Aerger im Bellona-Club
tat, hätten Sie sich aber denken müssen, daß Sie sich entweder geirrt hatten oder daß er einen sehr triftigen Grund hatte, von hier fortkommen zu wollen.«
»Ich habe ihm doch gar nichts vorgeworfen.«
»Natürlich nicht, aber das schien er anzunehmen.«
»Aber wieso? – Ich meine, als ich ihn zum erstenmal ansprach, habe ich nur gesagt: >Mr. Oliver, nicht wahr?< Worauf er sagte: >Sie müssen sich irren.< Ich sagte: >Bestimmt nicht. Mein Name ist Fentiman, und Sie haben meinen Großvater gekannt, den alten General Fentiman.< Er meinte darauf, er habe nicht das Vergnügen. Ich habe ihm dann erklärt, daß wir nur wissen wollen, wo der alte Mann die Nacht vor seinem Tod verbracht hat, und er hat mich angesehen wie einen Irren. Das hat mich geärgert, und als ich sagte, ich wüßte genau, daß er Oliver ist, da hat er sich beim Zugführer beschwert. Als er dann Anstalten machte, einfach zu verschwinden, ohne uns zu helfen, mußte ich an die halbe Million denken, und da hat mich so die Wut gepackt, daß ich ihn mir kurzerhand gegriffen habe. >O nein, Sie machen sich hier nicht so einfach aus dem Staub<, habe ich gesagt, und damit ging der Zirkus dann los, verstehen Sie?«
» Ich verstehe«, sagte Wimsey. »Aber verstehen Sie denn nicht, daß dieser Mann, wenn er wirklich Oliver ist und sich so gut, mit falschem Paß und allem, auf die Flucht vorbereitet hat, etwas Wichtiges zu verbergen haben muß?«
Fentiman riß den Mund auf.
»Sie meinen doch nicht – Sie wollen nicht sagen, daß an dem Tod etwas nicht stimmt? Das kann doch wohl nicht wahr sein!«
»Jedenfalls muß an diesem Oliver etwas komisch sein, oder? Wie aus Ihrer eigenen Darstellung hervorgeht.«
»Ja, so gesehen stimmt das schon. Wissen Sie was? Wahrscheinlich hat er sich in irgendwelche Schwierigkeiten gebracht und verdrückt sich jetzt. Schulden oder Frauengeschichten oder dergleichen. Natürlich, so muß es sein. Und als ich dann aufkreuzte, kam ihm das furchtbar ungelegen. Also hat er mich abgewimmelt. Jetzt verstehe ich das alles. Na ja, in diesem Falle schreiben wir ihn lieber gleich ab. Den kriegen wir nicht zurück, und vermutlich kann er uns ja doch nicht weiterhelfen.«
»Das ist natürlich möglich. Aber wenn Sie bedenken, daß er sich seit dem Tod des Generals nie mehr bei Gatti hat blicken lassen, wo Sie ihn früher öfter gesehen hatten – sieht das nicht so aus, als ob er mit diesem Vorfall nicht gern in Verbindung gebracht werden möchte?«
Fentiman wand sich verlegen.
»Ach, hol's der Henker! Was kann er schließlich mit dem Tod des alten Herrn zu tun gehabt haben?«
»Das weiß ich nicht. Aber wir könnten versuchen, es zu erfahren.«
»Wie?«
»Indem wir zum Beispiel eine Exhumierung beantragen.«
»Ihn ausgraben?« rief Fentiman entsetzt.
»Ja. Die Leiche wurde ja nicht obduziert, wie Sie wissen.«
»Das nicht, aber Penberthy wußte schließlich genau Bescheid und hat den Totenschein ausgestellt.«
»Schon, aber um die Zeit gab es ja auch noch keinen Grund, Unregelmäßigkeiten zu vermuten.«
»Den gibt es auch jetzt nicht.«
»Es gibt doch etliche merkwürdige Umstände, um es vorsichtig auszudrücken.«
»Es gibt nur diesen Oliver – und letztlich könnte ich mich da doch auch getäuscht haben.«
»Ich denke, Sie waren so sicher.«
»War ich auch. Aber das ist doch grotesk, Wimsey! Und denken Sie mal an den Skandal, den das geben würde!«
»Wieso? Sie sind der Testamentsvollstrecker. Sie können die Exhumierung privat beantragen, und dann kann sie in aller Stille vorgenommen werden.«
»Gewiß, aber das Innenministerium würde bei so einem windigen Verdacht doch nie seine Zustimmung geben.«
»Dafür werde ich schon sorgen. Die wissen, daß ich mich nicht dafür interessieren würde, wenn nichts daran wäre. Mit Windeiern habe ich mich noch nie abgegeben.«
»Bleiben Sie doch mal ernst. Welchen Grund könnten wir denn angeben?«
»Von Oliver abgesehen, einen sehr guten. Wir können sagen, daß wir den Inhalt seines Verdauungstraktes untersuchen lassen wollen, um zu sehen, wie lange nach seiner letzten Mahlzeit der General gestorben ist. Das könnte für die Feststellung des Todeszeitpunktes sehr nützlich sein. Und das Gesetz nimmt es, allgemein gesprochen, mit der ordnungsgemäßen Erbschaftsregelung sehr genau.«
»Hören Sie auf! Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie den Todeszeitpunkt eines Menschen feststellen können, indem Sie ihm in den Bauch gucken!«
»Natürlich nicht genau. Aber eine
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