Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aeon

Aeon

Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
mindestens ein Drittel Lichtgeschwindigkeit beschleunigen vor der Begegnung mit der Plasmafront.
    Mit dem Eintritt des Sternmaterials in den Weg würde das Plasma unter die Fusionstemperatur sinken, aber immerhin noch an die neunhunderttausend Grad beibehalten. Die passierenden Geshel-Siedlungen würden allerdings für eine rasche Wende sorgen.
    Wenn sie gegen die Front prallten, würde ihre Raum-Zeit-Schockwelle das superheiße Plasma in einen dünnen Film auswalzen. Der Film, der sich nach der Passage um den Korridor legte und keine für eine Fusion notwendige Temperatur mehr hätte, würde den Weg somit mit einem noch kraftvolleren Plasma füllen. Im Endeffekt würden die Siedlungen das Plasma und den Weg in eine schlauchförmige Nova verwandeln.
    Mirski war bemüht, die öffentliche Diskussion zu verfolgen, obschon das Vorhaben absolut irrsinnig, ja herrlich verrückt war. Ob er dabei sterben würde, war von untergeordneter Be deutung; er steckte mitten in einem gigantischen Plan, der seine allerkühnsten Träume überschritt.
    Die Politiker der Geshel, denen von den Sezessionisten freie Hand gelassen wurde, planten fieberhaft. Front und Heck müssten stark abgeschirmt werden, um die Bewohner der Siedlungen vor der harten Strahlung zu schützen; das bedeutete eine zusätzliche Belastung für die vier verbliebenen Defektgeneratoren, deren Kapazität durch die hohe Gleitgeschwindigkeit entlang des Defekts bereits erschöpft war. War es machbar?
    Ja – beschlossen die Physiker. Gerade noch.
    Ebenfalls abzuschirmen war der Defektkanal; der Defekt würde hohe Dosen tödlicher Strahlung aussenden. Wäre die erforderliche Abschirmung konstant zu halten?
    Ja. Aber mit noch größeren Bedenken.
    Trotz der Ungewissheit herrschte eine erstaunliche Einmütigkeit bei den Bewohnern der beiden Bezirke. Sie wollten nicht zur Erde zurückkehren; sie hatten ihren Blick auf die Zukunft gerichtet, nicht die Vergangenheit. Und nach dem vierhundertjährigen Kampf gegen die Jarts waren sie nicht bereit, ihnen nun den ganzen Weg abzutreten.
    Rimskaya, der vor seiner Kugel durch den Wald schwebte, mied alle Einzelheiten hierüber. Er betete inständig; wer ihn dabei sah und wie man darauf reagierte, war ihm gleichgültig. Seine einzige Sorge war nämlich, ob Gott Gebete hören kann, die außerhalb der normalen Raum-Zeit-Verhältnisse gesprochen werden. Ob der Moment kommen wird, wo sie vollständig von Gott abgeschnitten sind.
    Der ihm zugewiesene Betreuer, eine homomorphe Frau, hielt auf seine Bitte hin Abstand; sie sah ein, dass sie wenig tun könne, um ihm Gewissheit zu verschaffen.
    Für sie fielen seine Fragen in ein ausgestorbenes Wissensgebiet und waren so sinnlos wie etwa die Überlegung, wie viele Engel auf einem Stecknadelkopf tanzen könnten.
    Rodenski und Mirski, die auf Nachrichten vom endgültigen Vorgehen warteten, schwebten in wenigen Metern Abstand durch die grüne Landschaft. Ein makrameeartiges Flechtwerk aus Lichtschlangen erhellte eine dreidimensionale Lichtung unterhalb ihrer Quartiere und warf den Schatten von Blättern darauf. Mirski beobachtete den jungen Unteroffizier und studierte den Glanz seiner Haut, die seine Lippen umspielende Aufregung, die munteren, großen Augen. Die Zukunft ist wie eine Droge für ihn, dachte Mirski. War’s für ihn selbst auch so?
    »Ich kapier so wenig«, gab Rodenski zu und zog sich an einem Zweig näher zu Mirski, der in einer Astgabel hockte. »Aber ich meine, ich kapier’s schon noch. Die sind so hilfsbereit! Wir sind für die ganz schön eigenartig, nicht wahr? Trotzdem haben sie uns mit offenen Armen aufgenommen!«
    »Wir sind eine Novität«, sagte Mirski. Er wollte dem Unteroffizier nichts von seinen eigenen Bedenken zeigen. Mirskis Herz schlug jedes Mal schneller, wenn er sich vorstellte, was ihnen bevorstand.
    Die dem mürrischen Amerikaner zugeteilte Homomorphe traktionierte zu ihnen.
    »Euer Freund macht mir Kummer«, sagte sie. »Wir überlegen, ob wir ihn zu euren Leuten zurückschicken sollten … Er gesteht es sich zwar nicht ein, aber ich meine, er hat die falsche Wahl getroffen.«
    »Lasst ihm Zeit!«, sagte Mirski. »Wir haben alle viel zurückgelassen. Wir werden alle Heimweh kriegen. Ich red mal mit ihm.«
    »Ich auch«, sagte Rodenski begeistert.
    »Nein«, erwiderte Mirski und winkte ab. »Nur ich. Ich habe schon mal mit ihm geredet bei meinen Verhandlungen mit den Amerikanern.«
    Rodenski fügte sich etwas verlegen mit einem kurzen Nicken.
    So klopfte

Weitere Kostenlose Bücher