Aerzte zum verlieben Band 48
woanders gebraucht?“, fragte Alice.
„Die Schwestern wissen, wo sie mich finden“, erwiderte er.
Während die Sonne immer heißer vom Himmel brannte, arbeiteten sie Seite an Seite. Als einmal der Lehmnachschub nicht klappte, stand Alice auf und kehrte bald darauf mit einem Bündel Äste und Zweige fürs Dach auf der Schulter zurück. Dante musste lächeln. Ihr Haar war zerzaust, die Nase zierte ein Schmutzfleck, aber noch nie war Alice ihm schöner erschienen. Er hatte sie wirklich unterschätzt. Sie war keine verwöhnte Prinzessin.
Schwungvoll warf sie das Holz zu Boden und atmete tief durch. „Ich werde mich nie wieder über die Übungen im Fitnessstudio beklagen“, murmelte sie, lächelte ihn aber dabei an.
Sein Herz setzte einen Schlag aus, und er hätte in ihren strahlend grünen Augen versinken können. Sie blitzten vor Lebensfreude.
Da kam eine Schwester, um ihn zu holen, und den Rest des Nachmittags war er mit seinen Patienten beschäftigt. Als er dann zur Baustelle zurückkehrte, um noch ein paar Stunden mitzuhelfen, sah er beunruhigt, dass Alice immer noch dort war. Sie stand oben auf der Mauerkrone des alten Gebäudes und half Matak und anderen Männern dabei, das Dach zu flicken.
Sie musste sofort von da oben herunter. Erschöpft und müde, wie sie war, konnte sie jederzeit ausrutschen oder das Gleichgewicht verlieren und vom Dach stürzen. Nicht auszudenken, wenn sie sich ein Bein brach – oder etwas noch Schlimmeres passierte.
Er kletterte hinauf und balancierte auf dem schmalen Mauerstreifen entlang zu ihr. „Willst du nicht langsam Schluss machen, Alice?“, sagte er ruhig.
Ihr Lächeln ließ sein Herz schneller schlagen. „Sieh mal, wie weit wir schon sind! Bis die Ziegel trocken sind, müssen wir einen oder zwei Tage warten, also dachten wir uns, wir fangen schon einmal mit dem Dach hier an. Alle wollen helfen.“ Sie lachte auf, und in ihrem blassen Gesicht leuchteten ihre Augen wie zwei Sterne. „Ich glaube, Matak hat heimlich ein paar von meinen krummen und schiefen Ziegeln wieder eingesumpft, aber er sagt, ich werde immer besser.“
Wie sie so dastand, die Hände in die Seiten gestemmt, sah sie so sexy aus, dass Dante sie bis zur Besinnungslosigkeit geküsst hätte, wären sie nicht ein paar Meter über dem Boden gewesen.
„Alice, als Lagerarzt bestehe ich darauf, dass du jetzt aufhörst“, sagte er schärfer als beabsichtigt.
Dass er den falschen Ton angeschlagen hatte, sah er an ihren trotzig zusammengepressten Lippen. Dante griff zu einem Trick. „Die Schwestern sagen, Bruno kommt einfach nicht zur Ruhe. Sie glauben, dass du ihm fehlst.“
Das wirkte. „Bruno? Er weint doch nicht, oder?“ Mit besorgter Miene wischte sie sich die Hände an der lehmverschmierten Hose ab. „Ich gehe sofort zu ihm.“
Dante musste sich schwer beherrschen, ruhig zu bleiben, als sie auf der Mauerkrone vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Dio, wenn ihr irgendetwas zustoßen sollte …
Er dachte den Gedanken nicht zu Ende, weil ein anderer ihn abrupt unterbrach: Ich liebe sie. Ja, ich liebe sie.
Aber diese Erkenntnis machte ihn nicht glücklich. Auch wenn sie allen gezeigt hatte, dass sie mit jeder Herausforderung im Lager fertig wurde, so gab es doch keine gemeinsame Zukunft für sie. Alice war ein Leben gewohnt, dass er ihr niemals bieten konnte.
Ein Leben, das sie schon bald wieder aufnehmen würde.
Bruno nahm zwar nicht wie erhofft an Gewicht zu, wirkte aber fröhlicher und lächelte öfter. Betrat Alice das Zelt, suchte er sofort ihren Blick und hob flehend die Ärmchen.
Wann immer sie eine freie Minute hatte, holte sie ihn aus seinem Bett und spielte mit ihm. Der Kleine wuchs ihr mit jedem Tag mehr ans Herz, und sie fürchtete den Moment, wenn sie sich von ihm verabschieden musste, weil ihre Zeit im Lager um war.
Die Schule war inzwischen fertig. Eine Woche hatten sie für den Bau gebraucht, und nun unterrichtete Alice Kinder im Alter zwischen vier und fünfzehn. Sie brachte ihnen Englisch und die Grundrechenarten bei.
Die Kinder waren unglaublich wissbegierig, saugten förmlich alles auf, was sie ihnen beibrachte, und quengelte einmal eines der kleineren, nahm ein größeres es auf den Arm, und schon ging der Unterricht ungestört weiter.
Alice hatte etwas gefunden, das ihrem Leben einen Sinn gab, und noch nie war sie so zufrieden gewesen. Am liebsten wäre sie hiergeblieben.
Und warum auch nicht? Ihr Vater hatte ihr geschrieben, dass er wieder heiraten würde.
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