Aerger im Bellona-Club
Hauptmann George Fentiman, der jüngere Enkel, bekommen. Dies wird in einer ausführlichen Testamentsklausel verfügt, in der es heißt, der Erblasser beabsichtige keinerlei Affront gegen seinen älteren Enkel, Major Robert Fentiman, indem er diesen übergehe, aber George sei als Invalide und verheirateter Mann und so weiter stärker auf finanzielle Hilfe angewiesen, während Robert doch seinen Beruf habe und ungebunden sei, und so habe George infolge größerer Bedürftigkeit ein größeres Anrecht auf das vorhandene Geld. Robert wurde schließlich als Testamentsvollstrecker eingesetzt und bekommt somit alles an Sach- und Geldwerten, was nicht an anderer Stelle ausdrücklich erwähnt wurde. Ist das klar?«
»Glockenklar. War Robert mit dieser Regelung einverstanden?«
»O ja, natürlich; vollkommen. Er kannte das Testament im voraus und fand es richtig und angebracht.«
»Trotzdem«, sagte Wimsey, »erscheint mir die Sache auf den ersten Blick so klein und geringfügig, daß ich glaube, Sie haben noch etwas richtig Niederschmetterndes im Ärmel. Heraus damit, Verehrtester, heraus damit! Mag der Schock noch so groß sein, ich bin bereit, ihn zu ertragen.«
»Der Schock«, sagte Mr. Murbles, »wurde mir persönlich vorigen Freitag von Lady Dormers Anwalt – Mr. Pritchard aus Lincoln's Inn – versetzt. Er schrieb mir und bat mich, ihm General Fentimans genaue Todeszeit mitzuteilen. Ich antwortete natürlich, daß ich ihm auf Grund der besonderen Umstände, unter denen das Ereignis stattfand, diese Frage nicht so genau beantworten könne, wie ich es gern täte, daß aber Dr. Penberthy meines Wissens gemeint habe, der General sei irgendwann am Vormittag des 11. November gestorben. Mr. Pritchard fragte dann, ob er mir unverzüglich seine Aufwartung machen dürfe, denn die Angelegenheit, die er mit mir zu besprechen habe, sei von höchster Wichtigkeit. Ich habe ihm also einen Termin für Montag nachmittag gegeben, und als Mr. Pritchard dann kam, setzte er mich von folgendem in Kenntnis: Etliche Jahre vor ihrem Tod hatte Lady Dormer – die, wie ich schon sagte, eine überaus großherzige Frau war – ihr Testament gemacht. Ihr Mann und ihre Tochter waren damals schon tot. Henry Dormer hatte nur eine kleine Verwandtschaft – und das waren alles recht wohlhabende Leute. In seinem Testament hatte er für diese Personen in ausreichender Weise vorgesorgt, und den Rest seines Vermögens, der sich auf ungefähr siebenhunderttausend Pfund belief, hatte er seiner Frau vermacht, und zwar mit der ausdrücklichen Verfügung, daß sie es als ihr Eigentum betrachten und damit machen könne, was sie wolle, ohne irgendwelche Einschränkungen. Dementsprechend wird dieses sehr ansehnliche Vermögen in Lady Dormers Letztem Willen – bis auf ein paar karitative und persönliche Vermächtnisse, mit denen ich Sie nicht behelligen möchte – zwischen den Menschen aufgeteilt, die aus dem einen oder anderen Grund das größte Anrecht auf ihre Wertschätzung hatten. Zwölftausend Pfund sollten an Miss Ann Dorland gehen. Den ganzen Rest sollte ihr Bruder, General Fentiman, bekommen, wenn er bei ihrem Hinscheiden noch lebte. Für den Fall aber, daß er vor ihr starb, sollte genau das Umgekehrte gelten. Dann sollte der Löwenanteil an Miss Dorland fallen, und fünfzehntausend Pfund sollten zu gleichen Teilen an Major Robert Fentiman und seinen Bruder George gehen.«
Wimsey stieß einen leisen Pfiff aus.
»Ganz meine Meinung«, sagte Mr. Murbles. »Es ist eine ausgesprochen heikle Situation. Lady Dormer ist am 11. November Punkt 10 Uhr 37 gestorben. General Fentiman ist irgendwann am selben Morgen gestorben, vermutlich nach zehn Uhr, weil das seine gewöhnliche Ankunftszeit im Club war, und mit Sicherheit vor 19 Uhr, als sein Tod entdeckt wurde. Wenn er sofort nach seiner Ankunft im Club gestorben ist, oder wenigstens bis spätestens 10 Uhr 36, ist Miss Dorland eine reiche Erbin, und meine Klienten, die Fentimans, bekommen jeder lediglich etwas über siebentausend Pfund. Wenn andererseits sein Tod auch nur wenige Sekunden nach 10 Uhr 37 eingetreten ist, erhält Miss Dorland nur zwölftausend Pfund, George Fentiman bleibt nur das kleine Taschengeld nach dem Testament seines Großvaters – während Robert Fentiman als Nachvermächtnisnehmer ein erkleckliches Sümmchen von weit über einer halben Million erbt.«
»Und was wünschen Sie in dieser Angelegenheit von mir?« fragte Wimsey.
»Nun«, erwiderte der Anwalt mit leisem Hüsteln, »mir
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