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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Zoll Flachbildschirm blickte - der deutsche Innenminister.
    »Wenn Sie die Güte hätten, meine Frage zu beantworten …«, sagte Tanner und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Benjer, Henriette und die anderen saßen an einem rechteckigen Tisch, dessen Ende sich knapp einen Meter vor dem Schirm an der Wand befand.
    Ignazio fühlte erwartungsvolle Blicke auf sich ruhen und nahm Platz.
    »Der Vatikan hat versucht, so gut wie möglich Hilfe zu leisten«, sagte er, was durchaus der Wahrheit entsprach. Zumindest war es keine Lüge. »Was möchten Sie wissen?«

    Tanner deutete zur Fensterfront, und seine Geste galt den vielen großen Wandbildschirmen in dem runden Saal. »Die Welt spielt verrückt. Beziehungsweise große Teile von ihr. Selbst in den arabischen Staaten, Russland, Indien und China gibt es Fälle von Amokläufern. Wir wissen inzwischen, dass die Kontaminierten ihrerseits andere Menschen anstecken können, aber wir haben noch immer keine klare Vorstellung davon, worin die Kontamination besteht. Wir arbeiten daran, doch leider gibt es Rückschläge.« Tanners Miene verdunkelte sich kurz. »Womit haben wir es zu tun, Signor Giorgesi? Was hat Raffaele in Kalabrien mit den Leuten gemacht, die ihn besucht haben?«
    »Steckt der Teufel in ihnen?«, fügte Henriette hinzu und schien selbst nicht zu wissen, ob sie ihre Worte ernst meinte.
    »Der Teufel hat hiermit nichts zu tun«, antwortete Ignazio langsam. »Oder vielleicht doch, denn manchmal sind seine Wege ebenso unergründlich wie die des Herrn. Aber er ist an dieser Angelegenheit zumindest nicht direkt beteiligt. Was wir derzeit erleben, ist das Werk der Sechs, und ich fürchte, es wird noch schlimmer werden.« Er holte tief Luft. »Wir haben es mit Geschöpfen zu tun, die viele Jahrtausende alt sind, vielleicht sogar Jahrmillionen, und sie verfügen über Fähigkeiten, die weit über alles Menschliche hinausgehen.«
    »Wie zum Beispiel die, sich viel schneller zu bewegen als gewöhnliche Menschen und sogar einer Pistolenkugel auszuweichen?«, fragte Benjer.
    »Ja. Und das ist noch längst nicht alles. Die Bibel bezeichnet diese Geschöpfe als › Nephilim ‹ . Es sind die letzten ihrer Art, zumindest in dieser Welt. Aber vielleicht nicht mehr lange.«
    Einer der anderen Männer schnaufte leise. »Bitte lassen Sie
sich nicht alles aus der Nase ziehen, Signor Giorgesi. Erzählen Sie uns alles, und am besten der Reihe nach, damit wir es verstehen können.«
    Ignazio fragte sich, wo er beginnen sollte, ohne das Geheimnis zu gefährden. »Im dritten Jahrhundert nach Christus öffneten Grabräuber bei Jerusalem etwas, das sie für eine Grabstätte hielten, in Wirklichkeit aber ein Kerker war, und dadurch entkamen die darin gefangenen sechs Nephilim. Zu jenem Zeitpunkt waren sie von ihrer langen Gefangenschaft geschwächt; sie brauchten Kraft, um zu wachsen und in der Lage zu sein, die Trennung zwischen den Welten zu überwinden.«
    Er sah Tanner an und kam seiner Frage zuvor. »Bitte haben Sie etwas Geduld. Ich komme gleich darauf zurück. Nun, damals war unsere Welt größtenteils leer. Es lebten nicht annähernd so viele Menschen auf der Erde wie heute, und die Sechs brauchten so etwas wie … negative Energie, um sich zu erneuern. Menschliches Leid, Schmerz, Kummer und Trauer, die Verzagtheit gequälter Seelen, all das, was uns von Gott entfernt … Es ist wie Nahrung für die Nephilim.« Ignazio unterbrach sich kurz und ermahnte sich dazu, noch vorsichtiger zu sein. Es war falsch, in diesem Zusammenhang Gott zu erwähnen; so etwas konnte die Gedanken in eine gefährliche Richtung lenken.
    »Auf der einen Seite das Gute und auf der anderen das Böse?«, fragte Benjer. »Läuft es darauf hinaus? Sind die Nephilim so etwas wie die Dämonen der katholischen Kirche?«
    »Ich fürchte, das Dämonische ist nicht auf die katholische Kirche beschränkt«, erwiderte Ignazio und wusste sich auf brüchigem Eis.

    Tanner gestikulierte vage. »Lassen Sie sich nicht unterbrechen, Signor Giorgesi. Fahren Sie fort. Sie sprachen von Schmerz und Leid als Nahrung der Nephilim.«
    Ignazio nickte und beschloss, seine Worte noch sorgfältiger zu wählen. »Was wir derzeit erleben, ist eine Art Bankett für sie. Es gehört zum Zweck der Saat: Sie soll möglichst viel negative Energie für die Nephilim erzeugen, damit sie diesmal ihr Ziel erreichen. Es ist ihr dritter Versuch, und wenn kein Wunder geschieht, werden sie Erfolg haben.«
    Er senkte den Blick und spürte für

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