Aerzte zum Verlieben Band 41
ihnen kaum noch jemand. Erinnerungen an Myrtenheide, dunkle Gewässer und uralte Bäume gaukelten Leo durch den Sinn. Während Susan den Spaziergang sichtlich genoss, wurde er nur wieder schmerzlich an seinen Verlust erinnert und an das Trauma, das danach gefolgt war.
Als er Susans Blick auf sich spürte, zwang er sich zu einem Lächeln.
„Ich weiß, es war nicht einfach, Jennifer Danforth einzuwickeln, damit Murphy zu Alec auf die Station durfte“, meinte sie und lächelte ebenfalls. „Es war eine wundervolle Idee, vielen Dank. Du warst auch großartig zu Alec, als seine Mutter zusammenbrach.“
Ihr aufrichtiges Lob wärmte sein Herz und vertrieb die Erinnerungen. „Es muss für ihn eine schlimme Situation sein, wenn seine Mutter so krank ist. Ich nehme an, dass es keinen Vater gibt?“
Susan fasste Murphys Leine kürzer, als er Anstalten machte, einigen Kormoranen nachzujagen. „Ich kenne Penny und Alec erst seit heute. Aber wenn eine Frau mit ihrem Kind im Frauenhaus lebt, bedeutet das in der Regel, dass sie sich vom Vater getrennt hat.“
Leo tat alles, um das Rauschen des Flusses zu überhören, das ihm den Verstand zu rauben drohte. „Wegen gewalttätiger Handlungen?“
„Meistens, aber nicht immer. Manchmal passiert es auch, dass Frauen über Nacht verlassen wurden und für eine Weile die Unterstützung des Frauenhauses brauchen, um wieder auf die Füße zu kommen.“ Sie presste die Lippen zusammen und starrte grimmig in die Ferne. „Einige Männer können zu wahren Bestien werden.“
Die Heftigkeit in ihrer Stimme machte ihn stutzig. Susan hatte zwar seine Einladungen beharrlich abgelehnt, doch eine Männerhasserin schien sie nicht zu sein. Davon zeugte schon die respektvolle Art und Weise, wie sie mit dem männlichen Personal umging, oder wie sie mit ihm, Leo, zusammenarbeitete. Ganz zu schweigen von dem leidenschaftlichen Kuss, den sie getauscht hatten. „Vielleicht bekommst du durch deine Arbeit im Frauenhaus nur einen verzerrten Eindruck?“
„Ha, ganz bestimmt nicht!“
Ihre heftige Antwort hallte wie ein Echo von den Bäumen, und Leo konnte die Qualen aus ihrer Stimme heraushören.
Erregt redete sie weiter. „Du hast doch die blauen Flecken auf Pennys Brust gesehen. Manche Männer behandeln ihre Frauen und Kinder wie einen Gegenstand, den man nach Belieben wegwerfen kann. Sie zerstören das Leben der Frauen und lassen ihre Kinder traumatisiert zurück.“
Der Schmerz in ihrer bebenden Stimme war unüberhörbar. Abermals wollte Leo sie in die Arme nehmen, doch er wusste, dass es im Moment genau das Falsche sein würde. Ihm war klar, dass es hier längst nicht mehr um Alec ging, sondern um Susan selbst. Das war vermutlich auch der Grund, warum sie ihm meistens so zurückhaltend begegnete.
„Gehörst du selbst zu diesen Frauen, deren Leben von einem Mann zerstört wurde, Susan?“, fragte er sanft.
7. KAPITEL
Susans Herzschlag setzte einen Moment lang aus. Wie kam Leo zu dieser Frage? Wie konnte er wissen, dass alles, was heute Nachmittag geschehen war, sie nicht nur schmerzhaft an Greg, sondern auch an ihre eigene Kindheit erinnerte?
Aber das war für sie kein Grund, darüber zu reden. Es war besser, gewisse Dinge ruhen zu lassen. Sie hob den Kopf. „Wir reden hier von Alec und Penny und den anderen Frauenhausbewohnern, nicht von mir.“
Leo blickte sie skeptisch an. „Deren Situation dich persönlich gewaltig stört.“
„Nein, es hat nichts mit mir zu tun“, behauptete sie mit heftig klopfendem Herzen.
Leo glaubte ihr kein Wort. „Ich spüre doch, wie erregt du innerlich bist. Oft hilft es, wenn man darüber spricht.“
Seine Miene drückte aufrichtige Besorgnis aus und weckte in ihr den Wunsch, sich alles von der Seele zu reden. Gleichzeitig erschreckte der Gedanke sie. „Ich denke nicht daran, dir mein Herz auszuschütten.“
Er schenkte ihr ein warmes, aufmunterndes Lächeln. „Warum nicht? Man hat mir gesagt, dass ich ein guter Zuhörer bin.“
„Oh, ich bin sicher, dass viele Menschen dir das gesagt haben“, entfuhr es ihr ungewollt.
Sein Lächeln verschwand, und seine Wangenmuskeln spannten sich an. „Falls du auf meine Frauenbekanntschaften anspielst, Susan, möchte ich eine Sache klarstellen – ich bin immer offen und ehrlich zu ihnen. Ich will mein Vergnügen und eine unbeschwerte Zeit haben, und ich mache keine Versprechen, die ich nicht halten kann. Verwechsle mich also bitte nicht mit einer gewissen Sorte anderer Männer.“
Susan biss sich auf
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