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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Kanister fallen und holte ein Feuerzeug hervor, das er irgendwo gefunden hatte.
    »Um Himmels willen, warte!«, sagte Singerer hastig. Er warf den eigenen Kanister fort, ergriff den jungen Mann am Arm und zog ihn mit sich.

    »Die anderen Leute«, sagte Mary. »Sie sind nicht weit von hier, und sie können nicht weg. Wir haben die Tür verriegelt.«
    Ein Klirren kam aus dem Flur, und Singerer hoffte, dass die anderen Überlebenden tatsächlich in der Abteilung eingesperrt blieben, deren Zugang sie blockiert hatten. Es war schwer genug gewesen, die Kontaminierten dorthin zu locken, und sie hatten keine Gelegenheit gefunden festzustellen, ob es nicht doch irgendwo ein Schlupfloch für sie gab.
    »Das Feuer wird sich zur anderen Seite hin ausbreiten«, erwiderte Singerer. »Dorthin, wo wir die Türen offen gelassen haben. Und bevor es ganz außer Rand und Band gerät, greifen die Leute draußen ein und löschen es. Das ist ja der Sinn der ganzen Sache.«
    Singerer fragte sich kurz, warum er es für nötig hielt, den Plan zu erklären. Wen wollte er überzeugen, Mary oder sich selbst? Die Wahrheit lautete: Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass das Feuer die Eingeschlossenen erreichte, bevor sich die Leute draußen entschlossen, gegen die Flammen vorzugehen. Vielleicht entschieden sie sogar, nichts zu unternehmen und es dem Feuer zu überlassen, die Kontamination auszumerzen.
    Sie wichen in den Flur zurück, und dort gab Singerer José ein Zeichen. Der junge Mann lächelte glücklich, entzündete einen Lappen und warf ihn durch die Tür. Es machte Wumm , und von einem Augenblick zum anderen brannte das Labor. José stand reglos da und beobachtete hingerissen die Flammen; Singerer musste ihn erneut mit sich ziehen.
    Als sie den Westflügel des Krankenhauses verließen und dabei die Fenster mieden, um nicht von draußen gesehen zu werden, fragte sich Singerer erneut, warum er zugelassen hatte,
dass Mary und José ihn begleiteten. Aus Mitleid? Weil er sich selbst hilflos und allein gefühlt hatte? Weil sechs Augen mehr sahen als zwei, auch wenn vier von ihnen vielleicht in eine andere Realität blickten? Die Klinik war groß; es ließ sich nicht ausschließen, dass es hier noch irgendwo lebende Kontaminierte gab, abgesehen von denen, die im Westflügel festsaßen. Vielleicht waren sie sogar bewaffnet - Singerer hatte nicht alle Pistolen der toten Beamten des Spezialeinsatzkommandos gefunden. Eine trug er in seinem Gürtelhalfter, und die anderen von ihm entdeckten Waffen wusste er an einem sicheren Ort.
    Sie liefen durch leere Flure, aus denen nur wie zögernd die Dunkelheit der Nacht wich, als draußen ein neuer Tag begann. Als sie einen Stock weiter unten und im mittleren Teil der Klinik einigen zertrümmerten Tischen und Stühlen auswichen, kam Singerer einem Fenster so nahe, dass er die Stacheldrahtbarriere beim Parkplatz und die Einsatzfahrzeuge dahinter sehen konnte.
    »Elmer sagt, dass du lügst«, sagte Mary plötzlich.
    Singerer verzichtete auf eine Antwort. Marys Gedanken schienen zwischen der Realität und einer Scheinwelt zu wechseln, in der sie einen imaginären Freund namens Elmer hatte.
    »Elmer sagt, dass sich das Feuer auch in die andere Richtung ausbreiten kann. Die Eingesperrten sind ihm viel zu nahe.«
    »Ihnen passiert schon nichts«, erwiderte Singerer, eilte weiter und verzog das Gesicht, als neuer Schmerz durch den linken Arm pulsierte.
    »Elmer sagt, du denkst nur an dich«, sagte Mary.
    Sie erreichten die Treppe, blieben dort stehen und warteten darauf, dass der schwer atmende José zu ihnen aufschloss.
    »Sag deinem Elmer, dass er sich irrt. Ich habe euch beide vor
den Übergeschnappten geschützt, oder? Ist das vielleicht Egoismus? Und ich helfe euch auch jetzt; ich nehme euch mit.«
    »Elmer glaubt dir nicht.«
    Singerer sah das Mädchen an. Zum Teufel mit Elmer, dachte er. »Von wem sprichst du?«, fragte er.
    »Er ist mein Freund«, sagte Mary und deutete auf eine Stelle beim Treppengeländer. »Er steht dort.«
    José strich das tief in die Stirn hängende zerzauste Haar zurück und zitterte noch stärker als vorher. »Es brennt«, sagte er leise. »Es brennt.«
    Draußen heulte eine Sirene.
    »Hörst du?«, wandte sich Singerer an Mary. »Das dürfte die Feuerwehr sein. Das Feuer wird gelöscht, bevor es die Eingeschlossenen erreicht. Kommt, beeilen wir uns.«
    Sie liefen die Treppe hinunter. Im ersten Stock bestand Mary darauf, dass sie kurz in dem Zimmer Halt machten, in dem Singerer

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