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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sich damit vertraut gemacht. Nun aktivierte er mit eigenen kodierten Ikonen die Säule und tat sich einen Zugang zum Datengedächtnis des Gebäudes auf. Einst hatte das Gedächtnis den Bedürfnissen von Tausenden von Bewohnern gedient, ihre Aufzeichnungen geführt und Millionen mögliche Ausstattungsvariationen verwahrt. Nun war es buchstäblich leer; Olmy hatte den Eindruck, in unermesslichen, dunklen Tiefen zu treiben.
    Er piktographierte eine Magazin- und eine Registriernummer und wartete auf die codierten Fragen, die er, sobald sie vor ihm erschienen, nacheinander präzise und korrekt beantwortete.
    In der Leere manifestierte sich eine Erscheinung – bruch stückhaft, unvollständig, aber dennoch eindeutig erkennbar und zwingend.
    »Ser Ingenieur«, sagte Olmy laut.
    Mein Freund. Die nichtvokale Kommunikation war gleichmäßig und kräftig, aber tonlos. Sogar geteilt war Konrad Korzenowskis Persönlichkeit und Anwesenheit beherrschend.
    »Wir sind heimgekehrt.«
    Ja? Wann haben wir das letzte Mal gesprochen?
    »Vor fünfhundert Jahren.«
    Und ich bin noch tot …
    »Ja«, sagte Olmy leise. »Hören Sie! Es gibt viel, das Sie wissen müssen. Wir sind wieder daheim, aber wir sind nicht allein. Die Thistledown ist wieder besetzt. Es ist jetzt Zeit, dass Sie mit mir kommen …«

10
    Patricia und Lanier passierten die Kontrollen und den Zaun, betraten die Bibliothek in der zweiten Kammer und folgten dem Lichtband durchs leere Erdgeschoss und die Treppe hinauf. Im vierten Geschoss betraten sie den Lesesaal mit den dunklen Kabinen. Lanier bat sie, in der hellen Kabine Platz zu nehmen, und ging ins Magazin. Patricia schauderte wieder, allein gelassen, und spürte jene unheimliche Stimmung, wie sie – trotz der vielen absonderlichen Szenen – nur in dieser Bibliothek zu empfinden war. Als er zurückkam, trug er vier dicke Bücher auf dem Arm.
    »Das sind in etwa die letzten Bücher mit Massenauflage, die vor der Umstellung aller Informationsdienste aufs Kompaktsystem gedruckt worden sind. Nicht auf dem Stein, sondern auf der Erde. Ihrer Erde. Ich schätze, du hast längst erraten, was für eine Art von Bibliothek das ist.«
    »Eine historische. Ein Museum«, erwiderte sie.
    »Richtig. Eine altertümliche Bibliothek, für altertümliches Volk besser geeignet, nicht wahr? Wenn du in die Bibliothek der dritten Kammer kommst, wirst du den neuesten Stand der einschlägigen Technik auf dem Stein kennenlernen.«
    Er hielt ihr das erste Buch hin. Es war in ähnlichem Stil gedruckt wie Mark Twain, hatte aber einen noch festeren Einband und dickeres, zäheres Plastikpapier. Patricia las auf dem Buchrücken: » Kurze Geschichte des Todes von Abraham Damon Farmer.« Sie schlug das Impressum auf und las als Erscheinungsjahr 2135. »Nach unserem Kalender?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Ist da vom Kleinen Tod die Rede?«, fragte sie hoffnungsvoll.
    »Nein.«
    »Also was anderes«, murmelte sie. Sie las die choronologischen Angaben zu Beginn des ersten Kapitels. »Von Dezember 1993 bis Mai 2005.« Sie klappte das Buch über dem Daumen zu. »Bevor ich weiterlese, möchte ich dich etwas fragen.«
    »Frag schon!« Er wartete, aber es dauerte eine Weile, bis sie die richtigen Worte fand.
    »Das sind Geschichtsbücher über eine Zukunft, die nicht unbedingt die unsere ist, richtig?«
    »Ja.«
    »Aber wenn diese Zeitangaben … zutreffen, stimmen … wenn es sich um unsere Zukunft handeln könnte … dann wird’s in den nächsten vier Wochen eine Katastrophe geben.«
    Er nickte.
    »Die ich verhindern soll? Aber wie? Was kann ich, verdammt noch mal, tun?«
    »Ich weiß nicht, was ein jeder von uns tun kann. Wir arbeiten längst in dieser Richtung. Falls es – und das ist sehr fraglich – überhaupt passiert. Jedenfalls sollte dir einleuchten, wenn du diese Bücher liest, dass die Welt des Steins zumindest in einem wichtigen Punkt nicht gleich der unsrigen ist.«
    »Nämlich …«
    »In der Vergangenheit des Steins kehrte kein gigantisches Asteroid-Raumschiff in Erd-Mond-Nähe zurück.«
    »Könnte das ’nen Unterschied ausmachen?«
    »Meine ich schon, du nicht?«
    Sie blätterte zur nächsten Seite. »Wie lange hab ich Zeit?«
    »Ich fliege morgen zur Erde. Übermorgen geht’s bei dir zum ersten Zirkel.«
    »Zwei Tage.«
    Er nickte.
    »Bleibe ich hier?«
    »Wenn es dir nichts ausmacht. Hinterm Magazin gibt’s ein Büro, das als Schlafraum eingerichtet ist. Es sind Lebensmittel und ein Kocher vorhanden. Und ein mobiles WC. Die Posten

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