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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hat ein neues Niveau erreicht, Roland. Wir verzeichnen eine starke Zunahme von plötzlichen Amokläufen und Tobsuchtsanfällen. Bei den sekundären Kontaminationen scheint es jetzt innerhalb kurzer Zeit zu starken psychischen Veränderungen zu kommen. Wir haben Bestätigungen aus Köln, Berlin, Frankfurt und München. Frankreich und Großbritannien haben bereits die höchste Alarmstufe ausgerufen, und in Übersee erwägt man einen Einreisestopp für Europäer.«
    »Sie können die Grenzen so dicht machen wie sie wollen«, brummte Singerer. »Sie haben das Problem bereits im Land.«
    Hinter den drei Körpern auf dem Parkplatz zeigten sich Blutspuren, die zum Eingang der Klinik führten. Zwei Männer lagen neben einem Mercedes-Kombi, die Augen noch im Tod weit aufgerissen, die Kleidung teilweise zerfetzt. Glassplitter steckten in offenen Wunden, aus denen Blut quoll.
    »Ich sehe sie«, sagte Tanner über die verschlüsselte Verbindung.
    Einige Meter entfernt lag die dritte Person, eine Frau Anfang dreißig. Ihr Gesicht wies lange Kratzer auf, und ein großes Stahlfragment steckte wie ein Dolch in ihrer Seite. Es grenzte an ein Wunder, dass sie es überhaupt aus dem Gebäude bis zum Parkplatz geschafft hatte. Auf dem Schild am Kittel stand ein Name: Dr. Annabel Gerner.
    Harbachs Männer eilten weiter, und Singerer folgte ihnen, nachdem er einen kurzen Blick auf die Toten geworfen hatte.
    »Wenn es zu einem Kontakt zwischen den Kontaminierten
und den Patienten in den anderen Stockwerken der Klinik kam …«, sagte er. »Es könnten bereits alle infiziert sein.«
    »Retten Sie, was zu retten ist, Roland«, erwiderte Tanner. »Wir brauchen Ritter und seine Daten. Und wir brauchen den einen oder anderen von ihm behandelten Kontaminierten. Jetzt noch einmal von vorn anzufangen …«
    Sie betraten das Gebäude. Während Harbachs Leute vor ihm ausschwärmten und das Erdgeschoss sicherten, eilte Singerer zur Glastür und dahinter nach links. Der Aufzug stand offen - eine Leiche verhinderte, dass die Tür sich schließen konnte. Ein kleiner, schmächtiger Mann lag dort, und sein Gesicht wirkte noch faltiger als zu Lebzeiten. Singerer erkannte Dr. Ritter auf den ersten Blick.
    Der Einsatzleiter erschien an seiner Seite. »Schusswunden«, stellte er fest. »Die Amokläufer verfügen also über Waffen.« Er gab die Information an seine Männer weiter. Sechs von ihnen liefen zur Treppe; der siebte trat an ihnen vorbei in den Lift.
    Harbach zog den toten Ritter in den Flur, während der Mann im Lift die Tür offen hielt. Dann drückte Singerer den Knopf für die Quarantänestation. Die Tür glitt zu, und die Kabine setzte sich in Bewegung.
    Ernst Tanner schwieg, und dafür war Singerer dankbar. Er schaltete kurz auf die lokale Frequenz um und hörte die Stimmen der Männer, die zu den anderen Einsatzgruppen gehörten - sie hatten in den oberen Stockwerken die Leichen einiger Patienten gefunden. Ein Tastendruck am Funkgerät beendete das Stimmengewirr.
    Der Lift erreichte das zweite Kellergeschoss und hielt an. Singerers Finger schlossen sich fest um den Griff seiner Pistole.
    Die Tür öffnete sich.

    Vor ihnen erstreckte sich ein halbdunkler Flur, in dem nur noch eine Notlampe brannte. In dem Büro weiter vorn schien eine Explosion stattgefunden zu haben: Das Fenster war geborsten, eine dünne Wand halb aufgerissen. Dahinter, so wusste Singerer, befanden sich der Raum mit den Schutzanzügen und die Sicherheitsschleuse.
    Eine seltsame Stille herrschte, als sie durch den Flur gingen. Harbach hob einmal kurz die Hand zum Helm; vermutlich empfing er Meldungen von den anderen Gruppen. Der Mann vor ihnen erreichte die Tür des Büros, in dem es offenbar zu einem Feuer gekommen war, wie Singerer jetzt sah: Die gegenüberliegende Wand war rußgeschwärzt, und Löschschaum bedeckte einen Teil des Bodens, bildete an einer Stelle sogar eine deutliche Erhebung. Jemand hatte das Feuer gelöscht. Vielleicht Ritter, bevor er mit dem Lift nach oben gefahren war, spekulierte Singerer.
    Harbach und sein Mann betraten das Büro, sahen sich kurz um und wandten sich dann der nächsten Tür und dem Umkleideraum dahinter zu.
    Der kleine Hügel aus weißem Schaum geriet in Bewegung, und aus dem Weiß rollte ein Mann, den Singerer bei seinem letzten Besuch in der Klink hinter einer Panzerglasscheibe gesehen hatte: Arnim Sennstett. Beide Augen verbargen sich unter einem dicken Verband, aber er schien sich trotzdem gut orientieren zu können, denn er hob eine

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