Aerzte zum verlieben Band 48
Granville House bekam eine neue Herrin, und damit war Alice nicht mehr verpflichtet, ihrem Vater den Haushalt zu führen. Vielleicht konnte sie ihren Aufenthalt hier verlängern oder woanders helfen. Ein aufregender Gedanke! Sie beschloss, bald mit Linda darüber zu reden.
Aber Dantes Zeit im Lager war in zwei Wochen unwiderruflich beendet, er würde nach Italien zurückkehren, und dann sah sie ihn nie wieder. Der Gedanke zerriss ihr fast das Herz.
Seit die Schule fertig war, ging Dante Alice aus dem Weg. Nur manchmal ertappte sie ihn dabei, wie er sie beobachtete.
Heute Morgen war eins der Kinder, ein kleines Mädchen, ungewöhnlich still. Wenige Stunden nach Beginn des Unterrichts saß es apathisch da.
Beunruhigt legte Alice ihm die Hand auf die Stirn, aber Fieber schien es nicht zu haben. Sie betrachtete es genauer. Das Kind hatte gerötete Augen, die aber auch vom Sandstaub kommen konnten. Doch dann entdeckte Alice winzige rote Pünktchen auf der Haut.
Sie bat eine der Mütter, auf die Kinder aufzupassen, nahm das Mädchen auf den Arm und lief zum Kinderkrankenzelt.
Dante blickte auf, als sie hereinstürzte. Ihr Gesicht musste ihm verraten haben, dass es um etwas Ernstes ging, denn er kam sofort zu ihr.
„Was ist passiert?“, fragte er. Ein schneller Blick, und er sah, was Alice gesehen hatte. Er nahm ihr das Mädchen ab und trug es zur Untersuchungsliege.
Während Dante das Mädchen untersuchte, meinte Alice: „Sie hat die Masern, nicht wahr?“ Wann immer sie Zeit gehabt hatte, hatte sie sich im Essenszelt hingesetzt und medizinische Handbücher durchgelesen. Sie erinnerte sich, diesen Ausschlag schon einmal gesehen zu haben.
Dante nickte. „Woher weißt du das?“
Sie erzählte es ihm. „Ist sie sehr krank?“ Aus den Büchern wusste sie, dass eine Masernerkrankung zwar meistens harmlos verlief, manchmal aber schwerwiegende Folgen wie Taubheit, Unfruchtbarkeit oder sogar den Tod haben konnte. Und das bei gesunden, wohlgenährten Kindern.
„Das kann ich noch nicht sagen. Aber gut, dass du sie sofort hergebracht hast. Da wir sie gleich von Anfang an behandeln können, besteht kein Grund, sich große Sorgen zu machen.“ Er drückte ihr die Schultern. „Gut gemacht, Alice. Vielleicht hast du ihr das Leben gerettet.“
Aber das kleine Mädchen war erst der Anfang. Nach und nach erkrankte ein Kind nach dem anderen.
Die Krankheit wäre nicht so schlimm verlaufen, wären die Kinder nicht so fürchterlich unterernährt gewesen. Immerhin konnte jetzt das alte Gebäude als provisorische Isolierstation benutzt werden. Innerhalb weniger Tage lagen dort zehn kranke Kinder, und niemand mochte voraussagen, wie viele sich noch angesteckt hatten.
Natürlich wurden die Schulstunden ausgesetzt. Alice wusch die fiebrigen kleinen Patienten mit einem feuchten Tuch ab und versuchte, ihnen, wann es ging, Flüssigkeit einzuflößen. Linda und die anderen Schwestern gerieten an ihre Grenzen, weil alle anderen Patienten versorgt werden mussten und noch weitere Aufgaben zu erledigen waren. Auch Dante hatte vor Erschöpfung dunkle Schatten unter den Augen.
Als sie wieder einmal an Samahs Bett standen, konnte Alice ihre Bestürzung nicht verbergen. Grau im Gesicht, mit eingefallenen Wangen und leerem Blick lag Hassans kleine Schwester da. Das bisschen Kraft, das sie in den letzten Wochen gesammelt hatte, verließ sie schlagartig mit dieser Maserninfektion.
Dante wandte sich Alice zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Wir können nicht jedes Kind retten, Alice, das darfst du nicht vergessen …“
Sie nickte stumm, und Dante ging zum nächsten Patienten.
„Ich sorge dafür, dass es dir besser geht, Kleines“, flüsterte Alice, auch wenn das Kind sie nicht verstehen konnte. Aber vielleicht tröstete es allein ihre Stimme.
Die nächsten achtundvierzig Stunden war Alice vollauf beschäftigt. Nur für einige wenige Stunden verließ sie die kleine Krankenstation, um etwas zu schlafen. Dante erging es nicht anders. Manchmal fragte sie sich, ob er überhaupt schlief. Während sie die kleinen Patienten wusch und ihnen Wasser einflößte, ging er von Bett zu Bett, überprüfte die Infusionen und horchte den Kindern die Brust ab. Wenn es einem von ihnen besser ging, wurde es ins Kinderkrankenzelt verlegt, um anderen Kranken Platz zu machen.
In einer kurzen Pause ging Alice ins Essenszelt, um für sich und Dante starken Kaffee und etwas zu essen zu besorgen. Als sie zurückkehrte, hockte er über
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