von einem späteren OTV in drei Kokons angeliefert – eine umgerüstete, propellergetriebene Boeing-Beil, ein Vertical/Short-Takeoff-and-Landing-Flugzeug, kurz V/STOL, des Typs NHV-24B. [x]
    Es war das eigenartigste Flugzeug, das er je zu Gesicht bekommen hatte. Ursprünglich für die U.S. Air Force entwickelt und auf Such- und Bergungsmissionen ausgelegt, konnte es seine an den Flügelspitzen montierten Rotoren um 120° schwenken. Die jeweils fünf Blätter der beiden Propeller waren versenkbar. Und am Schwanz saß, über der Mittellinie ausgerichtet, ein Raketentriebwerk auf Kerosin-Sauerstoff-Basis, um zusätzlichen Schub zu bringen – nur wozu?
    Die Flügel waren flott nach vorn gezogen und um drei Viertel nach hinten am Rumpf versetzt, so daß sie beinahe das V-Leitwerk berührten. Die Maschine konnte neben der zweiköpfigen Besatzung achtzehn Passagiere oder entsprechende Lasten tragen. Sie war Flugzeug und Hubschrauber und Rakete in einem.
    Heineman war begeistert, wenn er nur die technischen Details las. Er hatte schon immer eine Schwäche für Rube-Goldberg-Apparätchen gehabt.
    Das V/STOL konnte in drei Positionen am Röhrengleiter befestigt werden: wie ein Pfeil in einem Klotz, wobei Spitze und Tankstutzen in der Zylindermitte steckten; in der gleichen Haltung, nur diesmal im Arsch des Zylinders steckend, wie Heineman das bezeichnete, so daß die Rakete den Röhrengleiter durch die Plasmaröhren und Bohrlöcher zur siebten Kammer befördern könnte; und schließlich an den Bauch des Zylinders geklammert.
    Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was es bringen würde, sobald es in Position wäre. Aus Piloten- oder Astronautensicht war’s der helle Wahnsinn. Wie wäre der Zylinder auf seiner Auflage – was immer das sein mochte – zu stabilisieren, während das V/STOL festmachte? Der Zylinder hatte keinerlei Antrieb und Steuerung. Der komische Apparat wäre gerade stabil genug, um mittels Raketenantrieb die Achse entlangzugleiten.
    Das soll nicht meine Sorge sein, dachte er sich und setzte das letzte Okay auf die Tafel. Trotz seiner anfänglichen Begeisterung war ein Flugzeug in Heinemans Augen erst dann eine wirklich schöne Maschine, wenn man sie geflogen – und überlebt hatte.
    Der Kokon hatte auch unter Einfuhrverbot stehende Ware enthalten. Nicht im Verzeichnis – im offiziellen Verzeichnis zumindest – standen zwei Metallkisten in Sarggröße. Heineman konnte sich ausmalen, was die Kisten enthielten: superschnelle, radargesteuerte Gatling-Geschütze.
    Er konnte sich auch denken, wo und wozu sie montiert würden. Sie gehörten Joint Space Command, und der einzige, der von ihrer Ankunft zu wissen brauchte, das war Captain Kirchner. Sie verletzten eindeutige ISCCOM-Richtlinien für den Stein.
    Heineman war es gewohnt, zwei Herren zu dienen. Er wußte, daß Kirchner und JSC ihre Gründe hatten, gegen die Regeln zu verstoßen. Er wußte, daß Lanier und Hoffman diese Gründe mit der Zeit schätzen lernen würden.
    Heineman stellte sicher, daß die Kisten in den Landebereich des externen Sicherheitsteams transportiert wurden und strich sie dann einfach aus seinem Gedächtnis.
    Er schwebte am Montagebereich vorbei und schaute auf seine Uhr. Garry hatte sich verspätet.
     
    Lanier zog sich an den Seilen entlang zum dritten Landedock. Röhrengleiter und V/STOL vereinnahmten die Ladebühne wie Primadonnen bei der Kostümprobe ihren Garderobenspiegel.
    Heineman

Weitere Kostenlose Bücher