Aerzte zum verlieben Band 48
anzustarren wie ein verknallter Teenager.
Was hatte sie da eben gedacht? Melora Herz klopfte wild, und sie legte sich zurück ins Kissen. Sie konnte sich doch unmöglich schon am ersten Tag in Daniel verliebt haben, oder? „Ach, das macht doch nichts, ich mag Simone sehr“, sagte sie schnell, um den verwirrenden Gedanken abzuschütteln.
Daniel strich zärtlich über Simones kleine Wange, was schon wieder ein Gefühl der Wärme bei Melora auslöste. „Und mir bedeutet sie alles. Sie ist die ganze Welt für mich, und doch muss ich ihre Welt zerstören.“
Melora runzelte die Stirn. „Wieso zerstören? Wie meinst du das?“
Er atmete tief ein, bevor er weitersprach. „Simone ist fast fünf und braucht bald mehr als das, was unser Dorf zu bieten hat. Sie wird lernen müssen, dass sie auch andere Dinge machen muss, als den ganzen Tag nur mit ihren Freunden rumzutoben.“
„Du meinst, wenn sie in die Schule kommt?“
„Ja.“
„Gibt es denn hier keine Schulen?“
„Doch.“ Daniel legte sich wieder hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Aber die sind natürlich anders als die Schulen, die du besucht hast oder ich. Den Menschen auf Tarparnii ist Bildung nicht besonders wichtig.“
„Dir aber schon, nicht wahr?“ Melora wusste gleich, worauf Daniel hinauswollte. „Du möchtest, dass Simone auf eine Schule geht, in der ihre Talente und Fähigkeiten gefördert werden, das ist ganz normal, das wünscht sich jeder Vater für sein Kind.“
„Aber warum soll das überhaupt so wichtig sein?“, wandte Daniel plötzlich ein. „Wieso kann Simone nicht so leben wie all die anderen Kinder hier im Dorf? Wie Belharas Jungs zum Beispiel, die sind glücklich und zufrieden. Simone könnte auf die hiesige Schule gehen, die grundlegenden Dinge des Lebens lernen und ein wertvolles Mitglied unserer Gemeinschaft werden.“
„Natürlich könnte sie das, aber dadurch, dass du selbst studiert hast, weißt du, was für Möglichkeiten es noch gibt, die du ihr auch bieten kannst. Belhara hat mir erzählt, dass er zuerst die traditionelle Heilkunst seines Stammes erlernt hat und sich danach vom PMA-Team zum Anästhesisten hat ausbilden lassen. Und diese zusätzliche Ausbildung ermöglicht es ihm, viel mehr für seine Leute zu tun, als er es ohne sie könnte.“
„Das ist schon alles richtig, aber das ist nur die eine Seite, über die man sich Gedanken machen muss. Mir würde es unglaublich schwerfallen, Simone wegzugeben, wie mein Vater es mit mir getan hat. Er hat mich nicht nur von meiner Mutter getrennt, sondern auch aus meinem gewohnten Umfeld gerissen und in England auf ein Internat gesteckt. Ich werde nie vergessen, wie schlimm das erste Jahr dort für mich war. Ich erlitt einen regelrechten Kulturschock, fühlte mich völlig fehl am Platz und sehr einsam und verlassen.“ Daniel schüttelt den Kopf. „So etwas möchte ich Simone einfach nicht antun.“
Melora dachte eine Weile nach, bevor sie auf dieses schwierige Thema weiter einging. Einerseits wollte sie sich nicht in Daniels persönliche Angelegenheiten mischen, andererseits hatte sie das Gefühl, dass er ihre Meinung dazu hören wollte. „Du hast doch noch genügend Zeit, um über alles gründlich nachzudenken“, antwortete sie schließlich. „Und du wirst die richtige Entscheidung treffen und das tun, was gut und richtig für euch beide ist, da bin ich mir ganz sicher.“
Da schwieg Daniel, und Melora schloss die Augen. „Danke, Mel, es war schön, mit dir zu sprechen“, sagte er nach einer Weile.
„Gern geschehen“, murmelte sie, bevor sie wieder einschlief.
Daniel lag jedoch noch lange wach und dachte über Melora nach. Es tat wirklich gut, mit ihr zu sprechen, denn sie schien alles zu verstehen, was ihn bewegte, obwohl sie ihn kaum kannte. Offenbar glaubte sie an ihn und war sicher, dass er die richtige Entscheidung treffen würde. Und das fühlte sich unglaublich gut an.
Bereits um sieben Uhr am nächsten Morgen war das gesamt Team bereit. Melora war überrascht, wie viele Patienten sich schon zu dieser frühen Stunde vor der Klinik eingefunden hatten und geduldig Schlange standen.
Melora hatte die anderen Teammitglieder zwar schon am Abend zuvor bei der Willkommensfeier kennengelernt, doch nun stellte Daniel ihr alle richtig vor, und zwar mit ihren entsprechenden Funktionen. Da waren Keith, der Orthopäde aus Neuseeland, Richard, Gynäkologe und Geburtshelfer aus England, Sue, Notfallärztin aus Perth in Australien, der
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